Niederländ
ische
[* 2] Sprache [* 3] und Litteratur. In den Gebieten, die man unter dem Namen der Niederlande [* 4] im weitern Sinne begreift, in den Königreichen Niederland und Belgien, [* 5] werden seit 2 Jahrtausenden zweierlei Sprachen, germanische und romanische, gesprochen. Französisch wird gegenwärtig, abgesehen von den größern Städten und den Beamtenkreisen Belgiens, nur im südl. Belgien gesprochen. Zum Französischen gehört auch das Wallonische (s. d.). Über die deutsch-franz. Sprachgrenze s. Deutsche Sprache, [* 6] Bd. 5, S. 84 b und die Karte der Deutschen Mundarten. [* 7]
Die germanisch redende
Bevölkerung
[* 8] der
Niederlande leitet ihren Ursprung von drei Volksstämmen her: von den
Franken (s. d.),
den
Sachsen
[* 9] (s. d.) und den Friesen (s. d.).
Noch heute lassen sich die drei
Bestandteile der
Bevölkerung nach den Mundarten der verschiedenen
Provinzen erkennen (s.
Deutsche Mundarten,
Bd. 5, S. 31 b, 32
a und 33 a). Die niederländ.
oder holländ.
Sprache nebst der vläm. Mundart gehört zu den niederfränk.
Mundarten. Es ist die einzige unter allen deutschen Mundarten, welche, gegenüber der hochdeutschen,
eine selbständige Schriftsprache
geworden ist (s.
Deutsche Sprache, Bd. 5, S. 73 b). Die altniederländ.
Sprache, wie sie sich in der Psalmenübersetzung zeigt und altniederfränkisch genannt zu werden pflegt, ist der altsächsischen
im «Heliand» am nächsten verwandt. Der Übergang des
Altniederländ
ischen ins Mittelniederländische
ist dem des
Althochdeutschen ins Mittelhochdeutsche analog. Die ältesten
bekannten
Denkmale der mittelniederländ.
Sprache verdanken wir
Heinrich (s. d.) von
Veldeke. Entsprechend dem gleichzeitigen
Sprachstande in
Deutschland,
[* 10] dem Mittelhochdeutschen und dem Mittelniederdeutschen, nennt man die Sprachperiode von
Veldeke
(12. Jahrh.) bis zum 16. Jahrh. das Mittelniederländ
ische,
dessen reinstes Abbild die Werke von Jacob
van Maerlant (1235‒1300) liefern.
Die gleichzeitigen
Franzosen nannten es Thyois oder Tiesche, die einheimischen Schriftsteller Dietsch oder Duutsch, später
Duitsch, gewöhnlich Nederduitsch, seit 1813 Nederlandsch (Gründung des Königreichs der
Niederlande) oder
Hollandsch (die
Engländer noch heutigentags Dutch), während die Bezeichnung Vlaamsch mehr eine provinzielle Bedeutung
und erst in neuerer Zeit durch franz. Einfluß die gegenwärtige weitere Geltung erlangte.
(S. Vlämische
Sprache und Litteratur.) Nach seinem Lautstande, dessen
Konsonanten auf allgemein niederdeutscher
Stufe verharren
(s.
Niederdeutsch), sowie nach
Bau und Wortschatz ist das Mittelniederländ
ische dem Mittelniederdeutschen nahe verwandt.
Die wissenschaftliche Behandlung der niederländ.
Sprache begann Ende des 16. Jahrh. Zuerst stellte der
Buchdrucker
Christoph Plantin zu
Antwerpen
[* 11] 1573 einen
«Thesaurus Teutonicae linguae» zusammen.
Ihn übertraf bald darauf (1588)
sein Korrektor Cornelis
van Kiel
[* 12] oder, wie er sich selbst gewöhnlich nannte,
Cornelius Kilianus aus Duffel bei Mecheln,
[* 13] durch
ein zweites niederländ.
Wörterbuch, das
noch heute in der
Ausgabe von
van Hasselt («Cornelii Kiliani
Etymologicum Teutonicae linguae», Utr. 1777) dem Forscher unentbehrlich ist. Angeregt durch
die von
Junius (Dordr. 1665) herausgegebene got. Bibelübersetzung des
Ulfila, ward dann Lambert ten
Kate (1674‒1731) der Begründer der histor.
