Oberrechnu
ngskammer
(Oberster Rechnungshof,
Staatsrechnungshof, franz.
Cour des comptes), die zur
Kontrolle des gesamten
Staatshaushalts durch
Revision und Feststellung der Rechnungen über
Einnahme und
Ausgabe von Staatsgeldern,
über Ab- und Zugang von Staatseigentum und über die
Verwaltung der
Staatsschulden eingesetzte Staatsbehörde. Das
Institut
der Oberrechnu
ngskammer war schon dem absoluten
Staat bekannt, indem die erste Oberrechnu
ngskammer 1707 für das
Königreich
Sachsen
[* 2] ins
Leben
trat, ein
Beispiel, welchem 1717 die preußische
Monarchie folgte. Die preußische Oberrechnu
ngskammer in
Potsdam
[* 3] ist eine selbständige Behörde,
welche unmittelbar unter dem König steht. Ebenso ist in
Baden
[* 4]
(Gesetz vom die Oberrechnu
ngskammer nur dem
Landesherrn untergeordnet
und der Ministerialverwaltung gegenüber selbständig gestellt. Im
Königreich
Sachsen
(Verordnung vom
ist die dem Gesamtministerium untergeordnet. In andern
Staaten, wie z. B. in
Bayern,
[* 5] steht »der oberste
Rechnungshof« unter
dem
Staatsministerium der
Finanzen, und auch in
Württemberg
[* 6] ressortiert die Oberrechnu
ngskammer von dem
Finanzministerium.
Die preußische Oberrechnu
ngskammer setzt sich zusammen aus einem Chefpräsidenten, dem Vizepräsidenten
und den vortragenden
Räten nebst dem nötigen Büreaupersonal. Die Mitglieder der Oberrechnu
ngskammer sind rechtlich, namentlich in
Hinsicht auf ihre Absetzbarkeit und Versetzbarkeit, den Richterbeamten gleichgestellt. Die Oberrechnu
ngskammer hat
die verfassungsmäßige
Kontrolle der Staatsrechnungen durch den
Landtag zu unterstützen und vorzubereiten; sie hat die Rechnungen
über den Staatshaus
haltsetat zu prüfen und festzustellen.
Außerdem hat sie die allgemeine Rechnung über den
Staatshaushalt, bevor sie dem
Landtag vorgelegt wird, mit ihren Bemerkungen
zu versehen. Die Mitglieder der Oberrechnungskammer
dürfen nicht Mitglieder des
Landtags sein. Maßgebend für die Oberrechnungskammer
sind die
Induktion
[* 7] vom
das
Gesetz vom über die Einrichtung und die Befugnisse der Oberrechnungskammer
und
das
Regulativ über den Geschäftsgang bei der Oberrechnungskammer
vom Der Art. 72 der deutschen
Reichsverfassung schreibt ferner
in Übereinstimmung mit der norddeutschen Bundesverfassung vor, daß über die Verwendung aller
Einnahmen des
Reichs dem
Bundesrat
und dem
Reichstag durch den
Reichskanzler jährlich zur Entlastung Rechnung zu legen ist.
Ein
Gesetz vom übertrug demnächst die
Kontrolle des gesamten Bundeshaushalts der preußischen Oberrechnungskammer
unter der Benennung
»Rechnungshof des Norddeutschen
Bundes«, jetzt
Rechnungshof des Deutschen Reichs. Diesem
Rechnungshof ist auch die
Kontrolle des
Landeshaushalts von
Elsaß-Lothringen
[* 8]
übertragen, desgleichen die
Revision und Feststellung der Rechnungen
des
Reichsinvalidenfonds. Ebenso unterliegen die Rechnungen der
Reichsbank der
Revision durch den
Rechnungshof. Die gegenwärtig
für denselben geltende
Instruktion datiert vom
¶
mehr
In Österreich-Ungarn [* 10] besteht ein oberster Rechnungshof für die cisleithanische Staatskontrolle in Wien, [* 11] welche durch kaiserliche Verordnung vom ins Leben gerufen ward. Für die Länder der ungarischen Krone besteht ein besonderer königlicher Staatsrechnungshof in Budapest. [* 12] Endlich ist ein k. k. gemeinsamer oberster Rechnungshof für die Finanzverwaltung der gemeinsamen Ministerien in Wien eingesetzt. Letzterer ist unmittelbar dem Kaiser untergeordnet und von den Ministerien unabhängig. In England ist die Prüfung der Staatsrechnungen Sache der Schatz- und Rechnungskammer (Exchequer and audit office). In Frankreich besteht ein Rechnungshof (Cour des comptes) in Paris, [* 13] welcher nach Art eines obersten Gerichtshofs eingerichtet ist. Seine Mitglieder werden vom Präsidenten der Republik auf Lebenszeit ernannt. Dagegen werden in Belgien [* 14] (Gesetz vom die Mitglieder des Cour des comptes von der Kammer der Repräsentanten jeweilig auf sechs Jahre gewählt. In Italien [* 15] (Gesetze vom und erfolgt die Ernennung der Mitglieder des Rechnungshofs (Corte dei conti) durch den König, doch können dieselben nur mit Zustimmung der Kammern versetzt oder ihrer Funktionen enthoben werden.
Vgl. Meißner, Handbuch für die preuß. Verwaltungs-, Kassen- und Rechnungsbeamten (Berl. 1878-79, 2 Bde.);
Hertel, Die preußische Oberrechnungskammer
(das. 1884);
v. Czoernig, Darstellung der Einrichtungen über Budget, Staatsrechnung und Kontrolle in Österreich, [* 16] Preußen, [* 17] Sachsen, Bayern, Württemberg, Baden, Frankreich und Belgien (Wien 1866);
v. Hock, Finanzverwaltung Frankreichs (Stuttg. 1857);
v. Kaufmann, Die Finanzen Frankreichs (Leipz. 1882).