Oberseethal
(Kt. Glarus). Linksseitiges Nebenthal des Linththals. Beginnt am Längeneggpass (1850 m), zieht sich in Form eines schwach nach N. gekrümmten Bogens 9,5 km weit nach NO. und mündet w. vom Dorf Näfels auf das Linththal aus. Es wird begrenzt: im S. von der Wiggiskette, deren wichtigste Gipfel die Scheie (2261 m), der Gumenstock (2257 m), der Wiggis (2284 m) und der Rautispitz (2284 m) sind, im NW. von den Ketten des Rädertenstockes und des Fridlispitz mit den Gipfelpunkten Lachenstock (2028 m), Zindlenspitz (2098 m), Rossälplispitz (2076 m), Brünnelistock (2150 m), Bärensoolspitz (1825 m) und Fridlispitz (1628 m). Die beiden Thalseiten haben ein wesentlich verschiedenes Aussehen. Der durch keine Seitenthälchen gegliederte, gleichförmige Hang der Wiggiskette trägt in den höhern Abschnitten teils grüne Alpweiden, teils öde Karrenfelder und am Fuss dunkle Tannenwälder und besitzt eine mässige Neigung, da seine Kreideschichten ungefähr parallel zum Abhang gegen das Thal sinken. Auf der andern Seite dagegen erhebt sich die Rädertenkette in Form einer aus Schichtenköpfen gebildeten, steilen und düstern Neocommauer, deren Fuss von einer mächtigen Schutthalde verhüllt ist, über die sich die Weiden der Lachenalp ausdehnen. Oestl. vom Brünnelistock ändert sich der Charakter des Thales: während es im obern Teil ein enges Isoklinalthal war, wird es nun zu einem Synklinalthal, dessen Abhänge ziemlich weit auseinandertreten. Die Bergkette im N. wird bedeutend niedriger und ist von zwei Seitenthälchen unterbrochen, dem zwischen Brünnelistock und Bärensoolspitz ausmündenden, zirkusartigen Ahornenthälchen und dem Schwändithal oder Elmenrüfithal, das sich mit dem Oberseethal dicht vor seinem O.-Ende vereinigt. Der Thalgrund selbst ist auf 3,5 km Länge von den grösstenteils mit Wald bedeckten Trümmermassen zweier grosser Bergstürze erfüllt, die in vorhistorischer Zeit, jedoch nach der Glazialperiode, stattgefunden haben. Ihr älterer und grösserer löste sich vom N.-Hang des Rautispitz ab. Die etwa 150 Millionen m3 messende Felsmasse glitt auf einer 35° geneigten Schichtfläche ins Oberseethal hinunter und brandete 200 m hoch an dem flachen Bergrücken empor, der das Oberseethal vom Schwändithal scheidet. Ein Teil des Schuttstromes wurde beim Anprall nach W. abgelenkt und bildet jetzt die bewaldete Hügelmasse am N.-Ufer des Obersees; die Hauptmasse aber strömte durch das Oberseethal hinaus bis ins Linththal, wo die kleinen Trümmerhügel beim Dorf Näfels das Ende der Bergsturzablagerung bezeichnen. Durch die Aufstauung des Oberseethalbaches entstand hinter dem Trümmerfeld der Obersee und die w. davon liegende Alluvialebene der Oberseealp. In späterer Zeit löste sich n. über dem O.-Ende des Thales, unterhalb der Bergwiesen von Platten, eine etwa 25 Millionen m3 mächtige Felsmasse los; sie staute den kleinen Haslensee auf und erzeugte die 300 m hohe Trümmerhalde, an deren Fuss sich das Dorf Näfels anschmiegt. Der Oberseethalbach und der Brändbach, der aus dem Schwändithal kommt, verschwinden in den beiden Bergsturzseen; als Abflüsse des Oberseethales müssen der Rautibach und der Tränkibach betrachtet werden, die aus der Trümmerhalde w. Näfels hervorquellen. Im ö. Teil des Oberseethals liegt eine Anzahl ständig bewohnter Bauernhöfe (Eschenberg, Rütiberg, Lochberg, Häkelberg, Bocken, Näflenberg), die mit den Höfen des Schwändithals den Schulkreis Näfelserberge bilden. Sommerwirtschaft am Obersee. Kleines Kurhaus im Eschenberg. Ein guter Weg führt von Näfels ins Ostende des Thals hinauf und ein fahrbares Strässchen durch das Thal bis auf die Oberseealp. Aus dem Oberseethal gelangt man über den Längeneggpass ins Klönthal und durch das Schwändithal über die Scheidegg ins Wäggithal. Es wird namentlich seines schönen Sees
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wegen sehr häufig besucht. Vergl. Oberholzer, J. Monographie einiger prähistorischen Bergstürze in den Glarneralpen. (Beiträge zur geolog. Karte der Schweiz. 39). Bern 1900.