Oberengadin
(Kt. Graubünden, Bez. Maloja). Verwaltungs- und Gerichtskreis; umfasst den obern Abschnitt des SW.-NO. ziehenden und vom Inn durchflossenen Engadin. Im SW. grenzt er an den Kreis Bergell (Bez. Maloja), der über den Maloja noch etwa 3,5 km weit ins Innthal hinübergreift;
im SO. wird er durch das Berninamassiv vom Kreis Puschlav (Bez. Bernina) und dem italienischen Livignothal geschieden;
gegen NO. öffnet er sich zum Kreis Obtasna (Bez. Inn), während er im NW. durch die Albulagruppe von den Kreisen Davos (Bez. Ober Landquart), Bergün und Oberhalbstein (Bez. Albula) getrennt wird. Er zählt 11 Gemeinden: Bevers (Beyer), Celerina (Schlarigna), Madulein, Ponte-Campovasto (Camogasc), Pontresina, Samaden (Samedan), St. Moritz (San Murezzan oder San Morezzi), Scanfs (Schanf), Sils (Segl), Silvaplana und Zuoz.
Kreishauptort ist Samaden. Mit Ausnahme von Pontresina, das in einem vom Flatzbach durchflossenen rechtsseitigen Nebenthal liegt, befinden sich alle Ortschaften im Hauptthal und zwar ausser Sils und Campovasto sämtlich auf der linken Thalseite oder der Sonnenseite. Die Zahl der Einwohner ist in stetiger Zunahme begriffen. 1850: 2917, 1860: 3081, 1870: 3658, 1880: 3614, 1888: 4117, 1900: 5429 Ew. 3671 Reformierte, 1728 Katholiken, 12 Juden und 18 Andere;
2599 sprechen romanisch, 1350 deutsch, 1265 italienisch, 37 französisch und 178 eine andere Sprache.
Der bedeutende Fremdenverkehr bedingt eine starke Zunahme der deutsch sprechenden Bewohner und damit ein immer grösseres Zurückweichen der romanischen (ladinischen) Sprache. Wiesenbau, Alpwirtschaft und Viehzucht. Auf den zahlreichen Alpen des Oberengadin wird alljährlich eine grosse Menge von meist italienischem Vieh (Rindvieh und Schafe) gesömmert. Die ergibigste Einnahmequelle bildet die Fremden- und Hotelindustrie mit dem durch sie bedingten regen Geschäftsverkehr.
Den obern Abschnitt des Thales schmücken die durch den Inn miteinander verbundenen Seen von Sils, Silvaplana, Campfèr und St. Moritz. Das Thal ist mit Chur durch die Albulabahn verbunden, deren Linie Thusis-Celerina im Sommer 1903 und deren Endstück bis St. Moritz im Sommer 1904 dem Betrieb übergeben worden ist. Kunststrassen führen über den Julier- und Albulapass, eine andere kommt von Chiavenna durch das Bergell über den Maloja und setzt sich durch das ganze Engadin fort, und die Berninastrasse endlich führt durch das Puschlav nach Tirano im Veltlin. In Samaden der sehr gut eingerichtete Kreisspital, der zum grossen Teil aus freiwilligen Beiträgen errichtet worden ist. Vergl. die Art. Engadin, Fontana Merla, Maloja (Bezirk).