Titel
Neuguinea
(hierzu
Karte »Neuguinea
etc.«),
die größte
Insel der
Erde, an der Westgrenze des
Stillen
Ozeans, von dem es im
Norden
[* 2] bespült wird, während es im S. das
Korallenmeer,
die
Torresstraße und das Arafurameer von
Australien,
[* 3] im W. die Dschilolostraße von
Dschilolo,
Ceram u. a. scheiden. Neuguinea
hat
mit der nur durch die schmale, aber tiefe
Durga- oder Mariannenstraße von ihm getrennten, 11,000 qkm
(200 QM.) großen Frederik
Hendriks-Insel ein
Areal von 785,360 qkm (14,263 QM.), ist also erheblich größer als
Borneo.
Dazu gehört noch geographisch wie politisch eine Anzahl von
Inseln und Inselgruppen an der Nordwest- und an der Südostküste
im
Umfang von 12,596 qkm (410 QM.), so daß das Gesamtareal von Neuguinea
und
den Nebeninseln 807,956 qkm (14,673 QM.) beträgt. Dieses
Areal ist verteilt unter die
Niederlande,
[* 4]
Deutschland
[* 5] und
England.
Der niederländische
Anteil, die ganze westlich vom 141.
Meridian gelegene Hälfte von Neuguinea
, mißt 382,140 qkm (6940 QM.), wozu
noch die der Nordwestküste vorgelagerten, 7788 qkm (141 QM.) großen
Papuainseln
(Waigëu,
Salwati,
Misol u. a.), die 347 qkm (6,3 QM.)
großen
Inseln an der Westküste (Sabuda,
Adé u. a.) und die 6927 qkm (126 QM.) messenden
Inseln der
Geelvinkbai (Jobi, Misorigruppe,
Miosuari, Amberpon u. a.) kommen, so daß der ganze
Besitz der
Niederlande ein
Areal von 397,202 qkm (7213
QM.) hat.
Deutschlands
[* 6]
Anteil, das
Kaiser Wilhelms-Land, erstreckt sich an der
Nordküste Neuguineas
vom 141.° östl. L. v. Gr.
bis zu dem
Punkt in der
Nähe von
Mitre
Rock, wo der 8.° südl.
Br. die
Küste schneidet, und wird nach
S. und W. begrenzt durch
eine
Linie, welche zunächst dem 8. Breitengrad bis zu dem
Punkt folgt, wo derselbe vom 147.° östl. L.
durchschnitten wird, dann in einer geraden
Linie in nordwestlicher
Richtung auf dem Schneidepunkt des 6.° südl.
Br. und des
144.° östl.
L. und weiter in westnordwestlicher
Richtung auf den Schneidepunkt des 5.° südl.
Br. und 141.° östl.
L. zuläuft und von hier ab nach
Norden, diesem Längengrad folgend, wieder das
Meer erreicht. Das deutsche Gebiet mißt 181,650
qkm (3299 QM.). Der englische
Besitz umfaßt den ganzen südlich von der deutschen und östlich von der niederländischen
Grenze belegenen Teil Neuguineas
, ein
Areal von 221,570 qkm (4024 QM.), wozu noch die
Inseln an der Südostspitze
(Moresby-,
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d'Entrecasteaux-, Kirvirai- oder Trobriand-, Mudschu- oder Woodlarkinseln und der Louisiadenarchipel), 7532 qkm (137 QM.) messend, kommen, so daß Englands Besitz 229,100 qkm (4161 QM.) enthält. Die Hauptinsel wird im Norden und O. vom Stillen Ozean bespült, schmale Meeresstraßen trennen sie von den südwestlichen Inseln des Neubritannia-Archipels (Issumruda-, Vitiazstraße) und den Gruppen d'Entrecasteaux und Moresby (Ward Hunt-, Goschen-, Chinastraße).
Grenzpunkte sind im Norden das Kap der Guten Hoffnung (0° 19' südl. Br.), im W. Kap Salu oder Saylee gegenüber der Insel Salwati
(130° 45' östl. L. v. Gr.), beide im äußersten Nordwesten,
im O. das Ostkap (150° 48'), im S. das Südkap (10° 43'). Die Hauptrichtung des Landes geht von WNW.
nach OSO.; die größte Länge in dieser Richtung beträgt 2400 km; die größte Breite
[* 8] (660 km) hat Neuguinea
unter 142° östl. L. v. Gr.