Grammatik mit solchem Tiefblick, daß seine Entdeckungen noch
Jakob
Grimm zum Ausgangspunkt dienen konnten.
Sein Hauptwerk ist «Aanleiding tot de kennisse
van het verhevene deel der Nederduitsche sprake» (2 Bde.,
Amsterd. 1723). Neben ihm zeichnete sich besonders Balthasar Huydecoper aus durch eindringende
Kenntnis der mittel- und neuniederländ.
Sprache, die er in seiner
Ausgabe der Reimchronik des
Melis Stoke (1772) und in seinen
Anmerkungen zu Bondels
Übersetzung von Ovids
«Metamorphosen» bewährte.
Die bedeutendsten Nachfolger ten Kates und Huydecopers waren Frans van Lelyveld, Hinlopen, Clignett und Steenwinkel. Eine sehr ersprießliche Wirksamkeit entfaltete die 1766 gestiftete und noch jetzt blühende Maatschappij van Nederlandsche Letterkunde zu Leiden. [* 14] Anfang des 19. Jahrh. gewann der ausgezeichnete Prosaist van der Palm als Unterrichtsminister (1799‒1806) auch einen fördernden Einfluß auf den Sprachunterricht und trug wesentlich bei zur Festsetzung einer allgemein gültigen Rechtschreibung nach dem von Siegenbeek entworfenen System. (Vgl. Willems, Over de Hollansche en Vlaemsche schrijfwijzen van het Nederduitsch, Antw. 1824.) An Siegenbeek ward auch die erste, 1795 gegründete Professur der niederländ. Litteratur zu Leiden verliehen. Am engsten schloß sich an ihn Weiland, der außer einer Grammatik («Nederduitsche spraakkunst», Amsterd. 1805) ein großes Wörterbuch («Nederduitsch taalkundig woordenboek», 11 Bde., ebd. 1799‒1811) herausgab.
Dagegen bekämpfte Siegenbeeks Rechtschreibungslehre W. Bilderdijk. Schätzenswert sind auch die sprachwissenschaftlichen Arbeiten von J. ^[Justus oder Joast] Halbertsma, der sich besonders als Kenner des Friesischen auszeichnet, von Ypei («Beknopte geschiedenis der Nederlandsche tale», 2 Bde., Utr. und Gron. 1812‒32),
Lulofs («Gronden der Nederlandsche woordafleidkunde», Gron. 1833),
de
Jager («Taalkundige handleidning tot de statenoverzetting des Bijbels»,
Rotterd. 1837) u. a. Nach den Grundsätzen J. Grimms wurde die
niederländ.
Grammatik durch
Brill bearbeitet, dessen
«Hollandsche spraakleer»
(Leid. 1846) und «Nederlandsche
spraakleer» (ebd. 1852 u. ö.) die Hauptwerke für dieselben bilden.
Te Winkel
[* 15] hat sich durch gediegene Monographien, besonders
in der von ihm redigierten Zeitschrift
«De Taalgids» hervorgethan. Daneben entfaltete in
Belgien Willems eine ungewöhnliche
Thätigkeit für das Mittelniederländische
, dessen
Studium seitdem besonders durch Snellaert, Bormans,
Blommaert, die beiden Serrure,
David und
Heremans rüstig gefördert wurde.
Große Verdienste um die Herausgabe mittelniederländ. Denkmäler erwarb sich auch Hoffmann von Fallersleben. Die erste vollständige mittelniederländ. Laut- und Formlehre verdankt man dem Deutschen Franck (Lpz. 1883). In Holland standen lange Zeit Jonckbloet (s. d.) und M. de Vries (s. d.) an der Spitze der neuen Schule der vaterländischen Sprach- und Litteraturforschung. Außerdem haben auch Leendertz, van den Bergh, Verwijs, Moltzer, van Vloten, Brill, J. te Winkel, van Helten und Verdam, wie auch die Deutschen ¶
mehr
Martin und Franck ältere niederländ. Schriftwerke herausgegeben; auf dem Gebiete der germanistischen Studien überhaupt: Cosijn, Beckering, Vinckers, Gallé, van Helten, Symons und Boer.
