Titel
Niederlande
,
[* 2] Nederland, Königreich der Niederlande
, liegt zwischen 50° 45’ und 53°
30’ nördl.
Br. und 3° 20’ bis 7° 10’ östl. L. von Greenwich und hat ohne die Meeresteile 32538 qkm.
(Hierzu eine Karte: Niederlande.
)
Oberflächengestaltung. Fast das ganze Land ist Tiefland und Fortsetzung der großen deutschen Ebene. Der größte Meerbusen an der Nordsee ist der Zuidersee (s. d.), nächst diesem der Dollart (s. d.) und der Lauwerzee an der Nordküste. Die Hauptflüsse des Landes sind der Rhein, die Maas und die Schelde. Außerdem ist das Land von zahlreichen Nebenflüssen durchschnitten, in welche die anliegenden, eingedämmten, durch Entwässerung urbar gemachten Ländereien, die sog. Polder (s. d.), das zuströmende Wasser durch Abzugsgräben und Schöpfräder ableiten.
Von den Landseen war das Haarlemer Meer (s. d.) der größte, ist aber 1848‒53 trocken gelegt worden. Wegen seiner niedrigen Lage ist der größte Teil des Landes unaufhörlich der Gefahr der Überschwemmung ausgesetzt, welche durch jede gewaltige Meeresflut, am meisten aber durch Eisversperrungen in den Flüssen am Ende der Winterzeit hervorgerufen wird. Daher die zahlreichen schrecklichen Verheerungen durch das Wasser, welche in der niederländ. Geschichte verzeichnet sind.
Daher aber auch die zahlreichen trefflichen Deiche und Wasserbauwerke, durch welche die niederländ. Ingenieure weltberühmt sind und zufolge deren bedeutende Überschwemmungen denn auch selten geworden sind. (S. die Deichkarte, Bd. 4, S. 881.) Gegen das Meer ist das Land durch die Dünen, eine Reihe natürlicher Sandhügel (welche von Nordfrankreich bis Kap Skagen in Dänemark [* 3] sich erstreckt), und, wo diese unterbrochen ist, durch kostspielige Deiche geschützt.
Das südl. Niederland ist eine Fortsetzung der großen sandigen Heide, die sich von der Ostsee durch Brandenburg, [* 4] Lüneburg [* 5] und Westfalen [* 6] bis an die Schelde erstreckt, nur durch die fruchtbare Betuwe, das zwischen der Waal und dem eigentlichen Rhein gelegene Land der alten Bataver, unterbrochen wird und sich dann über Nordbrabant ausdehnt. Südwärts erstreckt sich das aus Heide, Sand und Morast bestehende Peel- oder Kempenland bis tief in das ehemalige Bistum Lüttich. [* 7]
Das Klima ist in den höher liegenden südöstl. Gegenden sowie auch in Geldern, Utrecht, [* 8] Oberyssel und Drenthe gesund, während in Seeland, Holland und Friesland die Unbeständigkeit der Witterung und die stehenden Gewässer Fieberkrankheiten verursachen. Den meisten Landbau haben Seeland und Groningen; schöne Wiesen und Viehweiden giebt es besonders in Holland und Friesland. Die wilde Flora ist fast ganz die des nordwestl. Deutschlands, [* 9] aber durch intensive Kultur sehr zurückgedrängt.
Bevölkerung.
[* 10] Die Niederlande
haben (1892) 4609576 (2309547 männl., 2360029 weibl.)
E.,
d. i. 141 E. auf 1 qkm, darunter 2728125
Protestanten, 1596482 Katholiken und 97324 Israeliten. Die ländliche
Bevölkerung
beträgt 32,2, die städtische (in den 21 Orten mit mehr als 20000 E., namentlich in
Holland) 67,8 Proz. Am dichtesten besiedelt
sind die beiden
Holland, dann
Utrecht, Groningen, Limburg;
[* 11] am schwächsten Drenthe. Die Bewohner sind german.
Stammes:
Franken,
Sachsen
[* 12] und Friesen.
