Ninive
(assyr. Ninua), berühmte Hauptstadt des assyrischen
Reichs und
Residenz der assyrischen
Könige seit
ca. 900
v. Chr.,
der
Sage nach von
Ninos (s. d.) gegründet, lag auf der östlichen Seite des
Tigris, dem heutigen
Mosul gegenüber, und soll
nach
Strabon 480 Stadien (104 km) im
Umfang gehabt haben.
Ihre
Mauern sollen 33 m hoch, für drei
Wagen breit
genug und mit 1500 über 60 m hohen
Türmen versehen gewesen sein.
Indes haben sich diese Angaben als übertrieben herausgestellt;
die Griechen wurden erst in der Diadochenzeit, als die Stadt längst in Trümmern lag, mit ihr bekannt. 30 km
südlich von Ninive
, dessen
Mauern höchstens 13,500 m lang sind und eine
Bevölkerung
[* 2] von höchstens 200-250,000 umschlossen,
liegt eine zweite Trümmerstätte,
Nimrud (bei
Xenophon
Larissa genannt), der ältern Hauptstadt Kalach
(Residenz seit etwa 1300
v. Chr.)
entsprechend, und 25 km nordwestlich das Dorf
Chorsabad (s. d.) mit Resten eines
Palastes.
Zwischen diesen
Orten waren die Stromufer und
Felder mit zerstreuten
Häusern besetzt, was den
Anlaß zu jenen
Fabeln der Griechen
gegeben haben mag. Ninive
wurde 605
v. Chr. von
Kyaxares von
Medien und
Nabopolassar von
Babylonien erobert und völlig zerstört;
Xenophon sah nur noch die
Ruinen derselben. Im
Lauf der Zeit war die Hauptstadt des einstigen Weltreichs
fast spurlos verschwunden, und man
war in Ungewißheit darüber, welche von den Trümmerhaufen am
Tigris die Überbleibsel
Ninives
seien.
Der
Engländer
Rich war der erste, der die Trümmer am linken
Ufer des
Stroms genauer untersucht (1820) und einige
Inschriften
fand; ihm folgte
Ainsworth. Das erste wirkliche assyrische
Monument entdeckte aber
Botta (s. d. 2), welcher 1843 zuerst
Mosul gegenüber, dann in dem 18 m hohen
Hügel von
Kujundschik, endlich bei dem Dorf
Chorsabad Nachgrabungen anstellte, welche
die überraschendsten
Resultate ergaben. Der erwähnte
Hügel bedeckte nämlich einen großen
Palast mit zusammenhängenden
Sälen,
Basreliefs,
Bildsäulen, mannigfaltigen Geräten,
Vasen
[* 3] etc. Durch
Bottas
Entdeckungen angeregt, stellte
dann der
Engländer
Layard (s. d.) in den Ruinenhügeln von
Nimrud Nachgrabungen an und fand gleichfalls
Paläste, bedeckt mit
Inschriften und
Skulpturen aller Art,
Statuen von
Menschen,
Löwen
[* 4] und
Stieren,
Vasen,
Waffen,
[* 5] Gerätschaften aus
Kupfer,
[* 6]
Elfenbein,
Marmor,
Alabaster,
Glas
[* 7] etc. Die
Ausgrabungen an diesen
Orten, welche 1873 und 1874 von
George
Smith, einem
Beamten des
Britischen
Museums, und 1878 von H.
Rassam mit guten Erfolgen wieder aufgenommen wurden, bilden jetzt das wichtigste
Material für die Rekonstruktion der assyrischen
Geschichte, die freilich erst dann vollständig gelingen wird, wenn
die unzähligen Keilinschriften (s.
Keilschrift), mit deren Entzifferung sich außer den schon genannten
Männern besonders
Rawlinson,
Oppert,
Grotefend,
Place, E.
Schrader, G.
Smith u. a. beschäftigten, mit unbestrittener Sicherheit
verstanden werden. S. die Tafeln:
»Baukunst
[* 8] II«,
[* 1]
Fig. 1-3,
»Bildhauerkunst
[* 9] I«,
[* 1]
Fig. 6-8, und
»Ornamente
[* 10] I«,
[* 1]
Fig. 1-3.
Vgl.
Layard,
Ninive
und seine Überreste (deutsch, Leipz. 1854);