Nirwâna
bei den Buddhisten das höchste
Ziel des menschlichen
Strebens, welches nur durch Erlangung
der höchsten
Erkenntnis und die Ausübung aller
Tugenden erreicht werden kann. Die Sprachgelehrten und
Missionäre erklären
Nirwâna
als das absolute Aufhören der mit der persönliche
Existenz verbundenen
Bewegung, der leiblichen und
geistigen, als die absolute
Ruhe, welche dem
Orientalen als höchstes
Glück erscheint, von den einen als vollkommene Vernichtung
des Daseins, von den andern mehr oder weniger nur als Vernichtung alles Unangenehmen im Dasein aufgefaßt.
Von
Philosophen wird Nirwâna
als »innerer
Friede« dem Gottesreich unsers
Evangeliums gleichgesetzt. Worin jener
aber nach dem
Tod bestehe, welches der Zustand dann sei, wird vom
Stifter des
Buddhismus (s. d.) selbst ganz unbestimmt gelassen;
»es genüge zu wissen, daß Nirwâna
vor
Gefahren bewahrt, Sicherheit ohne
Furcht gewährt und
Glückseligkeit verleiht«. Neben diesem
ursprünglichen
Begriff der vollständigen
Erlösung von der
Existenz und allen ihren
Formen als höchste
Belohnung wurden später noch zwei niedrigere
Stufen der Belohnung aufgestellt und diese je niedriger, desto menschlicher
geschildert.
Diese Neuerung wurde von indischen Buddhisten philosophisch begründet und bildete das
Mittel, in
China,
[* 2]
Hinterindien
[* 3] und
Zentralasien
[* 4] dem aus
Indien verdrängten
Buddhismus neue Anhänger zu werben. Bei
Übertragungen in die
Sprachen der Neubekehrten
wird Nirwâna
verständlicher gemacht durch die
Erklärung als
»Befreiung vom
Schmerz der
Existenz«. Sodann sind auf Grundlage des
Nirwâna
als Belohnungen niederer
Ordnung aufgestellt: die
Aufnahme in die
»Region der
Freude«, deren Bewohner nicht mehr der
Wiedergeburt
unterworfen sind, und als unterste
Stufe:
Wiedergeburt als
Mensch oder Gott unter
Befreiung von den »schlechten
Wegen«
(Geburt als böser
Geist, als
Tier, als hungerndes Ungeheuer, in der
Hölle).
Jede
Stufe wird erreicht infolge des eignen Verhaltens und der Vollendung, zu welcher es das
Individuum in Überwindung der
Unwissenheit gebracht hat. In dieser neuen
Lehre
[* 5] führt Nirwâna
in allen drei
Stufen zu einem bestimmten
Grad
von Wohlbefinden, von
Glückseligkeit, denen gemeinsam ist: Wegfall des
Gefühls der
Existenz.
Vgl. aus der zahlreichen Litteratur die kritischen Berichte von E. Schlagintweit im »Ausland« 1864; Köppen, Die Religion des Buddha (Leipz. 1857);
Lassen, Indische Altertumskunde, Bd. 2 (2. Aufl., das. 1874);
Wurm, [* 6] Geschichte der indischen Religion (Basel [* 7] 1874);
M.
Müller, Die Bedeutung von Nirwâna
(in
»Essays«,
Bd. 1, S. 242 ff.);