Es besteht aus einem zentralen Körper und zwei Halbinseln, einer nordwestlichen, welche durch die von Norden her tief eindringende
Geelvinkbai gebildet und wiederum durch den Mac Cluergolf (Telok Beru) in zwei kleinere Halbinseln geteilt
wird, und einer südöstlichen, die durch das Eindringen des Papuagolfs von S. her und des Huongolfs im O. entsteht. An ihrem
Ende gabelt sich letztere in einen schmalen nördlichen Ausläufer, der im Ostkap endet, und einen breitern
südlichern, zwischen denen die Milnebai eingeschlossen ist.
An der deutschen Nordostküste, dem Kaiser Wilhelms-Land, sind die nennenswertesten Einschnitte der weite Huongolf, in den fünf
ansehnliche Flüsse
[* 9] münden, der Finschhafen, der von zwei hintereinander liegenden Becken gebildet ist, die Astrolabebai mit
dem Port Konstantin, einer kleinen Bucht ohne Schutz und Ankergrund, dem Prinz Heinrich- und dem Friedrich Wilhelms-Hafen
(letzterer der günstigste an der ganzen Nordküste von Neuguinea
), und der durch zwei vorliegende Inseln gebildete Hatzfeld-Hafen
mit trefflichem Ankergrund.
Unter 3° 52' südl. Br. und 144° 32' östl. L. v. Gr. mündet der Kaiserin Augusta-Fluß, der eine leicht zugängliche und
benutzbare Fahrstraße bis hart an die Grenze des deutschen Schutzgebiets bildet. Ebenfalls zur Nordküste
fließt der zum niederländischen Neuguinea
gehörige Amberno oder Rochussen, der in zahlreichen Mündungsarmen sich
in die Geelvinkbai ergießt, von denen aber nur einer, welcher bei Kap d'Urville mündet, befahrbar ist. Nach S., auf britischem
Gebiet, fließt der Fly, welcher im Herzen der Insel, in den Viktor Emanuel-Bergen, entspringt und, ein großes
Delta
[* 10] bildend, in den Papuagolf sich ergießt; er nimmt rechts die Alice, weiterhin links den Strickland River auf.
Nicht weit vom Fly mündet der Baxter oder Maikassa. Die Küsten von Neuguinea
sind im allgemeinen hoch; mitunter steigt das
Gebirge unmittelbar vom Meer auf, namentlich an der Nordküste und der Westküste der Nordwesthalbinsel. Die Südküste ist
niedrig und mit Mangrovesümpfen bedeckt. Östlich von der Redscarbai wird dieselbe von einem Korallenriff besäumt. Wo die
Ufer flach sind, dringt das Meer in unzähligen Kanälen ins Land, dasselbe in lauter kleine Inselchen zerspaltend.
Das Innere der Insel wird von Gebirgen durchzogen, die noch wenig erforscht sind, aber jedenfalls zu den bedeutendsten der Erde gehören. Das Charles Louis-Gebirge hebt im S. der Geelvinkbai bei dem steilen Kap Burru an und zieht bis zum Kap König Wilhelm, nördlich vom Huongolf. Hier sind das Finisterregebirge mit dem Schopenhauerberg (6118 m) und dem Kantberg (5725 m) sowie die Bismarck-Kette vorgelagert. Gipfel von 2900-5100 m erheben sich im westlichen Teil des Zugs.
Diesem zentralen Gebirge schließt sich im Norden des Papuagolfs das Owen Stanley-Gebirge an, das die südöstliche Halbinsel durchsetzt und in die Stirlingkette ausläuft, welche im Ostkap ihr Ende findet. In der Mitte der Kette steigt der Owen Stanley zu 4024 m an. In der Nordwesthalbinsel sind das Arfakgebirge (2900 m), an der Nordküste des mittlern Teils das Gautiergebirge (2000 m) und das Cyklopgebirge (1800 m), weiter östlich, auf deutschem Gebiet, das Torricelligebirge zu nennen.
Die Naturprodukte Neuguineas
erscheinen nicht unbedeutend. Von Metallen ist bisher nur Gold
[* 11] und dies auch
nur in sehr geringen, nicht lohnenden Mengen an der Südküste gefunden worden. Die Gesteine
[* 12] sind wahrscheinlich großenteils
ältere sedimentäre Felsarten, namentlich Schiefer aller Art, die von ältern eruptiven Gesteinen durchbrochen sind, und aus
denen ohne Zweifel das Gold kommt, das sich in den Alluvionen findet. An der Westküste treten auch Gesteine
der Jurabildung auf.