Vgl. M. Heyne, Kleine altsächs. und altniederfränk.
Grammatik (Paderb. 1873); P. I. Cosijn, De oudnederlandsche Psalmen (Haarl. 1873); J. Franck, Mittelniederländ. Grammatik (Lpz. 1883);
W. L. van Helten, Middelnederlandsche Spraakkunst (Gron. 1887);
P. I. Cosijn, Nederlandsche spraakkunst; Ⅰ Etymologie (7. Aufl., Haarl. 1886);
Ⅱ Syntaxis (6. Aufl., ebd. 1838);
J. Verdam, De geschiedenis der Nederlandsche taal (Leeuwarden1890);
J. Vercoullin, Schets eener historische grammatica der Nederlandsche taal (Gent [* 17] 1892).
– Wörterbücher: das große Woordenboek der Nederlandsche taal (seit 1864 erscheinend) nach dem Muster des deutschen Wörterbuchs der Brüder Grimm;
E.Verwijs und J. Verdam, Middelnederlandsch woordenboek (’sGravenhage, seit 1883 erscheinend);
J. Franck, Etymologisch woordenboek der Nederlandsche taal (ebd. 1892);
J. Vercoullin, Bekinopt etymologische woordenboek der Nederlandsche taal (ebd. 1891).
Die poetische Litteratur der Niederlande wurde in ihren Anfängen teils von der franz., teils von der deutschen Dichtung beeinflußt. Aus der ersten Hälfte des 13. Jahrh. stammt eine Reihe höfischer Epopöen, welche meist dem karolingischen Sagenkreise, teils auch jenem von Artus oder dem klassischen, teils andern kleinen Gruppen angehören. Mit wenigen Ausnahmen sind sie Übersetzungen aus franz. Quellen und schon deshalb durchschnittlich von geringem dichterischem Werte. Zu den bedeutendern unter ihnen gehören der «Roman van Lancelot» (hg. von Jonckbloet, Haag [* 18] 1846‒49),
«Karel ende Elegast» (hg. von Jonckbloet, Amsterd. 1859; von J. Bergsma, Zütphen 1893),
der «Roman der Lorreinen», «Roman van Karel den Grooten» (Bruchstücke davon hg. von Jonckbloet, Leid. 1844),
«Walewein» (gedichtet von Penninc und Pieter Vostaert, hg. von Jonckbloet, 2 Bde., ebd. 1846‒48),
«Ferguut» (hg. von Verwijs und Verdam, Gron. 1881),
die Erzählung von «Floris ende Blancefloer» (gedichtet von Diederic van Assenede, hg. von Hoffmann von Fallersleben in dessen «Horae Belgicae», Bd. 3, Lpz. 1836; ferner von A. Thym und 1879 von H. E. Moltzer),
«Partonopeus» (hg. von Maßmann, Berl. 1847, und von J. H. Bormans, Brüss. 1871). Diese alle aber werden bei weitem übertroffen durch die der Tiersage angehörende Volksdichtung «Reinaert» (Reineke Fuchs). [* 19] Mit der Blüte [* 20] des Rittertums welkten auch jene Epopöen hin, und es ist eine seltene Ausnahme, wenn uns im «Roman van Limborch» von Hein von Aken (1280‒1330; hg. von van den Bergh, Leid. 1848) ein Ritterroman aus dem 14. Jahrh. begegnet. An ihre Stelle trat, den Bedürfnissen und Neigungen des aufstrebenden Bürgerstaates entsprechend, eine Dichtungsart, die, meist aus lat. Quelle [* 21] schöpfend, überwiegend einen didaktischen Zweck verfolgte.
