Notstand.
Nach §. 54 des
Reichsstrafgesetzbuchs ist eine strafbare Handlung nicht vorhanden, wenn die Handlung außer
dem Falle der
Notwehr (s. d.) in einem unverschuldeten, auf andere
Weise nicht zu beseitigenden Notstand
zur Rettung aus einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben (nicht
auch
Freiheit oder Vermögen) des
Thäters oder eines
Angehörigen begangen worden ist. – Das Österr. Strafgesetzbuch (§.
2 g) rechnet diejenige Handlung oder Unterlassung nicht als
Verbrechen zu, welche durch unwiderstehlichen Zwang
erfolgte.
Ebenso begründet die zur Abwehr einer durch Tiere oder leblose Gegenstände drohenden Gefahr erforderliche Beschädigung oder Zerstörung fremder Sachen keine privatrechtliche Entschädigungspflicht. Das Bürgerl. Gesetzbuch für das Deutsche Reich [* 3] §. 228 bestimmt: Derjenige handelt nicht widerrechtlich, welcher eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, um eine durch sie drohende Gefahr von sich oder einem andern abzuwenden, wenn die Beschädigung oder Zerstörung zur Abwendung der Gefahr erforderlich ist und der Schaden nicht außer Verhältnis zu der Gefahr steht. Hat der Handelnde die Gefahr verschuldet, so ist er zum Schadenersatz verpflichtet.
Vgl. Auch Sächs. Bürgerl.
Gesetzb. §§. 182‒183 und Preuß. Allg. Landr. Ⅰ, 9, §. 155 –
Vgl. Janka, Der strafrechtliche Notstand
(Erlangen
[* 4] 1878);
Stammler,
Darstellung
der strafrechtlichen Bedeutung des Notstand
(ebd. 1878);
von Tuhr, Der Notstand
im Civilrecht (Heidelb. 1888).