Neusilber
(Argentan,
Weißkupfer,
Pakfong,
German silver,
Cuivre blanc,
Maillechort),
Legierungen aus
Kupfer,
[* 2]
Zink und
Nickel,
welche man als
Messing mit einem Zusatz von 1-33 Proz. (gewöhnlich 25 Proz.)
Nickel betrachten kann. Zur
Darstellung bringt man die zerkleinerten
Metalle gemischt in einen
Tiegel in der
Weise, daß
oben und unten etwas
Kupfer zu liegen kommt, bedeckt das Ganze mit Kohlenpulver und rührt während des
Schmelzens
öfters mit einem eisernen
Stab
[* 3] um. Bisweilen schmelzt man auch das
Kupfer mit einem Drittel
Zink und
Nickel
und fügt den Rest der beiden
Metalle in mehreren
Portionen hinzu. Das geschmolzene Neusilber
gießt
man in eisernen
Formen zu
Platten.
Die
Zusammensetzung des Neusilbers
ist sehr verschieden, doch gelten im allgemeinen folgende
Zahlen:
Kupfer | Zink | Nickel | |
---|---|---|---|
Ordinäres Neusilber, gelblich, leicht anlaufend |
8 | 3.5 | 2 |
Leicht schmelzendes Gußneusilber |
8 | 6.5 | 2 |
Weißes Neusilber, zwölflötigem Silber ähnlich |
8 | 3.5 | 3 |
Bestes Neusilber, mit einem Stich ins Bläuliche, wenig anlaufend |
8 | 3.5 | 4 |
Durch einen
Gehalt von 2-3 Proz.
Eisen
[* 4] wird Neusilber
bedeutend weißer, aber auch härter und spröder;
Arsen vermindert die
Geschmeidigkeit.
Dem Neusilber
sehr ähnliche
Legierungen erhält man aus
Kupfer,
Zink und
Mangan. Das Neusilber
ist gelblichweiß bis fast
silberweiß, von dichtkörnigem oder feinzackigem
Bruch, spez. Gew. 8,4-8,7,
fester und härter, aber fast ebenso dehnbar wie
Messing, sehr politurfähig, beständig an der
Luft, wird von saurer
Flüssigkeit
viel weniger
¶
mehr
als Kupfer und Messing angegriffen und schmilzt bei anfangender Weißglut. Das Neusilber
findet ausgedehnteste Verwendung zu
Pferdegeschirr, Beschlag, Reflektoren, allerlei Kurzwaren, namentlich auch zu Tischgerät, und wird für diesen Zweck meist versilbert
(Alfénide, Argyroide, Argyrophan, Semilargent, Alpaka, Perusilber, Chinasilber, Christoflemetall, Elektroplate); gut versilberte
Ware enthält 2 Proz. Silber. Honduras
[* 6] und Chile
[* 7] prägen Scheidemünze aus Neusilber.
Dasselbe kam zuerst vor etwa 150 Jahren
als Pakfong oder Paktong aus China
[* 8] nach Europa
[* 9] und wurde 1776 von Engström analysiert.
Eine ähnliche Legierung stellte man um jene Zeit aus Suhler Weißkupfer dar, die Neusilber
fabrikation aber begann auf Anregung
des »Vereins zur Beförderung des Gewerbfleißes in Preußen«
[* 10] 1824 durch Henniger in Berlin
[* 11] und Geitner in
Schneeberg; 1825 folgte Gersdorff in Wien,
[* 12] welcher die erste europäische Nickelfabrik zu Reichenau in Unterösterreich errichtete.
Jetzt blüht die Neusilber
industrie besonders in Berlin, im Kreis
[* 13] Altena,
[* 14] in Iserlohn
[* 15] und Hannover,
[* 16] in Frankreich und Birmingham.
[* 17]
Mittelpunkt der Neusilber
industrie war stets Berlin und ist es auch nach der Reform des Kunstgewerbes seit 1873 geblieben.
Während Paris
[* 18] (Christofle) fast ausschließlich schmuckloses Gebrauchsgerät fabriziert, erzeugt Berlin und neuerdings auch
Württemberg
[* 19] (Eßlingen)
[* 20] künstlerisch ausgestattetes Luxusgerät (monumentale Tafelaufsätze, Ehrengaben, Schalen, Jardinieren,
Bowlen etc.) nach Entwürfen hervorragender Künstler. Bei der geringen Kostspieligkeit des Materials kann bei der
Herstellung der Modelle durch Bildhauer größerer Aufwand gemacht werden, und deshalb übertreffen die Tafelgeräte in Neusilber
diejenigen
aus Edelmetall meist an Reichtum der figürlichen und ornamentalen Dekoration.
Das Neusilber
wird galvanisch vergoldet, oxydiert, verkupfert, so daß farbige Wirkungen entstehen, welche durch Emailmalerei noch
erhöht werden. Einen besondern Reiz erhalten die Erzeugnisse aus Neusilber
noch durch Verbindung mit Muscheln
[* 21] (Nautilus), Kristall, farbigem und gemustertem Glas,
[* 22] Majolikaplatten und -Körpern etc. Dadurch hat sich die Industrie zu großer
Vielseitigkeit entwickelt und für den Weltmarkt eine große Bedeutung gewonnen. Künstlerisch steht sie fast ausschließlich
unter dem Einfluß der Renaissance.