Eine Berufszählung fehlt. Im Ausland geboren waren (1890) 47888 Personen, darunter 28767 in Deutschland [* 13] und 13697 in Belgien. [* 14] Der Überschuß der Geburten betrug (1894) 66752; Inländer wanderten aus 1146 (nur nach Nordamerika), [* 15] im ganzen aber aus holländ. Häfen 15138. Die prot. Bevölkerung gehört zum allergrößten Teile der reform. Kirche an; Lutheraner, Arminianer, Mennoniten, Herrnhuter und andere kleine Religionsparteien zählen zusammen an 533000 Seelen.
Die Angelegenheiten der Reformierten erhalten durch die Allgemeine Synode, unter welcher 10 Provinzial-Kirchenregierungen und 1347 Kirchspiele stehen, ihre oberste Leitung. Die Katholiken, die in Brabant und Limburg vorwiegen und selbst noch in Nordholland, Geldern, Südholland und Oberyssel ansehnliche Teile der Bevölkerung bilden, machen eine einzige «kirchliche Provinz» aus, die seit 1853 in fünf Diöcesen zerfällt: das Erzbistum Utrecht und die Bistümer Haarlem, [* 16] Herzogenbusch, Breda und Roermond. Außerdem haben noch die Altkatholiken (Jansenisten, s. d.) ein eigenes Kirchenwesen, dem ein Erzbischof zu Utrecht und zwei Bischöfe zu Haarlem und Deventer vorstehen, obgleich die Zahl derselben in 26 Gemeinden nur 7687 beträgt. Die Israeliten haben im ganzen 178 Gotteshäuser.
Kolonien. Die Niederlande
sind als Besitzerin der ostind. Inselwelt eine der wichtigsten Kolonialmächte der Erde,
doch ist das Mutterland nicht im stande, seinen
Besitz auch wirtschaftlich zu beherrschen. Die ostind. Besitzungen (Näheres
s.
Niederländisch-Ostindien) bedecken 1,873 Mill. qkm mit rund 36 Mill. E. Westindien
[* 17] besteht aus dem
Gouvernement Curaçao mit
Aruba,
Bonaire, St. Martin, Saba und St. Eustatius und aus
Niederländisch-Guayana (s. Guayana),
d.
i. das Gouvernement
Surinam mit insgesamt 130230 qkm und 120000 E.
Landwirtschaft und Fischerei. [* 18] In einem nach Flächeninhalt so beschränkten und doch stark bevölkerten Küstenlande, das seine Hauptrichtung auf den Seehandel genommen hat, kann die Landeskultur nicht bedeutend sein, dennoch hat sie große Anerkennung erworben. Die Landschaft von Haarlem nach Amsterdam [* 19] und von Amsterdam nach Utrecht gleicht einem unermeßlichen Garten. [* 20] Die schönsten Teile von Nordholland waren bis zum Anfang des 17. Jahrh. Seen, sind aber in fruchtbares Land verwandelt worden. Noch sind weite Flächen, die als Ried, Moor u. s. w. daliegen (etwa 21 Proz. der Bodenoberfläche), der Landwirtschaft ¶
mehr
bisher nicht nutzbar geworden, namentlich in Drenthe und der Veluwe. Es giebt 582485 Grundbesitzer mit einem Gesamtbesitz von 3299992 ha, darunter aber 412267 mit Grundstücken, wofür die Grundsteuer weniger als 25 Fl. beträgt. Von den übrigen bezahlen 6882: 1000‒5000 Fl., nur 407 über 5000 Fl. 1891 hatten 96288 Besitzer ihren Boden in eigenem Betrieb, darunter 83405 mit Grundstücken kleiner, 12883 mit Grundstücken größer als 20 ha, dagegen gab es 70145 Pächter, 57594 mit Grundstücken kleiner, 12551 mit Grundstücken größer als 25 ha. Besitzer, welche über 100 ha in Betrieb hatten, gab es 126, Pächter 80. Es werden zwar alle Getreidearten, doch nicht in hinreichender Menge gewonnen.