Ihr Hauptvertreter in der zweiten Hälfte des 13. Jahrh. ist Jakob van Maerlant (s. d.). Ihm schließt sich unmittelbar der bedeutendste Dichter des 14. Jahrh. an, Jan Boendale, genannt Jan de Klerk, Schreiber (clerc) der Schöffen zu Antwerpen (geb. um 1285, gest. 1365), der zwei Reimchroniken verfaßte, die «Brabantsche Yeesten» (hg. von Willems, 2 Bde., 1839‒43, und Bormans 1869) und «Van den derden Edewaert»; ferner zwei Lehrgedichte: «Der Leken Spieghel» (1325‒30; hg. von de Vries, 3 Bde., Leid. 1844‒48) und «Jans Teesteye» (1331; hg. von Snellaert 1869). Unter den übrigen Lehrgedichten sind die bedeutendsten: der «Cato» (hg. von Jonckbloet, Leid. 1846) und das (von einigen dem Boendale zugeschriebene) «Dietsche Doctrinale» von 1345 (hg. von Jonckbloet, Haag 1842). Von geschichtlichen Gedichten verdienen besonders hervorgehoben zu werden: Lodewijk van Velthems Chronik (hg. von Lelong 1727 und von Jonckbloet 1840),
des Brabanters Jan van Heelu «Beschreibung der Schlacht von Woeringen» (hg. von Willem 1836; dazu van Wijns «Aanteekeningen», 1840),
der «Grimbergsche oorlog» (hg. von Serrure und Blommaert, Gent 1852),
Melis (Aemilius) Stokes wichtige Chronik von Holland (um 1305; hg. von Huydecoper, 3 Bde., Leid. 1772, und von Brill, Utr. 1885) und eine bis ins 15. Jahrh. reichende «Reimchronik von Flandern» (hg. von Kausler, Tüb. 1840). Unter den Legenden sind von Bedeutung: der «Theophilus» (hg. von Blommaert, Gent 1836, 1858, und von Verdam, Amsterd. 1882),
der «Brandaen» (hg. von Blommaert, ebd. 1836, 1858, von Verdam und von Bonebakker 1894) und das Gedicht «Beatrijs» (hg. von Jonckbloet, Amsterd. 1859). Von den zahlreichen legendenartigen Lebensbeschreibungen sind noch zu nennen: «Das Leben des St. Amand», der «St. Christina», «St. Lutgardis» und die in Limburger Mundart abgefaßte «Sinte Servatius legende» von Heinrich von Veldeke (hg. von Vermeulen, Utr. 1843). Die Lyrik hat nur wenige Proben und keinen bedeutenden Vertreter aufzuweisen. Erheblicher sind die Erzeugnisse des Dramas, dessen Anfänge ebenfalls in diese Zeit fallen. Vgl. Altniederländ. Schaubühne (in Hoffmanns von Fallersleben «Horae Belgicae», Bd. 6, Bresl. 1838); Een cluyte van Playerwater (hg. von Mertens, Antw. 1838); H. E. Moltzer, De Middelnederlandsche dramatische Poëzie (1868‒75), und F. von Hellwald, Geschichte des holländ. Theaters (Rotterd. 1874).
Um die Mitte des 14. Jahrh. bildete sich die niederländ. Prosa aus, deren Meister der Mystiker Ruysbroek (s. d.) war und unter deren Erzeugnissen die sog. «Limburgsche Sermoenen» (hg. von J. H. Kern, Gron. 1891 fg.) zu nennen sind. Dagegen begann die Lehrdichtung zu ermatten, und an die Stelle der langatmigen Reimchroniken, Sittenspiegel und wissenschaftlichen Abhandlungen traten kürzere, oft improvisierte Gedichte, die gern Erzählung und Sittenlehre zu vereinigen suchten.
Die Dichter, welche diese neue Gattung pflegten und oft ein Wanderleben führten, nannte man Sprekers; den größten Ruhm unter ihnen erlangte der am Hofe der Grafen von Holland lebende Willem von Hildegaersberch (um 1350‒1408). Allgemach hatte sich nun auch die Kluft zwischen Adel und Bürgerstand erheblich vermindert, so daß der bedeutendste Dichter des 15. Jahrh., Derc Potter (gest. 1428), ein Mann aus den höhern Kreisen, wiederum ein größeres höfisches Werk zur Unterhaltung der vornehmen Gesellschaft auf jener bürgerlichen Grundlage der Spruchdichtung zu dichten unternahm («Der Minnen Loep», hg. von Leendertz, Leid. 1845‒47), in dem er eine Reihe von Liebesgeschichten abwechselnd mit Sittenlehren zu einem Ganzen verwob. Ja sogar persönlich reichten sich bald beide Stände die Hand [* 22] zur Verfolgung ¶
mehr
gemeinsamer litterar. Zwecke in den Kammern der Rederijker (vom frz. Rhétoricien), d. h. Dichter. Diese Kammern, die zu Anfang des 15. Jahrh. unter franz. Einfluß entstanden, waren poet. Vereine, die sich an bestimmten Zeiten und Orten zu poet. Übungen und Vorträgen, besonders aber zur Ausarbeitung und Aufführung von Schauspielen versammelten. Der dichterische Gehalt ihrer Erzeugnisse ist durchgehends gering; doch wurden sie von Bedeutung für die Litteratur, weil sie durch ihre Schauspiele unmittelbar auf das Volk wirkten.
