Normandie
,
früher eine
Provinz
Frankreichs, die vom
Kanal
[* 2] im N. und W., Picardie, Isle de
France
im O.,
Orléanais, Maine und
Bretagne im S. begrenzt wurde und woraus die jetzigen fünf Depart. Seine-Inférieure,
Eure, Orne,
Calvados und Manche (s. diese
Artikel) gebildet sind, welche zusammen auf 29530 qkm (1891) 2486494 E. (31101 weniger
als 1886) haben. Die Normandie
hatte Rouen
[* 3] zur Hauptstadt. Die Obernormandie
, der ebnere, nordöstl.
Teil, enthält besonders Rouen, Dieppe,
[* 4]
Yvetot, Le
[* 5]
Havre,
[* 6]
Harfleur, Honfleur, Lisieux,
Elbeuf und Evreux; die Niedernormandie
,
der südwestl. hügelige
Teil,
Caen,
Falaise,
Argentan und östlich davon das
Kloster La
Trappe, ferner
Alençon, St. Lô,
Bayeux,
Valognes, Cherbourg,
[* 7] Coutances,
Avranches und Mont St.
Michel. - Die Normandie
hat ihren
Namen von den
Normannen
(s. d.); in der Römerzeit war sie ein
Teil von
Gallia Lugdunensis secunda, gehörte nach der Eroberung durch die
Franken zu
Neustrien und fiel bei der
Teilung des fränk.
Reichs an
Karl den
Kahlen.
Karl der Einfältige wollte sich vor den
Normannen schützen und gab 912 ihrem Führer Rolf oder
Rollo
(Roux),
der Robert getauft wurde, im Frieden von St. Clair-sur-Epte Rouen mit umliegender Landschaft als erbliches Kronlehn, welches
bald erweitert und
bis in die
Bretagne ausgedehnt wurde. Von Robert und
Gisela,
Karls Tochter, stammen die
Grafen der Normandie
, von
denen Richard I., Roberts Enkel, sich kräftig gegen die franz. Könige
Ludwig IV. d'Outremer und Lothar verteidigte.
Wilhelm II., der Sohn Roberts II. (des
Teufels), schlug den angelsächs. König
Harold bei Hastings und machte sich
zum König von England. (S. Wilhelm I. von England.) Sein ältester Sohn Robert zwang ihn 1077 zur
Abtretung
der Normandie
, diese wurde aber unter
Heinrich I., obwohl
Ludwig VI. von
Frankreich sich der
Ansprüche Wilhelms von Flandern, des
Sohnes
Roberts, annahm, 1105 wieder mit England vereint.
Rollos männlicher
Stamm starb mit
Heinrich I. aus. Der Sohn von dessen Tochter
Mathilde (s. d.),
Heinrich II.
Plantagenet, erhielt 1154 die Herrschaft über England und die Normandie.
Als aber sein jüngster
Sohn,
Johann ohne Land, nach dem
Tode seiner
Brüder, Richards I. und
Gottfrieds von
Bretagne, des letztern Sohn
Arthur (s. d.)
verdrängte und ermorden ließ, erhob der franz. König Philipp II.
August auf die Normandie
als ein franz.
Lehn
Anspruch und eroberte sie 1203 und 1204. Die Normandie
blieb nun französisch, bis sie
Heinrich V. von England 1417-19 (nach
dem
Siege
bei
Azincourt 1415) eroberte; aber schon unter
Heinrich VI. wurde sie von
Karl VII. endgültig für
Frankreich wiedergewonnen.
-
Vgl.
Barthélemy, Histoire de la Normandie
ancienne et moderne (neue Ausg.,
Tours
[* 8] 1857);
Frère, La Normandie
(Rouen 1870);
Baudrillart, La Normandie
, passé et présent (Par. 1880);
Douin, La Normandie
archéologique (ebd.
1886);
Le Héricher,
Littérature populaire de Normandie
(Avranches 1884);
Mad. Normandie
Oursel,
Nouvelle biographie normande (2 Bde. und
Supplement, Par. 1886-88);
Aubert, Côtes normandes (ebd. 1887).