Nordwestpr
ovinzen
(Northwestern Provinces),
Provinz des britisch-ind. Kaiserreichs, an der Nordgrenze desselben, zwischen
Tibet,
Nepal,
Audh,
Bengalen,
Zentralindien,
Radschputana und
Pandschab, 212,003 qkm (3850 QM.) groß mit (1881) 32,720,128
Einw., zum allergrößten Teil
Hindu; die Mohammedaner machen 13 Proz. aus, die 26,813
Europäer gehören fast sämtlich zum
Heer oder sind Regierungsbeamte. Seit 1877 mit
Audh (s. d.) vereinigt unter einem Verwaltungschef, haben die Nordwestpr
ovinzen ein
Gesamtareal von 247,797 qkm (4991 QM.) mit 44,107,869 Einw.
Dazu kommen noch die Tributärstaaten
Garwhal und
Rampur mit 31,278 qkm (241 QM.) und 741,750 Einw. Mit Ausnahme
der im
Himalaja (Nanda Dewi 7823 m) liegenden
Distrikte ist das Land eben und meist sehr fruchtbar; bei dem heißen und trocknen
Klima
[* 2] sind Mißernten und
Hungersnot aber nicht selten.
Hauptflüsse sind Ganges und Dschamna, deren heilige Quellen jährlich von vielen Tausenden von Pilgern aufgesucht werden, nächstdem Gamti, Gogra mit Rapti und Gamganga. Von diesen gehen zahlreiche Bewässerungskanäle aus. Das Klima der Ebenen ist ungesund; Fieber, Cholera und Pocken raffen viele Menschen weg. Gesundheitsstationen haben die Engländer zu Mussuri, Naina Tal und Landaur errichtet. Hauptprodukte des Ackerbaues sind: Weizen, dann Hirse, [* 3] Reis, Mais, Baumwolle, [* 4] Indigo, [* 5] Zuckerrohr, Mohn zur Opiumgewinnung (Monopol der Regierung), Ölsaaten, Thee in den Berglandschaften, Tabak. [* 6] Die Schnitzereien, Messing-, Silber-, Töpfer-, Lederwaren und Stickereien des Landes sind berühmt; die Europäer haben mehrere Großbetriebe eingeführt zur Fabrikation von Indigo, Baumwollstoffen, Wollzeug, Lack; nennenswert sind auch die Eisfabriken und Brauereien, und die Regierung besitzt zwei große ¶
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Werkstätten für Maschinen. Der Handel richtet sich einesteils nach Tibet und Nepal. Von Tibet kommen Borax, [* 8] Salz, [* 9] Wolle, dorthin gehen Baumwolle, Reis, Zucker; [* 10] von Nepal kommen Getreide, [* 11] Ölsaaten, Holz, [* 12] Harze, dorthin gehen Baumwollenstoffe, Metalle, Zucker, Salz. Hauptsitze des Handels sind: Khanpur, Allahabad, Mirzapur, Benares, Mirat, Mattrah, Agra, deren Gesamthandel auf weit über 30 Mill. Pfd. Sterl. geschätzt wird. Diesem Handel dient außer Flüssen und Kanälen ein vielverzweigtes Eisenbahnnetz, welches die Provinz von O. nach W. durchzieht und mit Radschputana, dem Pandschab, Bengalen und Bombay [* 13] verbindet.
Der Handel ist meist in den Händen der Banianen. Für Verwaltungszwecke ist die Provinz (ohne Audh) in 7 Divisionen und 37 Distrikte geteilt. Colleges bestehen in Agra, Allahabad, Benares u. a. O.; auch für den Elementarunterricht wird gesorgt, doch besuchen nur 7 Proz. der schulpflichtigen Knaben und 0,3 Proz. der Mädchen die Schule. Die Sprache [* 14] der Landbevölkerung ist Hindi, doch wird Hindostani überall gesprochen. In der ganzen Provinz (mit Audh) bestehen 267 Buchdruckpressen und 19 von Indern gebildete wissenschaftliche Gesellschaften. - Die Landschaften der Provinz wurden von den Engländern meist im Beginn des 19. Jahrh. von den Mogulkaisern erworben. Bis 1833 waren sie Teile der Präsidentschaft Bengalen, dann wurde die jetzige Provinz gebildet und Agra zum Sitz der Verwaltung erhoben; seit 1861 ist Allahabad Sitz des Governors.