Nikolajew
,
Kriegshafen und Handelsplatz im russ. Gouvernement Cherson, liegt auf einer von den Flüssen Bug und Ingul, die sich hier vereinigen, gebildeten Halbinsel, 40 km nördlich von der Mündung des erstern in das Schwarze Meer, an der Eisenbahn Jelissawetgrad-Nikolajew und besteht aus vier Bezirken, die mit sechs mehrere Kilometer von der eigentlichen Stadt entfernten Vororten zu einem kreisunmittelbaren Militärgouvernement vereinigt sind. Der Odessaer und Moskauer Bezirk enthalten die öffentlichen Gebäude, Laden, Niederlagen und Kontore und bilden so die eigentliche Stadt, während die andern Teile, der erste und zweite Admiralitätsbezirk sowie die Vororte vollkommen Dörfern gleichen und deshalb auch »Slobodki« heißen.
Die Stadt hat breite, rechtwinkelig sich kreuzende Straßen, die stellenweise mit Baumreihen versehen, jedoch ohne jede Pflasterung sind. Die schönste Straße und zugleich Promenade ist der Boulevard am Ufer des Ingul. Sehenswert ist das Denkmal des Admirals Greigh, welches auf originelle Weise mit Kanonen und Mörsern, Ankern u. dgl. geschmückt ist. Dem Gottesdienst sind gewidmet: 11 orthodoxe, eine katholische, eine luther. Kirche, eine jüdische und eine karaitische Synagoge nebst mehreren jüdischen Betsälen und eine tatarische Moschee.
Von öffentlichen Gebäuden sind erwähnenswert: die Amtsgebäude der
Flotten- und der Stadtverwaltung, das
Kommandanturgebäude, das
Haus der Flottenkapitäne (der sogen. Moldavski
Dom), das Artilleriearsenal, die ausgedehnte
Feuerwerkerei.
Auch mehrere Kranken- und
Waisenhäuser sowie eine Invalidenkolonie sind vorhanden. Die Einwohnerzahl von Nikolajew
beträgt (1882)
66,335 (darunter viele Deutsche,
[* 2]
Juden,
Karaiten und
Tataren), die der
Vororte zusammen etwa 70,000. Seit
Gründung Nikolajews
befinden sich hier ausgedehnte
Werften für den
Bau von
Kriegs- und
Handelsschiffen (mit sehenswertem schwimmenden
Dock);
[* 3] infolgedessen richtete sich auch die gewerbliche Thätigkeit vorzugsweise auf die Herstellung von Schiffsbedarf;
daneben sind noch Bierbrauerei
[* 4] und Mehlproduktion zu erwähnen. Nikolajew
besitzt drei Häfen: den Kriegshafen am
Ingul nördlich der Stadt, den
Hafen der
Russischen Dampfschiffahrtsgesellschaft am
Bug und (seit 1863) den
Handelshafen südlich der Stadt an der sogen. Popowaja
Balka.
Die Ausfuhr seewärts ist im
Wachsen und betrug 1886: 12 Mill.
Rubel. Hauptausfuhrartikel ist
Getreide
[* 5] aus den südlichen
Gouvernements
(1885: 3¼ Mill. metr. Ztr., meist nach
England,
Deutschland,
[* 6]
Frankreich,
Italien
[* 7] und den
Niederlanden). Nikolajew
steht
in regelmäßiger Dampferverbindung mit
Odessa,
[* 8]
Cherson, den Häfen des
Bug sowie mehreren englischen, holländischen und belgischen
Seeplätzen. Die Einfuhr ist unbedeutend (1886: 1½ Mill.
Rub.), da
Odessa seinen
Rang als
Stapelplatz für ganz Südrußland
behauptet.
Die Anzahl der angekommenen Schiffe [* 9] betrug 1886 im Seeverkehr 199 mit 199,958 Ton., im Küstenverkehr 633 mit 108,998 T.; die der abgegangenen im Seeverkehr 198 mit 199,552 T., im Küstenverkehr 418 mit 90,184 T. Von kommerziellen Anstalten sind die Städtische Bank, die Filiale der Staatsbank, die Kommerzbank und mehrere andre Kredit-, Versicherungs- und Transportanstalten zu nennen. An Bildungsanstalten bestehen: 2 Gymnasien (eins für Mädchen), ein Realgymnasium, eine Kreisschule mit pädagogischem Kursus zur Ausbildung von Lehrern, 2 Schulen für Kinder niederer Seebeamten, eine Hafenhandwerkerschule etc.;
ferner eine
Sternwarte,
[* 10] eine Naturaliensammlung, 2
Theater
[* 11] u. a. Nikolajew
ist Sitz des Hauptkommandierenden der Schwarzemeerflotte,
welcher zugleich Militärgouverneur ist, sämtlicher Flottenverwaltungs-,
Hafen- und Werftbehörden, eines Hafenzollamts,
eines Seemilitärgerichts, der
Direktion der
Leuchttürme am
Schwarzen und
Asowschen
Meer, mehrerer Gerichtsbehörde
sowie der
Konsuln vieler fremder
Staaten (darunter auch eines deutschen
Konsuls).
Nikolajew
wurde 1789 von dem
Fürsten
Potemkin als
Admiralitätsstadt für die Schwarzemeerflotte gegründet und in der
Folge stark befestigt. Die jetzigen
Befestigungen bestehen
aus einer 7 km unterhalb der Mündung des
Ingul mitten in dem hier über 2½ km breiten
Bug erbauten
Batterie
und einer
Reihe von
Batterien und
Redouten an beiden Flußufern.
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