Nullität
(lat.), s. Nichtigkeit.
Nullität
8 Wörter, 76 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Nullität
(lat.), s. Nichtigkeit.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Nullität
(neulat.), Nichtigkeit (s. d.). ^[= (Nullität), in der Rechtssprache die totale Ungültigkeit einer Rechtshandlung, so daß dieselbe ...]
(Nullität), in der Rechtssprache die totale Ungültigkeit einer Rechtshandlung, so daß dieselbe juristisch als nicht geschehen anzusehen ist. So sind z. B. Veräußerungen von Grundstücken eines Minderjährigen durch dessen Vormund nichtig, wenn dieser nicht durch ein Dekret der Obervormundschaft dazu ermächtigt ist. In manchen Fällen können jedoch nichtige Rechtsgeschäfte nachmals doch noch rechtsgültig werden, indem das ihrer Gültigkeit entgegenstehende rechtliche Hindernis beseitigt wird; so z. B. wenn in dem letztern Fall der Minderjährige volljährig wird und nun jenes Geschäft genehmigt (sogen. Konvaleszenz eines ungültigen Rechtsgeschäfts).
Auch ist zu beachten, daß ein Rechtsgeschäft sehr wohl teilweise nichtig und teilweise gültig sein kann. Denn die Nichtigkeit wirkt nur, soweit sie reicht, und dadurch, daß ein Teil des Geschäfts nichtig ist, wird keineswegs das ganze nichtig (»utile per inutile non vitiatur«). So ist z. B. gemeinrechtlich eine Schenkung über 500 Dukaten ungültig, wenn sie nicht gerichtlich geschieht. Schenkt also jemand einem andern 600 Dukaten ohne gerichtliche Insinuation, so ist diese Schenkung bis zum Betrag von 500 Dukaten gültig und nur in Ansehung des Plus nichtig.
Die Klage auf Nichtigkeitserklärung eines Rechtsgeschäfts, einer Ehe etc. heißt Nichtigkeitsklage (querela null
itatis). Verschieden
von den Fällen der eigentlichen (absoluten) Nichtigkeit sind diejenigen der sog. Anfechtbarkeit
(relativen Nichtigkeit) eines Rechtsgeschäfts. Hier ist nämlich das Geschäft an und für sich vollkommen gültig;
doch kann ein Kontrahent aus gewissen Gründen verlangen, daß es durch Richterspruch für ungültig erklärt (»rescindiert«)
werde.
Ist z. B. jemand durch Betrug zum Abschluß eines Vertrags bestimmt worden, so kann der Betrogene diesen Vertrag anfechten und
auf Rescission desselben klagen (s. Anfechtung). Auch auf das Gebiet des Prozesses ist das Institut der
Nichtigkeitsklage (Nullität
squerel, Nichtigkeitsbeschwerde) übertragen worden. Doch hat man dieses Rechtsmittel, wenigstens
in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, in neuerer Zeit wesentlich eingeschränkt. Die deutsche Zivilprozeßordnung insbesondere
(§ 542) gestattet eine Nichtigkeitsklage gegen ein richterliches Urteil nur dann, wenn ein unfähiger
oder mit Erfolg abgelehnter Richter mit entschieden hat, wenn das Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt oder wenn eine Partei
in dem Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, sofern sie nicht die Prozeßführung ausdrücklich oder
stillschweigend genehmigt hat.
Zweck der Nichtigkeitsklage ist die Wiederaufnahme des Verfahrens (s. d.). Außerdem ist wegen Verletzung eines Gesetzes das Rechtsmittel der Revision (s. d.) gegeben. Im Strafprozeß ist das Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde dann statthaft, wenn es sich um die Verletzung von Formvorschriften handelt, welche bei Strafe der Nichtigkeit beobachtet werden müssen, oder wenn das Urteil in materieller Beziehung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht. Diese Nichtigkeitsbeschwerde geht regelmäßig an die höchste Instanz (Kassationshof), welche darüber zu entscheiden hat, ob das Urteil zu »kassieren« und das Verfahren zu wiederholen sei oder nicht. Die deutsche Strafprozeßordnung (§ 374 ff.) hat auch hier die Bezeichnung Revision (s. d.) adoptiert.
Vgl. Skedl, Die Nichtigkeitsbeschwerde in ihrer geschichtlichen Entwickelung (Leipz. 1886).