Nevers
(spr. nöwähr), Hauptstadt des franz. Departements Nièvre, malerisch am Einfluß der Nièvre in die Loire und an der Eisenbahn Paris-Nevers-Lyon (mit Abzweigung nach Chagny und Clamecy) gelegen, hat an hervorragenden Bauwerken eine alte, neuerdings restaurierte Kathedrale, St.-Cyr, eine Kirche, St.-Etienne, ein ehemaliges herzogliches Schloß (aus dem 15. Jahrh., gegenwärtig Justizpalast), ein Präfekturgebäude und eine Triumphpforte zum Andenken an die Schlacht von Fontenoy.
Die Zahl der Bewohner beträgt (1886) 20,935. Von hoher Bedeutung ist die
Industrie von Nevers
, welche durch ein Staatseisenwerk, das der
Marine
Schiffsgeschütze und
Projektile liefert, durch
Fabriken für
Draht,
[* 2]
Feilen etc., namentlich aber durch Fabrikation von
Porzellan und
Fayence,
[* 3] eine
Industrie, welche im 16. Jahrh. durch
Italiener
hier begründet wurde und sehr geschätzte
Produkte liefert, vertreten ist. Nevers
bildet außerdem das Verkehrszentrum
für die ausgebreitete metallurgische
Industrie des
Departements (s.
Nièvre) und treibt lebhaften
Handel mit
Wein,
Getreide,
[* 4] Vieh
und Manufakturen.
Als Kommunikationswege dienen außer der
Eisenbahn die von
Dampfschiffe befahrene
Loire, der Seitenkanal dieses
Flusses und die
an letztern in der
Nähe von Nevers
sich anschließenden
Kanäle von
Berry und
Nivernais. Von Bildungsanstalten
besitzt Nevers
ein
Lyceum, ein großes und ein kleines
Seminar, eine
Lehrerinnen-Bildungsanstalt, eine
Kunstschule, öffentliche
Bibliothek,
Museen für
Fayencen,
Antiquitäten,
Münzen,
[* 5] Gemälde und
Mineralien
[* 6] sowie mehrere wissenschaftliche und gemeinnützige
Gesellschaften. Es ist Sitz des
Präfekten, eines
Bischofs, eines Assisenhofs, eines Handelsgerichts, eines
Generalrats für
Manufakturen, einer
Handelskammer sowie einer
Filiale der
Bank von
Frankreich. 12 km von Nevers
liegt der besuchte
Badeort Pougues mit kalten
Mineralquellen (12° C.), deren
Wasser
Ähnlichkeit
[* 7] mit dem von
Spaa und von
Selters
hat. - Nevers
war zur
Römerzeit
eine Stadt der
Äduer und hieß
Noviodunum und später Nevirnum.
Unter
Chlodwig wurde 506 hier ein
Bistum errichtet.
Grafen von Nevers
oder
Nivernais kommen zuerst im 9. Jahrh.
vor; ein
Graf
Wilhelm von Nevers
nahm an dem Kreuzzug von 1100 teil. Nachdem ihr
Geschlecht 1184 im Mannesstamm erloschen, kam die
Grafschaft
Nivernais durch
Heirat der Erbin
Agnes an
Peter von
Courtenay, lateinischen
Kaiser in
Konstantinopel,
[* 8] und ging von den
Courtenays immer durch
Heirat an die
Häuser
Donzy,
Châtillon,
Bourbon und
Flandern über.
Margarete,
Erbtochter
von
Flandern, brachte durch ihre zweite Vermählung mit
Philipp dem
Kühnen von
Burgund diesem Nevers
zu, welcher seinen zweiten
Sohn, der bei
Azincourt 1415 fiel, zum
Grafen von Nevers
ernannte.
Von diesem burgundischen
Grafen von Nevers
ging die
Grafschaft 1491 auf
Engelbert von
Kleve über, dessen
Vater
Johann I. 1455 eine
Enkelin
Philipps des
Kühnen geheiratet hatte. König
Franz I. erhob 1538 die bisherige
Grafschaft Nevers
zum Herzogtum. Der erste
Herzog von Nevers
war
Franz I. von
Kleve. Da seine
Söhne
Franz II. und
Jakob keine
Kinder hatten, erbte ihre
Schwester
Henriette, die Gemahlin
Ludwigs von
Gonzaga-Mantua, das Herzogtum. Ihr Enkel
Karl III. verkaufte Nevers
1659 an den
Kardinal
Mazarin.
Letzterer vererbte dasselbe auf seinen
Neffen
Phil.
Julien
Mancini-Mazarini (geb. 1641, gest. 1707), dessen Nachkommen in
gerader
Linie nun den
Titel der
Herzöge von Nevers
oder
Nivernais führten.