Nötigung
,
strafrechtlich die widerrechtliche Bestimmung eines andern zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung durch Gewalt oder durch Bedrohung mit einem Verbrechen oder Vergehen. Strafe: Gefängnis bis zu 1 Jahre oder Geldstrafe bis zu 600 M. Der Versuch ist strafbar (Reichsstrafgesetzb. §. 240). Dabei ist gar nicht einmal erforderlich, daß der Drohende die Absicht hatte, seine Drohung auszuführen, wenn er nur ernstlich darauf ausging, den andern zu der betreffenden Handlung zu veranlassen (nicht scherzte oder leere Redensarten machte) und der Bedrohte den Eindruck hatte, die Drohung sei ernstlich gemeint.
Bedroht muß sein mit einem
Verbrechen (s. d.) oder
Vergehen (s. d.),
Bedrohung mit einer
Übertretung (s. d.)
genügt nicht. Die Gewalt braucht nicht direkt an der
Person verübt zu sein, auch eine unmittelbar an Sachen verübte, mittelbar
aber gegen die
Person gerichtete kann strafbar machen. So wurde ein Vermieter wegen Nötigung
bestraft, welcher einen Mieter
durch
Ausheben der
Thüren und Fenster zur Räumung der Wohnung zwang. Bestritten ist, was mit der Widerrechtlichkeit gemeint
sei: ob Bestrafung nur eintrete, wenn auf die erzwungene Handlung selbst ein
Anspruch nicht bestand;
oder ob Bestrafung schon
eintrete, wenn nur das angewendete Nötigung
smittel widerrechtlich ist, sei auch die bezweckte Handlung
erlaubt.
Die gemeine Meinung hat das letztere angenommen, und es wurde z. B. jemand für strafbar
wegen Nötigung
erklärt, welcher die Ausübung des ihm zustehenden Pfändungsrechts dadurch ermöglichen wollte,
daß er die zu pfändenden, vor ihm fliehenden Leute durch den Zuruf: «Steht oder
ich gebe
Feuer», obwohl ihm ein
Recht, von der Schußwaffe Gebrauch zu machen, nicht zustand, zum Stehenbleiben
zwang. In vielen dieser Fälle wird aber der Nötigende dennoch straflos sein,
weil er sich nicht anders helfen konnte
(Notwehr,
erlaubte Selbsthilfe) oder sich wenigstens in einem thatsächlichen oder civilrechtlichen
Irrtum (s. d.) über seine Berechtigung
befand. Andererseits kann die Widerrechtlichkeit durch
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besondere Verhältnisse ausgeschlossen sein, indem Amt, Aufsichtsrecht, Erziehungsgewalt die Befugnis zur Nötigung
geben (s. Amtsvergehen).
Das Österr. Strafgesetzbuch straft (§. 98) die Nötigung
als Erpressung (s. d.).