Norwegisches
Heerwesen. Bis 1814 hatte Norwegen [* 2] ein mit Dänemark [* 3] gemeinsames Heer, erhielt jedoch 1817 eine von der schwedischen ganz verschiedene Wehrverfassung. Durch Gesetz vom ist zwar die allgemeine Wehrpflicht eingeführt worden, doch blieben die meisten öffentlichen Beamten vom Dienst befreit, auch war für den Dienst im stehenden Heer und in der Reserve ein Stellvertreter zulässig. Das Gesetz vom schaffte die Stellvertretung ab, doch erst 1885 wurde die allgemeine Wehrpflicht durchgeführt und 1887 ein Reorganisationsplan aufgestellt. Die Dienstpflicht beginnt mit dem 23. Jahre, dauert 5 Jahre in der aktiven Armee, je 4 Jahre in der Landwehr und im Landsturm. Linie, Landwehr und Landsturm sind in allen Waffengattungen gleichmäßig zusammengestellt, doch so, daß die Landwehr mehr wehrpflichtige Offiziere und Unteroffiziere erhält als die Linie, während für den Landsturm kein fest angestelltes Vorgesetztenpersonal in Aussicht genommen ist.
Die wirkliche Übungszeit beschränkt sich im ersten Dienstjahr bei der aktiven Armee je nach der Waffengattung auf eine Unterrichtsperiode von 42, 50 oder 70 Tagen, für das zweite und dritte Jahr auf 24 Tage. In der Landwehr hat die jüngste Altersklasse jährlich eine 12tägige Übung. Der Landsturm darf nicht außerhalb der Landesgrenzen verwendet werden; ihm werden im Kriegsfall in dringender Lage Männer von 18 bis 20 Jahren, sofern sie nicht schon anderweitig in der Armee dienen, eingereiht.
Die Infanterie wird in 5 Brigaden, jede zu 4 Korps, bestehend aus je 1 Linien-, 1 Landwehr- und 1 Landsturmbataillon, eingeteilt, zusammen 20 Bataillone in jedem Aufgebot, außerdem 2 Compagnien (168 Mann) Garde des Königs (geworbene Truppen). Jedes Bataillon hat 4 Compagnien, die in einer Stärke [* 4] von etwa 200 Mann zeitweise zusammengezogen werden. Die Kavallerie ist in 3 Korps eingeteilt, 2 zu 3, 1 zu 2 Eskadrons von jedem der drei Aufgebote, zusammen 8 Eskadrons und 1 Ordonnanzabteilung in jedem Aufgebot, dazu 1 geworbene Eskadron.
Jede Eskadron ist während der Einziehung 117 Mann stark. An Feldartillerie sind vorhanden 3 Korps aus je 1 Linien-, 1 Landwehr- und 1 Landsturmbataillon zu je 3 Batterien à 6 Geschütze [* 5] und 1 Parkcompagnie, zusammen 9 Batterien und 3 Parkcompagnien in jedem Aufgebot. Die Festungs- und Gebirgsartillerie umfaßt 1 Korps in jedem Aufgebot, aus 1 Bataillon zu 2 Festungsartilleriecompagnien und 2 Gebirgsbatterien zu je 6 Geschützen bestehend, und außerdem ein Detachement anf der Festung [* 6] Vardöhuus im nördlichsten Teil des Reichs. Genie: 1 Korps, in jedem Aufgebot aus 5 Compagnien (2 Sappeur-, 1 Pontonier-, 1 Telegraphen- und 1 Parkcompagnie) bestehend. Der Train wird in 3 Compagnien zusammengestellt, ohne Trennung nach Aufgeboten. Endlich giebt es noch 1 Sanitätskorps zu 3 Compagnien in jedem Aufgebot.
Die Stärke der Friedensformationen teilt sich in das Cadrepersonal und Wehrpflichtige;
ersteres zählt zusammen in allen Waffen [* 7] und Branchen: 629 Offiziere, 1807 Unteroffiziere, 1200 Spielleute und Mannschaften;
letztere werden von den Diensttauglichen jährlich durchschnittlich in der Zahl von 8000 in den aktiven Dienst eingestellt;
zeitweilig, gelegentlich der größern Übungen, erhöht sich diese Ziffer auf 12000.
Im Kriege treten die drei Aufgebote in gemischte Verbände über; es sollen ein Armeekorps und eine selbständige Brigade sowohl für die Linie als für die Landwehr gebildet werden. Jedes Armeekorps hat 2 Divisionen Infanterie (zu 2 Brigaden zu 4 Bataillonen zu 12 Compagnien), 2 Korps Kavallerie (mit je 3 Eskadrons), 1 Bataillon Feldartillerie (mit ¶
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3 fahrenden Batterien), 1 Bataillon Genie (mit 4 Compagnien) und 1 Korps Train, sowie Sanitätstruppen. Die selbständige Brigade soll 4 Bataillone = 16 Compagnien Infanterie, 1 Korps Kavallerie = 2 Eskadrons, 1 Bataillon Feldartillerie = 3 fahrende Batterien, 1 Compagnie Genie und je 1 Train- und Sanitätskorps erhalten. Die Festungs- und Gebirgsartillerie und die Ingenieurformationen werden ebenso wie die Gardecompagnien der Infanterie nach Bedürfnis zugeteilt. Eine Kriegsorganisation des Landsturms ist erst für 1896 in Aussicht genommen. Die Kriegsstärke wird von 1896 ab berechnet auf 25000 Mann Linientruppen, 24000 Mann Landwehr und 23000 Mann Landsturm.
Die Marine zählt 4 gepanzerte Monitors, 1 modernen Kreuzer IV. Klasse, 3 ältere Kreuzer, 31 meist alte Kanonenboote, 14 Torpedoboote III. Klasse, 1 Torpedobootzerstörer. Das ständige Personal der Flotte beträgt 98 Seeoffiziere und 258 Unteroffiziere und Matrosen, in welches im Kriegsfalle die seemännische Bevölkerung [* 9] des Landes aufgenommen werden soll. Im Bau sind 2 Küstenverteidigungspanzerschiffe (Brustwehrturmschiffe von 3400 t) und 3 Torpedoboote III. Klasse.
Bewaffnet ist das Heer mit einem Repetiergewehr, welches fortdauernd verbessert wird. Die ganze Wehrverfassung Norwegens ist ausschließlich auf die Verteidigung des Landes gerichtet, welche durch dessen geogr. Lage sehr erleichtert wird. Nur wenige, noch dazu recht unbedeutende Befestigungen genügen daher dem Bedürfnis. Zu nennen sind jetzt noch: Frederiksteen und Frederiksvoern auf beiden Seiten des Zuganges zum Fjord von Kristiania; [* 10]