eine der alten
Fausse braie (s. d.) ähnliche
Anordnung im
Aufriß des Hauptwalles neuerer Festungsumfassungen.
Zwischen dem hauptsächlich für Geschützverteidigung eingerichteten Hauptwall und der Eskarpe liegt ein nur zur Infanterieverteidigung
eingerichteter niederer Wall.
[* 3] ein im Frieden mit allen erreichbaren Mitteln derart befestigter Ort, daß er gegen einen mit allen Angriffsmitteln
ausgerüsteten, der Zahl nach überlegenen Gegner nachhaltig verteidigt werden kann (s. Festungskrieg).
Die Anlage, die Erbauung einer Festung geschieht nach gewissen Grundsätzen, die mit den jeweiligen Waffen
[* 4] und bautechnischen Hilfsmitteln
in Wechselbeziehung stehen, und die in der Lehre
[* 5] von der beständigen Befestigung zu einer besondern Wissenschaft ausgebaut
sind.
wichtige Heeresstraßen, Eisenbahnen, namentlich beim Übergang
über große Flüsse
[* 6] und im Gebirge oder beim Überschreiten der Landesgrenze, zu sichern oder zu sperren (Sperrplätze);
auch
können Festungen als Sammelplätze, Zufluchtsorte für geschlagene Armeen dienen, doch wird ihre Bedeutung
in dieser Beziehung häufig überschätzt.
In der Regel hat eine Festung mehrere dieser Aufgaben gleichzeitig zu erfüllen, z. B.
Köln,
[* 7] Mainz,
[* 8] Straßburg,
[* 9] Thorn,
[* 10] die nicht nur wichtige Depotplätze und Brückenköpfe an Stromübergängen großer Verkehrsstraßen,
sondern auch Stütz- und Ausgangspunkte für Operationen und Sammelplätze bei etwanigem Rückzug bilden.
IhrerLage nach ist eine Festung Land- oder Küsten- oder auch Grenzfestung, zu letztern würden auch die Sperrforts zu zählen sein;
diese werden auch wohl Defensivplätze, die großen Festungen mit Forts, wie Straßburg, Köln, Posen,
[* 11] Toul,
[* 12] Verdun
[* 13] etc., Offensiv-
oder Lagerfestungen genannt, letzteres, weil Armeen unter ihrem Schutz lagern können. Die Festungen werden
auch als solche ersten, zweiten etc. Ranges bezeichnet oder in Klassen (Frankreich) je nach ihrem Umfang oder ihrer Wichtigkeit
eingeteilt. Solche sorgsame Klassifikation hat wenig praktischen Wert; am bezeichnendsten ist heute die Unterscheidung zwischen
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Festung mit oder ohne Forts und Sperrfort; ihre Wichtigkeit kann durch den Krieg und ihr Verhalten in demselben bedingt werden. In
Deutschland
[* 15] werden die Festungen nur in solche mit Armierung erster oder zweiter Ordnung eingeteilt. Die erstern sind zur Verteidigung
gegen eine förmliche Belagerung, letztere nur gegen einen gewaltsamen Angriff ausgerüstet; maßgebend
hierfür ist die strategische Wichtigkeit der Festung, die ihrerseits von den Wandlungen der politischen Verhältnisse stark beeinflußt
wird. In dieser Beziehung haben die FestungenSchlesiens verloren (Kosel,
[* 16] Schweidnitz,
[* 17] Silberberg sind eingegangen), die in Preußen
[* 18] gewonnen (Posen, Thorn, Lötzen, Königsberg).