Eine dieser Kammern zu Amsterdam,
[* 24] genannt «In liefde bloeiende» (in Liebe blühend), hat sich
um die Hebung der Schriftsprache
besonders verdient gemacht. Ihre Mitglieder Coornhert und die Kaufleute
Roemer Visscher und Hendrik Laurenszoon Spiegel
[* 25] gaben zuerst den Bemühungen dieser Kammer einen festen Halt, teils durch Abfassung
grammatischer Schriften, teils durch ihre Versuche, prosaische und poet. Musterwerke zu liefern. Sie wurden übertroffen durch
Hooft, Vondel und Huyghens, welche die vaterländische Litteratur zum höchsten Gipfel erhoben.
Joost van den Vondel (1587‒1679) leistete das Höchste, was die niederländ. Litteratur überhaupt aufzuweisen hat, Vorzügliches im Drama und in der Satire sowie in allen übrigen Gattungen, mit Ausnahme des Epos. Im Gegensatz zu diesen drei Meistern wollte Jak. Cats (1577‒1660) zu Dordrecht [* 26] nur für das große Publikum schreiben und erreichte durch eine fließende Darstellung seinen Zweck so vollkommen, daß «Het boek van Vader Cats» länger als ein Jahrhundert im Bürgerstande als zweites Hausbuch nächst der Bibel [* 27] galt. In Allegorie und heiterer Erzählung leistete er Vortreffliches.
Unter den zahlreichen Nacheiferern dieser Männer erwarben sich besonderes Lob: Roemer Visschers fein gebildete Töchter Maria Tesselschade und Anna, beide gewandt in kleinen Gedichten und Übersetzungen;
Jak. Westerbaan (gest. 1670) durch eine lehrhafte Beschreibung seines Landhauses Ockenburg;
der Philolog Dan. Heinsius (gest. 1655), der auf Opitz so bedeutenden Einfluß übte, durch lyrische, elegische und sinnbildliche Gedichte;
Joh. van Heemskerk (gest. 1656) durch «Minnedichten» nach Ovid und ein Lehrgedicht «Batavische Arcadia», und der gefühlvolle Jerem. de Dekker (gest. 1666) durch lyrische und epigrammatische Gedichte.
Die meiste Selbständigkeit zeigt Dirk Camphuysen (gest. 1627) in seinen geistlichen Liedern; geringe dagegen ein anderer geistlicher Liederdichter, Joannes Vollenhove (gest. 1708). Das Drama hatte schon Bredero (1585‒1618) mit Beifall behandelt, und zwar das Lustspiel in der niedrigen, aber malerischen Sprache des Markts. Höheres erstrebte Sam. Coster, der ein Liedhabertheater gründete, welches dann mit der Kammer In liefde bloeiende verschmolz und zur Erbauung des ersten massiven Schauspielhauses zu Amsterdam führte, das mit Vondels «Gijsbrecht van Amstel» eingeweiht wurde.
