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Julia Equestris, die mit ausgedienten Reiterveteranen besiedelt wurde und die Strasse am Seeufer zu schützen bestimmt
war. (Dieser Ansicht widerspricht allerdings Theodor Mommsen, nach dem der
Ort erst 27 v. Chr. durch Augustus angelegt worden
sein soll). Diese Römersiedelung war der Sitz der Behörden der ganzen Kolonie zwischen der
Aubonne und
Genf
einerseits und dem
See und
Jura andererseits; sie hatte ihr Forum, ihre
Tempel und Säulenhallen, war mit Mauern umgeben und
befand sich an der gleichen Stelle, an der das heutige Nyon
steht.
Sie soll damals nach Maillefer zum mindesten 5000 Ew. gezählt haben. Ursprünglich keiner der römischen Provinzen
zugeteilt, kam dann diese Reiterkolonie zu Ende des 4. Jahrhunderts an die Provinz Sequanien mit ihrer Hauptstadt Vesontio
(Besançon). Das Christentum fand frühzeitig Eingang, und es scheint, dass nach der Einnahme von Besançon durch Attila
der dortige Erzbischof seinen Sitz nach Nyon
verlegte, das dann auch nach der Rückkehr von dessen Nachfolgern
nach Besançon Sitz eines
Bischofes verblieb, bis sich dieser infolge des Einfalles der Barbaren und der beständig kriegerischen
Zeiten nach Belley flüchten musste. (Vergl. die Mémoires pour servir à l'histoire de la Franche Comté. II, S. 169).
Von da an ist die Geschichte von Nyon
für die Dauer von mehreren Jahrhunderten dunkel. Es scheint, dass
der
Ort zu verschiedenen Malen zerstört und wieder aufgebaut worden ist und dass man die Reste von Bauten und Mauern nach
dem damals blühenden Genf
transportierte, um sie dort als Baumaterialien zu verwenden. Wenigstens lassen sich die in Genf
vorhandenen
zahlreichen Inschriften, die auf Nyon
Bezug haben, am besten durch diese Annahme erklären. Das Gebiet
der einstigen Colonia Equestris kam zu Beginn des 6. Jahrhunderts an das Burgunderreich, dann an die Merowinger und nachher
an die Karolinger, die es der grossen
Grafschaft Genf
zuteilten.
Zur Zeit des letzten Burgunderreiches wurde es zur eigenen
Grafschaft, dem sog. Comté des Équestres,
mit der Hauptstadt Nyon.
Diese muss aber für lange Zeit ein wenig bedeutender, blosser
Flecken geblieben sein und wird seit
der Römerzeit erst wieder in einer Urkunde von 1122 erwähnt, wo sie als zum Erzbistum Besançon gehörig aufgezählt und
Nividunum genannt wird, welchen Namen sie während des ganzen Mittelalters beibehielt. Bei welcher Gelegenheit
die Erzbischöfe von Besançon zu
Herren von Nyon
geworden sind, ist nicht bekannt. Da diese
Herrschaft zu entfernt lag, um
von Besançon aus direkt regiert werden zu können, gaben sie die Erzbischöfe zu Beginn des 12. Jahrhunderts dem
Haus
Cossonay-Prangins
zu
Lehen, dem sie bis zu Ende des 13. Jahrhunderts verblieb, um dann an die
Grafen von Savoyen zu kommen.
Graf Amé V. und sein Bruder Ludwig I.
Herr der Waadt,
nahmen 1293 Besitz von Nyon
und bestätigten dem
Ort seine überkommenen
Freiheiten
und Rechte, worauf ihm noch im selben Jahr Amé V. die gleichen Rechte verlieh, wie sie
Moudon besass.
So wurde Nyon
zu einer der 4 «bonnes villes» des
Pays de
Vaud. Nachdem Amé V. dann seinem Bruder Ludwig alle von ihnen gemeinsam
eroberten Ländereien des
Hauses
Prangins abgetreten, errichtete der neue
Herr in Nyon
eine Münzstätte und gründete
in der Unterstadt ein Minoriterkloster des Ordens vom h. Franziskus. Zu dieser Zeit war blos die am rechten Ufer der
Asse
stehende obere Stadt mit einem Mauerring umgeben, während das
Quartier der
Rive eine von der Strasse
Lausanne-Genf durchzogene
offene
Vorstadt bildete.
