Niam
-Niam
Norddeutscher Lloyd -
![Bild 62.415: Norddeutscher Lloyd - Nordenberg [unkorrigiert] Bild 62.415: Norddeutscher Lloyd - Nordenberg [unkorrigiert]](/meyers/thumb/62/62_0415.jpeg)
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Norden. großer, zu den Nubavölkern gehöriger Volksstamm in Zentralafrika, unter 4-6° nördl.
Br.,
im Gebiet der
Quellen des
Bahr el Gazal und der
Wasserscheide zwischen diesem und den entweder zum
Congo
oder zum
Schari fließenden Gewässern, welcher so von den
Dinka, auf den Kannibalismus des
Volkes anspielend, genannt wird,
während derselbe bei den
Monbuttu Babungera, bei den
Mittu Makaraka oder Kakaraka heißt. Die Niam
-Niam, deren Zahl 2 Mill. betragen
soll, haben sich, kurz ehe die ersten
Europäer zu ihnen kamen, nach
Norden
[* 2] hin ausgebreitet, die Negerstämme,
auf welche sie stießen, unterjochend oder vertreibend.
Ihre
Vorposten stehen bereits an den
Grenzen
[* 3] von
Dar Fur,
[* 4] wo die
Kredsch ihnen zugehören; im O. sind die durch fremde Zumischung
ihnen entfremdeten
Bongo den Niam
-Niam zuzurechnen. Die Niam
-Niam sind mittelgroß, untersetzt und fleischig.
Die
Köpfe sind gerundet, die
Gesichter breit. Die
Stirn ist gewölbt, die
Nase
[* 5] eingedrückt, gerade oder auch semitisch gebogen,
mit stumpfer
Spitze und breiten
Flügeln. Die sehr großen
und offenen
Augen sind mandelförmig und etwas schräg gestellt,
die
Lippen sehr breit.
Die Hautfarbe ist rotbraun, das wollig-krause
Haar
[* 6] wird in phantastische
Flechten
[* 7] und
Knoten gelegt, auch
zu einem
Strahlenkranz geflochten, der den
Kopf wie ein
Heiligenschein umgibt. Als Stammesabzeichen tättowieren sich die Niam
-Niam drei
oder vier mit
Punkten ausgefüllte
Quadrate auf
Stirn,
Schläfen und
Wangen, ferner eine ╳-förmige punktierte
[* 1]
Figur auf der
Magengrube. Außerdem tragen sie mancherlei individuelle Tättowierungen. Die Schneidezähne feilen
sie spitz.
Hütten - Hüttenberg [u
![Bild 59.458: Hütten - Hüttenberg [unkorrigiert] Bild 59.458: Hütten - Hüttenberg [unkorrigiert]](/meyers/thumb/59/59_0458.jpeg)
* 8
Hütten.Als Kleidung dient ein Fellschurz, auf dem Kopf wird eine vierkantige, mit Federn ausgeputzte Strohmütze getragen. Zieraten sind Schnüre von Zähnen, Glasperlen und Drahtringe um Arme und Beine, die letzten namentlich bei den Weibern. Ihre kegelförmigen, gut gebauten Hütten [* 8] sind zu kleinen Weilern gruppiert, die inmitten der Ackerfelder liegen; auf letztern bauen die Frauen Eleusine, Bataten, Mandiok, Yams und Tabak. [* 9] Einzige Haustiere sind Hunde, [* 10] die man mästet, und Hühner. [* 11]
Die Männer betreiben die Jagd. Die Menschenfresserei herrscht bei allen Stämmen; dem Menschenfett schreibt man eine berauschende Wirkung zu. Ihre Waffen [* 12] sind Lanzen, hübsch gearbeitete Dolche, Krummsäbel, zackige Wurfeisen, länglich-oval geflochtene Schilde; seltener Bogen [* 13] und Pfeile. Im Familienleben zeigt sich ein größerer Grad von Kultur als bei allen andern Völkern dieser Gegenden. Es herrscht Vielweiberei, doch hängen die Männer mit großer Liebe an ihren Frauen.
Die Kunstfertigkeit der Niam
-Niam in
Holzschnitzerei, Töpferarbeiten und Schmiedearbeiten ist nicht gering.
Als Zeitvertreib haben sie das Mangalaspiel, das auf einem
Brett mit 16 Löchern gespielt wird, wobei jeder
Spieler 24
Kauris
mit sich führt.
Ihre mit geschnitzten
Menschen- und Tierköpfen verzierten
Harfen erinnern an die altägyptische; das
Spiel
begleiten sie mit
Gesang. Auch benutzen sie hölzerne
Glocken und
Pfeifen. Sie haben professionelle
Sänger,
die sich phantastisch aufputzen.
Afrikanische Völker

* 14
Völker.
Die
Leichen werden mit
Fellen und
Federn geschmückt und in sitzender
Stellung oder in hohlen Baumstämmen liegend beerdigt.
Auf dem Grabhügel wird eine
Hütte errichtet. Über die religiösen
Anschauungen der Niam
-Niam wissen wir so gut wie nichts. Eine
große
Rolle spielen die Zauberer und die Augurien, die vor jeder
Unternehmung angestellt werden. Auch
Gottesurteile zur Feststellung
der
Schuld oder Unschuld eines
Menschen kommen vor. Die Niam
-Niam teilen sich
in Freie und Sklaven. In politischer Beziehung herrscht
große Zersplitterung; mehr als 100 erbliche
Fürsten (Bjän) herrschen im Land, aber nur einige besitzen
ein größeres Gebiet.
Ihre
Würde ist erblich und ihre
Regierung despotisch. S. Tafel
»Afrikanische
Völker«,
[* 14] Fig. 17.
Vgl. Schweinfurth, Im Herzen von Afrika [* 15] (Leipz. 1878).