Diese nahmen 1893 eine Fläche von 441051 ha ein, während für die Kultur von Kartoffeln 151970, von Buchweizen 38099, Bohnen 38914, Erbsen 24161, Ölfrüchten 7354, Flachs 13529, Runkelrüben 28379, Tabak [* 22] 617 und Krapp 792 ha in Anspruch genommen wurden. Auch die sehr wichtige Blumenzwiebelkultur erstreckt sich besonders südlich von Haarlem über eine bedeutende Fläche. Die fruchtbarsten Gegenden des Landes aber, die Marschen, eignen sich mehr zur Viehzucht [* 23] als zum Feldbau; 34,5 Proz. des Landes werden durch Wiesen eingenommen, 26,2 Proz. sind Ackerland.
Die Viehzucht und vorzugsweise die Rindviehzucht (1½ Mill. Rinder) [* 24] befriedigt nicht nur sehr reichlich den Bedarf des Landes, sondern gestattet auch eine sehr bedeutende Ausfuhr an Schlachtvieh (jährlich über 200000 Stück) und besonders an Butter (jährlich etwa 10 Mill. kg) und Käse (jährlich 29 Mill. kg). Pferde [* 25] gab es (1891) 271900; besonders die in Friesland zeichnen sich durch Größe, Stärke [* 26] und Ausdauer aus. Die Schafzucht (810600 Stück) ist nur in den sandigen Gegenden von Gelderland und Drenthe, vorzüglich auf der Insel Texel, beträchtlich.
Schweinezucht wird stark betrieben (987900 Stück). In den Seedünen halten sich zahllose verwilderte Kaninchen [* 27] auf. Hasen, wildes und zahmes Geflügel sind im Überfluß vorhanden, besonders verschiedene Wad- und Schwimmvögel. [* 28] An der Mündung der Maas brütet der Löffelreiher, die in Deutschland fast ausgerottete Bartmeise ist nicht selten. Die Bienenzucht [* 29] ist auf den Heiden in Geldern und besonders Drenthe nicht unbeträchtlich. Austern, Muscheln, [* 30] Garneelen, alle Sorten See- und Flußfische, namentlich Kabeljau, Schellfisch, Stint, Butten, Schollen, Lachs, Aal, Anchovis und Heringe, sind in Menge an den Küsten, in den Flüssen und Binnengewässern vorhanden.
Sehr wichtig ist daher die Fischerei, in der im J. 1894: 5151 Boote mit 17286 Mann beschäftigt waren. Allein der Heringsfang hatte 5,6 Mill. Fl. Wert. Austern wurden 18,6 Mill. Stück gewonnen. Auf Flüssen ist besonders bedeutend der Lachsfang; auf dem Markt zu Kralingen bei Rotterdam [* 31] wurden (1892) 65481 Lachse verkauft. Ausgeführt wurden 1892 an frischem Fisch 3571000 kg (2410000 nach Belgien, 540000 kg nach Deutschland), 333107 Tonnen gesalzene Heringe (276353 nach Deutschland), gesalzene Kabeljaus 83000, gedörrte Stockfische 18 Mill., Garneelen 2,3 Mill. (nach England 2,1 Mill.), Austern 1 Mill. (1890 sogar 4,2 Mill.), Anchovis etwa 70 Mill. Stück. – Den Mangel an Holz [* 32] ersetzt der Torf, welcher namentlich in Holland, Friesland und Drenthe in Menge gegraben wird. Die wichtigsten Mineralien [* 33] sind Seesalz, Thon und Pfeifenerde. Der Pietersberg bei Maastricht [* 34] versorgt das Land mit Bausteinen. ^[]
Industrie.
Außer in einigen Gruben zu Limburg finden sich keine Steinkohlen. Besonders wegen dieses Mangels
ist die Industrie nicht sehr bedeutend und sogar nicht im stande, die eigenen Kolonien zu versorgen. Berühmt sind die Segeltuchfabriken
und die Werkstätten für Tauwerk in Rotterdam, Amsterdam, Gouda. Vorzügliche Leinenwaren werden in Leiden
[* 35] und Brabant fabriziert.