Der Boden ist fast überall von großer Fruchtbarkeit, fast alles mit dichten Urwäldern bedeckt; größere Flächen mit Grasvegetation sind selten. Zu den wertvollsten Bäumen gehören der Kampferbaum, die Sagopalme, der wilde Muskatbaum, die Zeder; eine Laurinee liefert die Massoirinde, welche als Heilmittel seit alters nach Indien und China [* 13] ausgeführt wird. Auch der Brotfruchtbaum fehlt nicht. Die Eingebornen kultivieren Reis, Mais, Yams, Kokosnüsse, Sago, verschiedene Arten Zuckerrohr, Bananen, Tabak, [* 14] eine Flachsart.
Die Tierwelt hängt mit der der Molukken und Nordaustraliens eng zusammen. Von Säugetieren fehlen die höhern Arten; von Beuteltieren zählt man 31, von Monotremen 2, von Mäusen 11 und von Fledermäusen 31 Arten, also von einheimischen Säugetieren 67 Arten. Das Schwein, [* 15] jetzt in zahmem und wildem Zustand anzutreffen, wurde wahrscheinlich aus China hierher verpflanzt. Reptilien, darunter mehrere Giftschlangen, und Amphibien, darunter das Krokodil, haben bisher 156 Arten geliefert.
Von den Produkten der sehr fischreichen Meere sind namentlich die eßbare Schildkröte, die Karettschildkröte und der Trepang
zu nennen. Käfer
[* 16] und Schmetterlinge
[* 17] sind durch Schönheit und Eigentümlichkeit ausgezeichnet; schädliche Insekten
[* 18] sind zahlreich.
Von keinem Teil der Erde wird Neuguinea
aber hinsichtlich der Schönheit seiner Vögel
[* 19] übertroffen, unter denen
die Paradiesvögel
[* 20] die vorzüglichsten sind. Das Klima
[* 21] ist heiß und feucht und während der nassen Jahreszeit an den niedrigen
Küsten sehr ungesund. An der Astrolabebai im Kaiser Wilhelms-Land ist die höchste Temperatur 31,8,° die niedrigste 22°,
die mittlere 26,2° C. Regentage gibt es 150, und die mittlere jährliche
Regenhöhe beträgt 2393,6 mm. An der Nordküste weht vom April bis September der Südostmonsun, vom November bis März der Nordwestmonsun;
im Norden bringt der letztere, im S. der erstere den Regen. Erdbeben
[* 22] sind eine häufige Erscheinung in Neuguinea.
- Die Bewohner Neuguineas,
deren Zahl verschieden auf 500,000 bis 2½ Mill. geschätzt wird, gehören zur melanesischen Rasse (s.
Tafel »Ozeanische Völker«,
[* 23] Fig. 9) und werden gewöhnlich als Papua (s. d.) bezeichnet. Sie sind im Westteil von Malaien, die
dort den Islam zum Teil eingeführt haben, im SO. von Polynesiern beeinflußt
worden. Während die Bewohner der Südwestküste
zum Teil ohne Wohnsitze in den Wäldern umherschweifen, bebauen andre das Land sehr sorgfältig und zeigen
große Geschicklichkeit in der Anfertigung ihrer Waffen,
[* 24] Geräte und Boote. Die
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Bemühungen der deutschen Missionäre in Doreh wie die der englischen an der Südostküste, wobei viele polynesische Christen verwandt wurden, haben sehr geringe Erfolge aufzuweisen. Neuerdings ist eine deutsche Mission in Finschhafen gegründet worden.
[Geschichte.]
Die Insel Neuguinea
wurde 1526 von dem Portugiesen Don Jorge de Meneses entdeckt und nach den Bewohnern
Papua genannt; den jetzigen Namen empfing dieselbe von dem Spanier de Ortiz wegen ihrer vermeintlichen Ähnlichkeit
[* 26] mit der afrikanischen
Guineaküste. Dann wurde Neuguinea
von Torres (1606), Schouten (1616), Dampier (1699), Cook (1770) und Bampton (1793) besucht. Erst 1828 nahmen
die Holländer von dem westlichen Teil bis 141° östl. L. Besitz. Sie errichteten das Fort de Bus an der
Tritonbai, gaben diese höchst ungesunde Niederlassung aber schon 1836 wieder auf.
Der Engländer Blackwood nahm 1835 die Südküste auf; Owen Stanley entdeckte 1848, daß die Louisiade ein besonderer Archipel
ist, sowie den nach ihm benannten Berg. Wallace, der 1856-63 fünf verschiedene Reisen in Neuguinea
und den Nebeninseln
machte, brachte die ersten Paradiesvögel nach Europa,
[* 27] und 1863 entsandte die holländische Regierung zwei wissenschaftliche
Expeditionen, die eine nach der Geelvinkbai, die andre nach der Südwestküste. Der Italiener Cerrutti besuchte 1860 die Westküste
des Mac Cluergolfs; das Arfakgebirge bestieg d'Albertis mit Beccari sowie der Deutsche
[* 28] A. B. Meyer, der auch
aus den Inseln Mafor, Jobi und Misori verweilte.