Auch andere Dichter versuchten sich auf dem Gebiete des Dramas, wie Gerard Brandt (gest. 1685), der auch im Epigramm und der histor. Prosa sich auszeichnete; Joach. Oudaan (gest. 1692), ein freisinniger Mann, der seine polit. Ansichten mutig aussprach und trotz einer harten Schreibart als Lyriker Lob verdient; ferner Reinier Anslo (gest. 1669), der die Pariser Bluthochzeit dramatisierte und eine berühmte Beschreibung der Pest zu Neapel [* 28] entwarf; endlich Joannes Antonides van der Goes (gest. 1684), berühmt wegen seines beschreibenden Gedichts «De Ystroom», worin er Amsterdam verherrlichte. ^[]
Die ersten großen Dichter am Anfange des 17. Jahrh. hatte die Begeisterung für die Freiheitskriege beseelt. Als aber diese erlosch und behaglicher Genuß des Errungenen an ihre Stelle trat, sank auch alsbald die Litteratur. Das Verderben erreichte den Gipfel, seit nach Aufhebung des Edikts von Nantes [* 29] (1685) mit den zahlreichen hugenottischen Flüchtlingen franz. Einfluß mächtig hereinbrach. Hauptverfechter der franz. Poetik und namentlich der drei Einheiten im Drama ward der unbedeutende Dichter Andries Pels zu Amsterdam. Die von ihm begründete Kunstgenootschap, ein poet. Verein, übte lange Zeit eine nachteilige Einwirkung auf die Poesie aus. Die Bemühungen mehrerer vaterländisch gesinnter Männer, wie des feinfühlenden Minnedichters Jan Luyhen (gest. 1712), des Naturdichters Hubert Corneliszoon Poot (gest. 1733) und des Lyrikers Jan van Broekhuizen (gest. 1707), vermochten nicht dagegen aufzukommen. Nur wenige Namen heben sich aus der Menge bloßer Versmacher hervor, wie Lukas Rotgans (gest. 1710) mit einem histor. Gedicht auf Wilhelm Ⅲ.; Arnold Hoogvliet (gest. 1763) mit einem biblischen Epos «Abraham de Aartsvader»; Sybrand Feitama (gest. 1758),
der an seine glatte, aber steife Übersetzung der «Henriade» 20 Jahre, und 30 an die des «Telemach» vergeudete. Gehaltvolleres bot Nik. Simonszoon van Winter (gest. 1795) in seiner Beschreibung des Amstelstroms und mehrern Dramen, wie auch seine Gattin Lucretia Wilhelmine, geborene von Merken (gest. 1798),
in Dramen, Epen und einem wackern Lehrgedicht: «Het Nut der Tegenspoeden»; desgleichen auch die Gebrüder Willem und Onno Zwier van Haren, jener durch ein romantisches Epos «Friso», dieser durch eine lyrische Geschichtserzählung «De Geuzen»; ferner Lukas Trip (gest. 1783) durch Gedichte geistlichen Inhalts. Selbständiges Streben zeigte der Lustspieldichter Piet Langendijk (gest. 1756); burleske Gedichte im niedrigsten Stile lieferte W. van Focquenbroch (gest. 1695).
Endlich um 1770 machte sich ein entschiedener Schritt zur Besserung bemerkbar durch die Beschäftigung mit der eben mächtig aufsteigenden deutschen und durch die Bekanntschaft mit der engl. Litteratur. Am frühesten und vollsten kam dieser Umschwung der Lyrik zu gute. Unmittelbar unter deutschem Einflüsse dichteten Hieronymus van Alphen, Jakob Bellamy und Rhijnvis Feith, während Pieter Nieuwland (1764‒94) mehr nach den Römern und Griechen sich bildete. Willem Bilderdijk, ausgestattet mit vorzüglicher Begabung und großer Sprachgewandtheit, glänzte in allen poet.
Gattungen, vermochte jedoch keiner einen neuen schöpferischen Geist einzuhauchen. Wärmer ist der Lyriker J. F. Helmers, der besonders durch sein beschreibendes Gedicht «De Hollandsche Natie» großen Beifall fand. Durch Gedankentiefe zeichnete sich im lyrischen und Lehrgedicht der Kantianer Joh. Kinker vorteilhaft aus. Der gemütliche Hendrik Tollens (1780‒1856) war als Lyriker lange der erklärte Liebling seines Volks. Ferner fanden beifällige Aufnahme die Lyriker Cornelis Loots (1765‒1834), Adriaan Loosjes (1761‒1818), der sich auch im Drama und Roman versuchte, Ad. Simons (1770‒1834), Hazo Albert Spandaw, der originelle und humoristische A. C. W. Staring van den Wildenborch (gest. 1840), ¶