In der Tuchfabrikation, mit deren Erzeugnissen die Niederlande
einst das stärkste Geschäft in Europa
[* 36] machten,
sind dieselben von Belgien längst überflügelt; doch liefern Leiden, Delft, Utrecht, Tilburg, Maastricht und Roermond immer
noch ausgezeichnete Waren.
Auch die Baumwollmanufaktur hat sich seit 1830 mehr entwickelt, namentlich in Nord- und Südholland, Brabant und besonders in Oberyssel. Altberühmt ist die Lederfabrikation, und vorzüglich liefern Amsterdam und Maastricht das beste Sohlenleder. Ansehnlich ist die Seifenfabrikation (91 Betriebe). Porzellan liefert nur Amsterdam, Delft dagegen hat gute Fayencefabriken, und Gouda ist noch immer bekannt durch seine, freilich in der jüngern Zeit von der Cigarre stark aus dem Gebrauche zurückgedrängten holländ. Thonpfeifen.
Papiermühlen bestehen besonders bei Zaandam und in der Veluwe. Auf dem Betriebe des Seehandels beruht hauptsächlich der starke Absatz der 514 Branntwein-, namentlich der Wacholder- oder Geneverbrennereien; Schiedam allein hat deren über 300, doch ist hier diese Industrie in der letzten Zeit stark zurückgegangen. Außerdem sind mit dem Seehandel verknüpft die großen Tabakfabriken, besonders zu Amsterdam und Rotterdam, die Stearinkerzenfabriken zu Gouda, Amsterdam und Schiedam und die 30 Zuckerfabriken. Großen Aufschwung nimmt die Kakaofabrikation. Brauereien bestehen 514.
Handel. Seit fünf Jahrhunderten findet die Industrie der Niederlande
ihren Mittelpunkt im Seehandel. Zur Beförderung dieses Zwecks
wurde für den ind. Handel 1824 die königl. Niederländische
[* 37] Handelsgesellschaft (Matschappij) gestiftet,
welche als ausschließlicher Agent der Regierung alle Produkte der Regierungskulturen (s. Java) in Indien auf den europ. Märkten
zu verkaufen hat. Andere große Aktiengesellschaften sind die Deli-Gesellschaft, welche in Deli (Ostsumatra) höchst bedeutende
Tabakpflanzungen hat, die Billiton-Gesellschaft, welche die Zinnbergwerke Billitons in Betrieb hat, die
Afrikanische Gesellschaft u. s. w. Außer zahlreichen Versicherungsgesellschaften befördert die Niederländische Bank (s. d.),
eine der wichtigsten Kreditanstalten Europas, den Verkehr.
Die Niederlande
haben Freihandel; es bestehen nur einige niedrige Zölle fiskalischen Charakters. Man berechnet den Wert der Einfuhr
zum Verbrauch auf (1894) 1461, den der Ausfuhr eigener Erzeugnisse auf 1115 Mill. Fl.; sehr bedeutend ist
auch die Durchfuhr von und nach Belgien und Westdeutschland. Die wichtigsten Einfuhrwaren sind Getreide
[* 38] und Mehl
[* 39] (für 260 Mill.
Fl.), Spezereien (203), Eisen
[* 40] und Stahl (135), Textilwaren (85), Kupfer
[* 41] (48), Kohlen (44), Zucker
[* 42] (41), Reis (36), Kaffee (34),
Holz (33), Sämereien (27) und Margarine (für 21 Mill. Fl.). In der Ausfuhr stehen obenan Spezereien (für 133 Mill.