Nach der Astrolabebai ging 1870 der Russe Micklucho-Maclay, ließ sich 1877 dort zum zweitenmal nieder und hielt sich 17 Monate
auf. Moresby entdeckte 1870 die gabelförmige Gestalt des Südostendes und die eingeschlossene Milnebai. Mac Farlane befuhr 1875 den
Maikassa, der in die Torresstraße mündet, dann den Flyfluß;
auf letzterm drang 1876 d'Albertis ca. 120 km weit aufwärts.
In demselben Jahr erforschten Stone die Küsten des Papuagolfs, Raffray und Maindron die Inseln und Küsten der Geelvinkbai, der
Missionär Brown die Inseln der Nordostküste.
Von Australien aus zogen 1877 Goldgräber nach Port Moresby, nachdem Goldie dort ein wenig Gold gefunden hatte, und 1878 nach der Astrolabebai, beidemal ohne Erfolge zu haben. Wilfred Powell besuchte 1875-79 wiederholt die Nordostküste. Von der Tritonbai machte Micklucho-Maclay 1879 eine Reise ins Innere und verweilte 1881 an der Südküste. Die Küste zwischen 141° östl. L. und der Prinz Frederik Hendriks-Insel wurde von den Holländern 1879-81 aufgenommen. O. Finsch machte 1882 von Port Moresby, der Keppelbai und dem Laloki aus fünf Monate lang höchst erfolgreiche Sammelreisen.
Nachdem die Niederlande schon 1828 durch Anlegung des Forts Du-Bus unter 134° 15' östl. L. in Neuguinea Fuß gefaßt und auch nach Wiederaufgebung der Niederlassung (1836) ihre Ansprüche auf die Westhälfte der Insel aufrecht hielten, proklamierte das englische Kriegsschiff Nelson in der Orangebai die Herrschaft Englands über den südöstlichen Teil von Neuguinea, und kurz darauf, Ende 1884, wurde die deutsche Flagge auf der Nordküste geheißt und das Gebiet unter den Schutz des Deutschen Reichs gestellt (s. Neuguinea-Kompanie).
Von weitern Entdeckungsreisen ist zunächst die des holländischen Residenten van Braam-Morris 1884 zu erwähnen, der den Amberno aufwärts fuhr. Finsch machte 1884-85 mit Kapitän Dallmann fünf Reisen, auf denen er den Friedrich Wilhelm- und Prinz Heinrich-Hafen sowie den Adolf- und Finschhafen und den Kaiserin Augusta-Fluß entdeckte. Letzterer wurde vom Landeshauptmann v. Schleinitz 1886, von Schrader 1887 eine große Strecke aufwärts befahren. Auch von den Stationen der Neuguinea-Gesellschaft aus wurden Untersuchungen des Landes angestellt.
An der Südküste entwickelten die Australier eine sehr rege Thätigkeit. Eine wissenschaftliche Expedition ging 1885 mit
Haacke den Flyfluß
aufwärts, hatte aber keine besondern Erfolge. Strachan befuhr 1886 den Maikassa, Levan entdeckte mehrere
neue, in den Papuagolf mündende Flüsse, Harding und Cuthbertson erstiegen 1887 den Mount Obree (3120 m), einen Teil des Owen
Stanley-Gebirges.
Vgl. Finsch, Neuguinea und seine Bewohner (Brem. 1865);
Moresby, New Guinea (Lond. 1876);
Robidé van der Aa, Reizen naar Nederlandsch Nieuw Guinea (Haag [* 29] 1879);
Stone, A few months in New Guinea (Lond. 1880);
d'Albertis, New Guinea (das. 1880; italienisch, Neapel [* 30] 1881);
Meyners d'Estray, La Papouasie (Par. 1881);
Jung, Der Weltteil Australien, Bd. 2 (Leipz. 1883);
Haga, Nederlandsch Nieuw Guinea en de Papoesche eilanden 1500-1883 (Haag 1885);
Lyne, New Guinea (Lond. 1885);
Hager, Kaiser Wilhelms-Land (Leipz. 1886);
Chalmers, Neuguinea, Reisen und Missionsthätigkeit 1877-85 (deutsch, das. 1886).