Nike
,
[* 2] bei den Griechen die Göttin des Sieges sowohl in der Schlacht als auch in den Wettkämpfen, nach Hesiod die Tochter der Styx und des Pallas, bei den Römern Victoria [* 3] genannt, gehört nicht zu den alten Kultusgöttern. Ursprünglich ward der Sieg nicht von einer eigenen Siegesgöttin, sondern von den großen Göttern, namentlich Zeus [* 4] und ¶
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Athena, erbeten. Die Athena Nike
war ungeflügelt (apteros), die Nike
als eigene Göttin ward dagegen regelmäßig geflügelt
dargestellt. Die enge Beziehung der Nike
zu Zeus und Athena drückte Phidias aus, indem er seiner kolossalen goldelfenbeinernen
Statue des Zeus in Olympia und der Athena Parthenos zu Athen
[* 6] (s. die Textfigur 1 beim Artikel Athena) eine
Nike
in die Hand
[* 7] gab. Wie eben vom Olymp herabfliegend stellte Päonius die Nike
in der (1875 sehr beschädigt ausgegrabenen)
Marmorstatue vor dem Zeustempel zu Olympia dar.
Ähnliche Darstellungen einer gewöhnlich Siegeszeichen, Kranz oder Binde in der einen, oft einen Palmenzweig in der andern
Hand tragenden Nike
aus dem Altertum finden sich mehrfach. Die Darstellung der auf einer Kugel schwebenden Nike
wurde namentlich
in Rom
[* 8] beliebt. Auf Münzbildern halten die Kaiser in der Hand oft eine Weltkugel, auf welcher solche Victorien schweben. Es
sind dies wahrscheinlich Nachbildungen der Statue der Nike
, welche Augustus aus Tarent nach Rom in den Sitzungssaal
des Senats versetzte, woselbst sie ihren Platz bis in die christl. Zeit hinein behauptete.
Auf andern Bildwerken errichtet Nike
ein Siegeszeichen (Tropaion) oder trägt es auf der Schulter, oder sie schreibt
auf einen Schild,
[* 9] oder bringt einen Stier oder andere Opfer dar. Gewöhnlich ist Nike
als junges Mädchen
gebildet. Hernach nähert sich ihr Typus dem der Aphrodite,
[* 10] und man findet mehrfach den Typus der Aphrodite von Melos zu Victoriabildern
verwandelt, wie dies bei der 1826 ausgegrabenen herrlichen Bronzestatue im Museum zu Brescia der Fall ist (s. vorstehende
Abbildung).–
Vgl. Kekulé, Die Balustrade des Tempels der Athena-Nike in Athen (Lpz. 1869);
Knapp, Nike
in der
Vasenmalerei (Tüb. 1876);
Preuner, Die Venus von Milo (Greifsw. 1874);
Benndorf, Über das Kultusbild der Athena-Nike (Wien [* 11] 1879).
Von Victorienfiguren neuerer Bildner sind zu nennen die von Schadow (auf dem Brandenburger Thor zu Berlin),
[* 12] von Rauch (auf der
Friedenssäule des Belle-Alliance-Platzes in Berlin; für die Walhalla bei Regensburg
[* 13] fertigte er in Marmor
vier sitzende Victorien, unter denen die sog. kranzwerfende Nike
von hervorragender Schönheit
ist) und von Drake (auf dem Siegesdenkmal in Berlin, 8,3 m).
Nike
ist auch der Name des 307. Planetoiden.