Fl.), Getreide u. s. w. (133), Eisen und Stahl (92), Textilwaren (86), Margarine (50), Kupfer (46), Zucker (44), Gemüse (22),
Papier (21) und Felle (für 18 Mill. Fl.). Die wichtigsten Verkehrsländer (Werte in Millionen Gulden) zeigt folgende Tabelle
(1894):
¶
mehr
Verkehrsländer | Einfuhr | Ausfuhr |
---|---|---|
Deutschland | 287 | 557 |
Großbritannien | 246 | 260 |
Belgien | 161 | 155 |
Niederländisch-Ostindien | 225 | 54 |
Verein. Staaten | 132 | 22 |
Brit.-Ostindien | 44 | 1 |
Rußland | 175 | 5 |
Rumänien | 34 | – |
Spanien | 29 | 1 |
Frankreich | 22 | 12 |
Andere Länder | 91 | 48 |
Auf Genuß- und Nahrungsmittel [* 44] entfallen 440 Mill. Fl. in der Einfuhr, 384 in der Ausfuhr, auf Rohstoffe 526 und 366, auf Fabrikate 239 und 237, auf Edelmetalle 14 und 3, auf verschiedene Waren 241 und 125 Mill. Fl. Die bedeutendsten Handelsplätze sind Amsterdam und Rotterdam, dann folgen Vlissingen, Terneuzen, Harlingen, Dordrecht, [* 45] Schiedam, Delfzijl. Im ganzen liefen (1894) 9048 Schiffe [* 46] mit Ladung, 705 mit Ballast ein mit zusammen 19,56 Mill. cbm Tonnengehalt. Holländ. Flagge führten 2817 Schiffe. Die Handelsflotte zählte Ende 1894: 424 Segler und 157 Dampfer. Der Küstenverkehr ist unbedeutend. Für den innern Verkehr sind neben den Landstraßen (12024 km) und den Eisenbahnen (s. Niederländische Eisenbahnen) die schiffbaren Flüsse [* 47] (etwa 4800 km) und das dichte Kanalnetz von 3067 km. Postbureaus bestehen 1277, die Telegraphen [* 48] sind nur zum Teil staatlich (Drahtlänge 19467 km).
Verfassung und Verwaltung. Das Königreich ist nach dem 1840, 1848, 1887 und zuletzt 1896 revidierten Grundgesetz vom eine eingeschränkte konstitutionelle Monarchie. Die Krone ist erblich in dem Hause des ersten Königs Wilhelm Ⅰ. dergestalt, daß immer die ältere Linie vor der jüngern, die männliche vor der weiblichen geht. Beim Erlöschen des Mannsstammes folgen zuerst die Töchter des zuletzt gestorbenen Königs; darauf nach dem Verwandtschaftsgrade seine übrigen weiblichen Verwandten oder ihre Nachkommen, die männlichen vor den weiblichen.
Die Zahl der Mitglieder der Zweiten Kammer ist nach dem Grundgesetz auf 100, die der Ersten auf 50 fixiert. Erstere werden direkt durch die Wähler, letztere aus den Höchstbesteuerten und den durch amtliche Stellung Ausgezeichneten gewählt durch die Provinzialstaaten. Das Grundgesetz macht das Wahlrecht von gewissen, durch das neue Wahlgesetz, das von der Zweiten Kammer angenommen wurde, näher bestimmten Bedingungen, die Fähigkeit und den Wohlstand der Wähler betreffend, abhängig (s. unten, Geschichte). Dem König steht ein verantwortliches Ministerium zur Seite. Außerdem giebt es einen Staatsrat, eine Allgemeine Rechnungskammer, einen Obersten Gerichtshof (Hooge Raad) und einen Obermilitärgerichtshof zu Utrecht.
