(Stuprum violentum), im Gemeinen
Recht Bezeichnung der gewaltsamen Befriedigung des
Geschlechtstriebes an einer
unbescholtenen Frau oder
Jungfrau. Die Halsgerichtsordnung
Karls Ⅴ. von 1532 (Art. 119) setzte auf Vollendung
dieses schweren
Verbrechens wider die
Freiheit den
Tod durchs Schwert. Das
Reichsstrafgesetzbuch §. 177 droht Zuchthaus bis
zu 15 Jahren an, wenn jemand durch Gewalt oder durch
Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine Frauensperson
zur Duldung des außerehelichen Beischlafs nötigt oder sie mißbraucht, nachdem er sie in einen willenlosen
oder bewußtlosen Zustand versetzt hat; bei mildernden Umständen Gefängnis nicht unter einem Jahr, bei erfolgtem
Tod der
Verletzten Zuchthaus nicht unter 10 Jahren oder lebenslänglich. Der Notzucht kommen nahe die Schwächung der
Personen in bewußtlosem
Zustande
(Stuprum nec violentum nec voluntarium: Strafgesetzbuch §. 176²) und die
Unzucht mit
Kindern.
(S.
Unzucht.)
(Sittlichkeitsverbrechen, Unzuchtsdelikte, Fleischesverbrechen, Delicta carnis),
strafbare Handlungen, welche in einer gesetzwidrigen Befriedigung des Geschlechtstriebs bestehen. Das ältere Recht betrachtete
den außerehelichen Geschlechtsverkehr überhaupt als strafbar, wenigstens insofern er mit einer sonst ehrbaren Frauensperson
gepflogen wurde, daher denn auch die freiwillige, außereheliche Schwächung (stuprum voluntarium) nach dem römischen Recht
nicht nur an der Geschwächten, sondern auch an dem Stuprator gestraft und im Mittelalter, nachdem die
Geistlichkeit dies Delikt vor ihr Forum
[* 3] gezogen hatte, an der gefallenen Frauensperson durch die Strafe der öffentlichen Kirchenbuße
geahndet wurde.
Das moderne Strafrecht erachtet den außerehelichen Geschlechtsverkehr an und für sich nicht mehr als strafbar. Das deutsche
Reichsstrafgesetzbuch insbesondere bestraft Weibspersonen, die gewerbsmäßig Unzucht treiben, nur
dann mit Strafe (Haft bis zu sechs Wochen), wenn sie unter polizeiliche Aufsicht gestellt sind und den in dieser Hinsicht zur
Sicherung der Gesundheit, der öffentlichen Ordnung und des öffentlichen Anstandes erlassenen polizeilichen Vorschriften zuwiderhandeln,
oder wenn sie gewerbsmäßige Unzucht treiben, ohne einer solchen Aufsicht unterstellt zu sein.
Dagegen werden im deutschen Strafgesetzbuch folgende unsittliche Handlungen als Unzuchtsverbrechen behandelt und bestraft: Blutschande, d. h.
der Beischlaf zwischen Verwandten auf- und absteigender Linie, zwischen Geschwistern und zwischen Verschwägerten auf- und absteigender
Linie (s. Inzest);
Schändung (stuprum non voluntarium
nec violentum), d. h. der außereheliche Beischlaf mit einer geisteskranken oder einer in willen- oder
bewußtlosem Zustand befindlichen Frauensperson, wobei es als Notzucht bestraft wird, wenn der Thäter die Frauensperson absichtlich
in diesen Zustand versetzt hat.
Ferner gehören hierher; unzüchtige Handlungen, welche Vormünder mit ihren Pflegebefohlenen,
Eltern mit ihren Kindern, Geistliche, Lehrer und Erzieher mit ihren minderjährigen Schülern oder Zöglingen, Beamte mit Personen,
gegen die sie eine Untersuchung zu führen haben, oder welche ihrer Obhut anvertraut sind, Beamte, Ärzte
und andre Medizinalpersonen, welche in Gefängnissen oder in öffentlichen, zur Pflege von Kranken, Armen oder andern Hilflosen
bestimmten Anstalten beschäftigt oder angestellt sind, mit den hier aufgenommenen Personen vornehmen; unzüchtige Handlungen,
welche mit Gewalt an einer Frauensperson vorgenommen werden, oder zu deren Duldung dieselbe durch Drohung
mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben genötigt wird; endlich unzüchtige Handlungen mit Personen unter 14 Jahren. In
allen diesen Fällen tritt die strafrechtliche Verfolgung von Amts wegen ein. Dagegen wird die Verleitung einer Frauensperson
zur Gestattung des Beischlafs durch Vorspiegelung einer Trauung oder durch Erregung oder Benutzung eines
andern Irrtums, in welchem sie denBeischlaf für einen ehelichen hielt, nur auf Antrag bestraft. Außerdem gehören zu den Unzuchtsverbrechen des
Reichsstrafgesetzbuchs: die widernatürliche Unzucht, welche entweder zwischen Personen männlichen Geschlechts¶
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(Päderastie), oder von Menschen mit Tieren (Sodomie) begangen wird; die Mädchenschändung, d. h. die Verführung eines unbescholtenen
Mädchens, welches das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, zum Beischlaf (Antragsdelikt); die Verletzung der Schamhaftigkeit
durch unzüchtige Handlungen, durch welche ein öffentliches Ärgernis gegeben wird, oder durch unzüchtige Schriften, Abbildungen
oder Darstellungen, welche verkauft, verteilt oder sonst verbreitet oder anOrten, welche dem Publikum zugänglich
sind, ausgestellt oder angeschlagen werden. Auch die Kuppelei (s. d.) wird von dem deutschen Strafgesetzbuch unter den Unzuchtsverbrechen mit
aufgeführt, ebenso die Doppelehe oder Bigamie (s. d.) und der Ehebruch (s. d.).