Nordhausen
,
[* 1] Stadt
(Stadtkreis) im preuß. Regierungsbezirk
Erfurt,
[* 2] an der
Zorge,
Knotenpunkt der
Linien Nordhausen
-Erfurt,
Soest-Nordhausen
und
Halle-Münden der Preußischen Staatsbahn, 185 m ü. M., liegt teils in der
Ebene (Unterstadt), teils am Abhang eines
Bergs (Oberstadt), hat 6 evang.
Kirchen (darunter die Blasiuskirche
mit Gemälden von
Luk.
Cranach), einen kathol.
Dom, ein altertümliches
Rathaus mit einer Rolandsäule und einem schönen
Brunnen
[* 3] (von
Rietschel) auf dem Kornmarkt und (1885) 27,083 meist evang.
Einwohner, welche berühmte
Branntweinbrennerei (jährlich über 500,000
hl), Tabaksfabrikation (besonders Kautabak), mechanische
Weberei,
[* 4]
Zichorien-,
Zucker-,
Sprit-,
Tapeten-, Parkettfußboden-,
Malz-,
Marmor- und Alabasterwarenfabrikation,
Gerberei, Bierbrauerei,
[* 5] Ziegelbrennerei etc.,
Handel mit
Getreide,
[* 6]
Kolonialwaren und Landesprodukten, baumwollenen
Waren, leinenem
Garn etc. betreiben. Nordhausen
ist Sitz eines Landratsamts für den Landkreis Nordhausen
, eines
Landgerichts, einer
Handelskammer, einer Reichsbankstelle und hat ein
Gymnasium, ein
Realgymnasium, einen
Verein für
Kunst und
Kunstgewerbe, ein
Museum für
Altertümer und Kunstgegenstände etc. Zum Landgerichtsbezirke gehören die 14
Amtsgericht
zu:
Artern,
Bleicherode,
Dingelstedt,
Ellrich,
Großbodungen,
Heiligenstadt,
Heringen,
Ilfeld,
Kelbra, Nordhausen
,
Roßla,
Sangerhausen,
[* 7]
Stolberg
[* 8] a.
H. und
Worbis. -
Schon in frühster Zeit besaß Nordhausen
, das zuerst 874
erwähnt wird, ein kaiserliches
Palatium.
Mathilde, Gemahlin
Heinrichs I., stiftete 962 daselbst ein Nonnenkloster, welches von
Friedrich II. 1220 in
ein weltliches Mannsstift umgewandelt wurde.
Friedrich I. hatte 1158 die Reichsburg Nordhausen
dem dortigen
Kloster
übertragen. Die
Stadt ward 1180 während der
Kämpfe
Heinrichs des Löwen erobert und zerstört, aber bald wiederhergestellt. 1220 kam sie
ans
Reich und erhielt 1253 die
Freiheiten einer Reichsstadt. Die Reichsvogtei gehörte ursprünglich den
Grafen von
Hohnstein und kam nach deren Aussterben an Kursachsen.
Brandenburg
[* 9] erwarb sie 1703 nebst dem Schultheißenamt durch
Kauf, überließ beide jedoch 1715 an die Stadt. 1522 nahm diese
die
Reformation an und trat zum
Schmalkaldischen
Bund. 1803 verlor sie ihre Selbständigkeit und fiel an
Preußen,
[* 10] 1807 an das
Königreich
Westfalen,
[* 11] 1815 wieder an
Preußen.
Historisch merkwürdig ist Nordhausen
durch die
Kirchenversammlung
von 1105, auf der man sich in Gegenwart
Heinrichs V. gegen die Priesterehe erklärte, und durch die
Reichstage, welche
Philipp von
Schwaben 1207 und König
Heinrich VII. 1223 daselbst abhielten.
Vgl.
Förstemann, Urkundliche Geschichte
der Stadt Nordhausen
bis 1250 (Nordhaus. 1828-40, 2 Hefte);
Derselbe,
Kleine
Schriften zur Geschichte der Stadt Nordhausen
(das. 1855);
Lesser,
Historische Nachrichten von Nordhausen
(umgearbeitet von
Förstemann, das. 1860);
Girschner, Nordhausen
und Umgegend (das. 1880);
»Beschreibende
Darstellung der ältern
Bau- und Kunstdenkmäler der
Provinz
Sachsen«,
[* 12] Heft 11: Die Stadt Nordhausen
(Halle
[* 13] 1887).