Die 11 Provinzen sind folgende:
Provinzen | qkm | Einw. 1894 |
---|---|---|
Nordbrabant | 5128 | 528718 |
Drenthe | 2663 | 139148 |
Friesland | 3320 | 337765 |
Geldern | 5081 | 534737 |
Groningen | 2298 | 285780 |
Nordholland | 2770 | 906136 |
Südholland | 3022 | 1041865 |
Limburg | 2204 | 268592 |
Oberyssel | 3345 | 310299 |
Seeland | 1785 | 207228 |
Utrecht | 1384 | 235378 |
An der Spitze der Provinzialverwaltung steht der von der Staatsregierung ernannte königl. Kommissar, der neben sich die Provinzialstaaten und einen ständigen Ausschuß aus denselben hat. Auch in den Gemeinden wird der Bürgermeister von der Staatsregierung ernannt, der mit dem Gemeinderat die Verwaltung leitet. Die Wahlberechtigung für die Gemeinderäte und Provinzialstaaten ist von denselben Bedingungen abhängig als die für die Zweite Kammer der Generalstaaten. ^[]
Die Gerichtspflege wird ausgeübt von 106 Kantonalgerichten, 23 Distriktstribunalen, 5 Obergerichten und dem Kassationshof (Hooge Raad) im Haag. [* 49] Die 31 Gefängnisse beherbergten (1892) 2209, die Detentionshäuser 716 Personen. Die Polizei zerfällt in die staatliche Gendarmerie, die Reichs- und die Gemeindepolizei. Das Wappen zeigt den gekrönten goldenen Löwen [* 50] der Dynastie Nassau im blauen, mit goldenen Schindeln bestreuten Felde; in den Branken hält der Löwe ein Schwert und ein Pfeilbündel. Schildhalter sind zwei gekrönte Löwen,stehend auf einem blauen Bande mit der Devise «Je maintiendrai». Das Ganze deckt die Königskrone. Die Landesfarben sind Rot, Weiß, Blau. (S. Tafel: Flaggen [* 51] der Seestaaten, Bd. 6, S. 862.) Niederländ. Ritterorden sind der Militär-Wilhelmsorden (s. Wilhelmsorden), der Orden [* 52] vom Niederländischen Löwen (s. Löwenorden) und der Orden von Oranien-Nassau (s. d.).
[* 43]
^[Abb. Wappen
[* 53] der Niederlande]
Finanzen. Die jetzige Staatsschuld der Niederlande
stammt erst aus der Zeit der Batavischen Republik, indem infolge der Bestimmungen
des Grundgesetzes von 1798 alle Schulden sowohl der Generalstaaten als der unterschiedenen Provinzen der ehemaligen Republik
der Vereinigten
[* 54] Niederlande
zu einer einzigen nationalen Staatsschuld vereinigt wurden. Zur Zeit der franz. Nebenherrschaft wurde 1810 die
Rente auf ein Drittel herabgesetzt. Bei der Wiederherstellung des niederländ. Staates ward nun, wie bis jetzt
nur ein Drittel der Rente gezahlt war, so fürs erste nur ein Drittel der Schuld als wirkliche zinstragende, die übrigen
zwei Drittel als aufgeschobene (uitgestelde) Schuld anerkannt; jährlich sollten nun 2 Millionen der wirklichen Schuld abgetragen
und ebenso viele von der aufgeschobenen an ihre Stelle treten. Höchst bedenklich ward die Finanzlage
um 1840 infolge schlechter Verwaltung, insbesondere aber des langjährigen Kriegszustandes gegenüber Belgien. Die energische
Maßregel van Halls (1843) und die darauf folgende treffliche Verwaltung brachten durchgreifende Besserung. Von 1850 bis 1889 minderte
sich die Schuld um 155,8 Mill. Fl. Das Budget für 1896 zeigt folgende Zahlen (in Millionen Gulden):
Einnahmen
Grundsteuer | 11,91 |
---|---|
Personalsteuer | 11,71 |
Kapitalsteuer | 6,87 |
Einkommensteuer | 4,52 |
Accise auf Spirituosen und anderes | 42,40 |
Stempel, Erbsteuer u. s. w. | 19,82 |
Zölle | 5,81 |
Domänen | 2,36 |
Post und Telegraph | 9,23 |
Lotsengelder | 1,40 |
Eisenbahnen | 3,95 |
Verschiedenes | 8,39 |
Königl. Haus | 0,80 |
---|---|
Kabinett | 0,67 |
Ministerium des Auswärtigen | 0,83 |
Justiz | 5,35 |
Inneres | 13,87 |
Marine | 15,76 |
Krieg | 23,79 |
Staatsschuld | 35,02 |
Finanzen | 19,41 |
Kolonien | 1,40 |
Öffentliche Arbeiten | 21,40 |
Unvorhergesehenes | 0,05 |
¶