[* 19]
Abgesehen von den ungeheuern Bau- und Unterhaltungskosten eines solchen Landesverteidigungssystems, erfordert
die kräftige Verteidigung so vieler Festungen auch entsprechend große Streitkräfte (in Frankreich gegen 500,000 Mann), die
den Feldarmeen zum großen Teil verloren gehen. Dieses System zwingt also zur Führung eines Defensivkriegs. Ein Volk, in welchem
offensiver Geist lebt, wird in der Ausdehnung
[* 21] der Befestigungsanlagen, die immer einem gewissen Gefühl
der Schwäche entspringen, Maß halten. Viel umstritten ist auch die Frage, ob die Landeshauptstadt zu befestigen ist. Im Altertum
war die Hauptstadt jedes größern Reichs (Babylon, Ninive) eine Festung, mit welcher in der Regel die Selbständigkeit des Volkes
stand und fiel (Karthago,
[* 22] Jerusalem).
[* 23] In der Neuzeit hat sich diese Ansicht geteilt. Rom,
[* 24] Paris sind Festungen,
Berlin,
[* 25] Wien
[* 26] nicht.
Die verschiedenen Befestigungssysteme.
Soll eine Festung ihre Aufgabe erfüllen können, so muß sie sturmfrei, d. h. gegen
einen gewaltsamen Angriff mit Leiterersteigung ohne förmliche Belagerung gesichert sein, sie muß unter den günstigsten
Bedingungen den Gebrauch der Waffen, überhaupt die Verteidigung ermöglichen und für alle Streitkräfte,
Streit- und Lebensmittel eine gegen feindliche Zerstörung gesicherte Unterkunft bieten. Diese Anforderungen an eine Festung waren
zu allen Zeiten im großen und ganzen die gleichen, nur war die Art und Weise, wie ihnen entsprochen wurde, verschieden, da
hierfür
die jeweilige Art der Verteidigungs- und Angriffswaffen maßgebend war.
Aus dieser Wechselwirkung gingen nach und nach die vielen Befestigungssysteme hervor. Den einfachen Pfahlwerken, den Erd- und
Steinwällen folgten die Mauern, die an Dicke und Höhe mit der Zerstörungskraft der Angriffsmaschinen zunahmen. Die Krone der
Mauer diente als Aufstellungsraum für die Verteidiger, auf Pfeilschußweite vorspringende Türme zu ihrer
Flankierung. Eine Brüstungsmauer am vordern Rand, später mit Schießschlitzen, Zinnen, versehen, deckte die Verteidiger.
Um auch die äußere Mauerfläche bestreichen, den an ihr aufklimmenden Feind bekämpfen zu können, ließ man auf der Krone
große Hausteine vorkragen und setzte auf diese die Brüstung, so daß man zwischen ihr und den Kragsteinen
hindurch die Mauerflucht bestreichen konnte; so entstanden die Senkscharten oder Maschikulis.
Beide bestanden aus einer 2-3 m starken frei stehenden Mauer mit Zinnenkrönung, meist ohne Graben davor, aber von solcher
Höhe, daß sie sturmfrei war. Etwa im Abstand von 40 m vorspringende Türme gewährten ihnen Flankierung.
Vor die Thore legte man häufig halbmondförmige Waffenplätze,
[* 32] gleichzeitig zur Deckung und als Sammelplätze für Ausfalltruppen
dienend. Die Einführung der Geschütze
[* 33] forderte bald bedeutende Umgestaltungen. Um die ungedeckten Festungsmauern der Zerstörung
durch Geschützfeuer aus der Ferne zu entziehen, versenkte man sie unter den Bauhorizont, indem man einen
breiten und tiefen Graben vor ihnen aushob und die aus ihm gewonnene Erde hinter der Mauer zu einer deckenden Brustwehr
[* 34] mit Wallgang
dahinter aufschüttete, um Platz für die Aufstellung der Geschütze zu finden, den die schmale Mauerkrone nicht
bieten konnte. Auch die Türme mußten zur Aufnahme von Geschützen erweitert, konnten aber der größern Schußweite wegen
weiter auseinander gestellt werden. Sie wurden nun Basteien oder Rondelle genannt, aus denen später nach Entwickelung des Geschützwesens
die Bastione hervorgingen. Veranlassung boten die Kriege Anfang des 16. Jahrh., welche die Be-
festigung zahlreicher Städte in Italien
[* 38] notwendig machten. Es entstand die altitalienische Manier
[* 37]
(Fig. 1), in welcher Micheli 1527 Verona
[* 39] befestigte. Die senkrecht zum Mittelwall (Kurtine) stehende Flanke c des Bastions a war zur niedern Grabenbestreichung halb
zurückgezogen; das kleine Mittelbastion b deckte die lange Kurtine, diese flankierend. Nächst Micheli war
Tartaglia Hauptvertreter dieses Systems, welches gegen das 16. Jahrh. durch Cataneo (1570) und Marchi (1599) dadurch wesentlich
verbessert wurde, daß sie die Bastione erheblich vergrößerten, zur Hauptgeschützaufstellung in dieselben einen überhöhenden
Kavalier c
[* 37]
(Fig. 2), vor die Kurtine das diese deckende Ravelinb und vor die Kontreskarpe den gedeckten Weg
g mit den Waffenplätzen w legten, vor denen das 2 m hohe Glacis sich gleichmäßig abböschte. Die Eskarpe erhielt 7,5 m Höhe.