Als die Genf
zu Hilfe eilende
Berner Armee 1536 sich der Stadt Nyon
näherte, steckte die aus italienischen
Söldnern bestehende Garnison das Franziskanerkloster in
Brand und
brachte sich dann selbst in Sicherheit. Nach der Eroberung
der Waadt
durch Bern
ward Nyon
Hauptort einer bedeutenden Landvogtei und behielt einen guten Teil seiner Rechte und
Freiheiten bei, so
dass Handel und Verkehr blühten und die Bevölkerung an Zahl stetig zunahm. Ums Jahr 1574 erbaute dann
die Regierung an Stelle der alten savoyischen Burg ein neues - das jetzige -
Schloss, das durch nachträgliche Umbauten einigermassen
verunstaltet worden ist.
Als der Einmarsch der französischen Truppen bevorstand, erlangte Nyon im Januar 1798 von Bern die Erlaubnis zur Rückberufung seiner im Pays de Gex an der äussersten W.-Grenze stehenden drei Kompagnien, wofür es den Bernern seinen Beistand gegen die Franzosen versprach. Bald aber griffen höhere Mächte ein: Landvogt von Rodt verliess Nyon, überall tauchte die grüne Kokarde auf, und General Gaudin aus Nyon erhielt den Befehl über eine grössere Truppenmacht. Seit der Selbständigkeit der Waadt hat sich Nyon bedeutend weiter entwickelt, wie die von uns schon mitgeteilten Bevölkerungsziffern zeigen. Heute greift die Stadt immer mehr gegen N. auf das jenseits der Bahnlinie gelegene Plateau über. Der Kreis Nyon umfasst die Gemeinden Nyon und Prangins und zählt 5636 Ew.
Von aus Nyon stammenden bedeutenden Männern sind zu nennen: der General in holländischen Diensten David Louis d'Aubonne (1711-1786), der Chirurg François David Cabanis (1727-1794), der Theologieprofessor in Montauban Benjamin Sigismond Frossard (1754-1830), sein als General in österreichischen Diensten stehender Bruder Marc Étienne Gabriel Frossard (1757-1815) und dessen Sohn Charles de Frossard (1805-1862), ebenfalls österreichischer General; der Botaniker Jacques Gay (1786-1864), der holländische Offizier und nachherige Waadtländer Staatsmann André Urbain de la Fléchère (1758-1825), der Chirurg Étienne Bénédict Puthod († 1699), der Theolog und Dichter Étienne Salomon Reybaz (1737-1804), der Offizier in sardinischen Diensten Jean Georges Bénédict Rochemondet (1728-1791);
Reverdil (1732-1808), der zuerst Erzieher des nachmaligen Königs Christian VII. von Dänemark war und nachher als dänischer Staatsrat vieles zur Aufhebung der Leibeigenschaft beitrug;
César Soulier (1765-1830), Bürgermeister von Nyon und eines der rührigsten Mitglieder der Waadtländer Regierung;
Pfarrer Jean Gaudin (1766-1833), Verfasser der Flore helvétique;
der Theologe Jean Guillaume de la Fléchère (1729-1785) und der Komponist Niedermeyer (1802-1861), dessen Denkmal am Quai von Nyon steht. In Nyon ist ferner der Schriftsteller Eduard Rod geboren, der die kleine Stadt in seinen Roches Blanches und andern Romanen geschildert hat, hat der Historiker Louis Vulliemin lange Zeit gelebt und liegt der Dichter Juste Olivier begraben.
Bibliographie.
Gingins-La Sarraz, F. de. Histoire de la Cité et du Canton des Équestres (in den Mémoires et Documents publ. p. la Soc. d'histoire de la Suisse Romande. 20, 1865); Maillefer, P. Histoire du Canton de Vaud. Lausanne 1903; Testuz, Aug. Nyon und seine Umgebungen. (Europ. Wanderbilder. 12). Zürich 1880; Nyon à travers les siècles; guide. Genève 1901. Ueber die Geschichte der Porzellanfabrik zu Nyon erteilt vollständige Auskunft: Molin, A. de. Histoire documentaire de la Manufacture de porcelaine de Nyon. Lausanne 1904.
[Aug. Reymond].