Das Bastionärsystem war hiermit in allen wesentlichen Teilen hergestellt.
Eine eigenartige Anwendung fand die italienische Manier in den Niederlanden. Während des Kampfes gegen die spanische Herrschaft
mußten schnell Befestigungen hergestellt werden. Die
Grundwasserverhältnisse des Landes nötigten dazu,
hinter breiten Wassergräben Erdwälle ohne Mauerbekleidung aufzuführen und zur niedern Bestreichung des sehr breiten Grabens
vor den Hauptwall noch einen Niederwall (Faussebraie) zu legen. In denHauptgraben legte man noch zahlreiche Außenwerke und vor
denselben den gedeckten Weg. Diese Befestigungsmanier wurde von Freitag 1630 beschrieben und unter Festhaltung
ihrer Grundzüge von Coehoorn (schrieb 1685) in Rücksicht auf eine offensive und abschnittsweise innere Verteidigung im Sinn
seines Zeitgenossen Rimpler wesentlich verbessert. Er gab dem Hauptgraben G
[* 37]
(Fig. 5) zwischen dem Hauptwall A und dem NiederwallR eineBreite
[* 42] von 30 m, gemauerte Eskarpe und Kontreskarpe, letzterer eine Reversgalerie S zur niedern Grabenbestreichung,
um hier den eingedrungenen Feind noch hartnäckig bekämpfen zu können. Vor den Niederwall R, von ihm durch einen breiten
nassen Graben getrennt, legte er die Couvreface C, vor dieselbe abermals einen nassen Graben und davor einen breiten gedeckten
Weg W, um so eine stufenweise Verteidigung zu ermöglichen. Das Festsetzen in diesen Werken wurde dem
Angreifer dadurch erschwert, daß gedeckter Weg und Hauptgraben bis nahe zum Grundwasserspiegel versenkt waren.
Die französische Befestigung, durch das unter Heinrich IV. von Sully begründete Ingenieurkorps entwickelt, hatte im allgemeinen
von den Italienern das Profil, von den Holländern den Grundriß entlehnt. Nach den Ingenieuren Errard de
Bar-le-Duc (»La fortification démontrée«, 1604) und GrafPagan trat der vielgefeierte Kriegsbaumeister Vauban auf (gest. 1707),
der in langem, thatenreichem Leben 53 Belagerungen leitete (vgl. Festungskrieg), 33 Festungen neu baute und etwa 300 verbesserte.
Vauban wählte seine Formen, ohne sich zu sehr an feste Regeln zu binden, stets mit Rücksicht auf das Terrain;
im allgemeinen lassen sich aber drei Manieren unterscheiden, nach denen die meisten ältern Festungen gebaut sind. Man nennt
die Liniea b
[* 37]
(Fig. 6 u. 7) die Polygonseite, gewöhnlich 300-380 m lang;
a e und b f die Defenslinien, die Bastionsfacen a g und h b = 2/7 a e; g und h die