1) vorletzter Sohn des PatriarchenJakob von der Rahel, erregte als der Liebling seines Vaters den Neid und
Haß seiner Brüder, so daß sie ihn an eine midianitische (arabische) Handelskarawane nach Ägypten
[* 3] verkauften. Hier aber machte
er sich nach einer schweren, unverdienten Prüfungszeit durch Traumdeuterei dem König bekannt und erwarb sich dessen Gunst
in solchem Grade, daß er zum ersten Staatsbeamten erhoben wurde. Als solcher wußte er eine mehrjährige
Unfruchtbarkeit auszunutzen, um die bisher unabhängigen Ackerbesitzer in Kronbauern umzuwandeln, welche dem König jährlich
den Fünften als Erbzins abgeben mußten. Nachdem J. seinen durch die Hungersnot nach Ägypten zum Korneinkauf getriebenen Brüdern
verziehen, veranlaßte er sie, sich mit ihrem Vater in Ägypten niederzulassen, zu welchem Behuf
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er ihnen das Land Gosen einräumte. Josephs von der Ossnat, einer Priesterstochter aus On (dem spätern Heliopolis), geborne
Söhne hießen Ephraim und Manasse. Als Vorbild jugendlicher Reinheit sowohl wie umsichtiger Klugheit und hohen Edelsinns, wie
er sich seinen Brüdern gegenüber äußerte, bot die Gestalt Josephs poetische Motive für epische und
dramatische Gestaltung, die vielfach verwertet wurden. Von ältern Dramen (z. B. von Zyrl, 1573, und von Gaßmann, 1610) absehend,
erinnern wir hier nur an Phil.
v. ZesensRoman »Assenat. Josephs heilige Staats-, Liebes- und Lebensgeschichte« (1670),
Vgl. v. Weilen, Der ägyptische J. im Drama des 16. Jahrh. (Wien
[* 5] 1887).
2) Gatte der Maria, der Mutter Jesu, daher sein »Nähr«- oder »Pflegevater«
genannt, war nach der Angabe der Evangelien ein Zimmermann. Die christliche Sage läßt ihn erst im hohen
Greisenalter die Maria heiraten, um jeden Gedanken an eine natürliche Erzeugung Jesu fern zu halten. Er scheint vor dem Anfang
des Lehramtes Jesu gestorben zu sein, wenigstens werden während desselben in den Evangelien stets nur Maria und die Brüder
Jesu erwähnt. SeinGedächtnis wird in der römisch-katholischen Kirche19. März, in der griechischen 26. Dezember gefeiert.
Vgl. Jesus Christus, S. 213.
4) J. Barsabas, mit dem Beinamen der Gerechte (justus), Jünger Jesu, der bei Besetzung der StelleJudasIschariots in Vorschlag
gebracht, aber dem Matthias nachgesetzt ward (Apostelg. 1, 23). Schon im 2. Jahrh. berichtet die Legende,
er sei zum Giftbecher verurteilt worden, habe ihn aber ohne Nachteil für seine Gesundheit getrunken.
1) J. I., der älteste Sohn des KaisersLeopold I. aus dessen Ehe mit Eleonore von Pfalz-Neuburg,
geb. wuchs unter der Aufsicht des Oberhofmeisters FürstenvonSalm heran und erhielt eine vortreffliche
Erziehung. Schon 1690 zum römischen König gewählt, vermählte er sich 1699 mit der PrinzessinWilhelmine Amalie von Braunschweig,
[* 8] welche zum Katholizismus übergetreten war und von den Jesuiten nicht unbeeinflußt blieb. Aus dieser Ehe entsprossen zwei Töchter,
welchen durch den Hausvertrag von 1703 das Erbrecht in den österreichischen Ländern für den Fall des
Aussterbens der männlichen Habsburger zugesprochen wurde. J. gehörte während des spanischen Erbfolgekriegs zu den eifrigsten
Mitgliedern der gegen Frankreich verbündeten und vom PrinzenEugen geführten Kriegspartei am Hof
[* 9] Leopolds I. Die Langsamkeit
und Umständlichkeit der damaligen Kriegseinrichtungen vermochte er aber selbst nicht zu durchbrechen,
als er (1702) das Kommando der Belagerungsarmee vor Landau
[* 10] übernahm; erst 1705, nach dem TodKaiserLeopolds kam
mit dem Regierungsantritt Josephs ein frischerer Geist in die Verwaltung, auf welche nunmehr PrinzEugen den hervorragendsten
Einfluß gewann.
Auch verfolgte J. zuerst den Plan einer dauernden Erwerbung Bayerns, welcher für die Politik
des 18. Jahrh.
stets maßgebend blieb, aber sich auch stets als unausführbar erwies. Nicht nur der Widerstand, welchen das österreichische
Regiment in Bayern
[* 11] selbst fand, sondern auch die Abneigung aller deutschen und auswärtigen Mächte gegen eine solche Erweiterung
des österreichischen Staats in Deutschland
[* 12] verhinderten die Ausführung des Plans auch dann, als die österreichische
Regierung eine Entschädigung der geächteten Kurfürsten durch eins der spanischen Länder, wie Belgien,
[* 13] in Aussicht genommen
hatte. 1706-1707 begannen bereits Reibungen mit dem römischen Stuhl, welche bei der franzosenfreundlichen GesinnungPapstClemens'
XI. und dem entschiedenen Auftreten des Kaisers 1708 zu den schärfsten Drohungen, ja zur Kriegsbereitschaft
der Kurie führten, 1709 jedoch mit der Nachgiebigkeit des eingeschüchterten Papstes schlossen.
Was die innern österreichischen Verhältnisse betrifft, so fand J. bei seinem Regierungsantritt Ungarn
[* 14] in vollem Aufstand
und Schlesien
[* 15] in Gärung. Für die mißvergnügten und gedrückten Protestanten in Schlesien gewann Karl XII.
(1706) im AltranstädterFrieden von J. eine Reihe von Zugeständissen ^[richtig: Zugeständnissen]; in Ungarn, wo FranzRákóczy,
von Frankreich unterstützt, die ältern Rechte des Landes gegen die Verfassungsänderungen von 1687 verteidigte, sah sich J.
zu Unterhandlungen genötigt, deren Abschluß im Frieden zu Szathmár 1711 er zwar nicht mehr erlebte,
zu denen er jedoch dem GrafenPálffy die weitgehendsten Vollmachten erteilt hatte, nachdem das Kriegsglück den kaiserlichen
Waffen
[* 16] unter dem GeneralHeister in Ungarn nur wenig günstig gewesen war.
Auch die Versuche Josephs, in den Reichsangelegenheiten Ordnung zu schaffen, konnten bei der Kürze seiner Regierung nur von
geringem Erfolg begleitet sein, zumal die unklare Stellung des Reichshofrats zu dem Reichskammergericht
und die Beschwerden der Reichsstände über die Gerichtsurteile des erstern, als ererbte Übelstände der Reichsverfassung,
nur durch ein einmütiges Zusammenwirken im Reichstag beseitigt werden konnten. J. starb in Wien unerwartet an den
Pocken in einem Augenblick, wo das Ansehen Frankreichs durch das Kriegsglück der im spanischen Successionskrieg
verbündeten Mächte gänzlich zerstört war und Ludwig XIV. sich bereits zu den demütigendsten Friedensbedingungen bereit
erklärt hatte. Da aber die RegierungÖsterreichs an Karl VI., den einzigen lebenden Habsburger vom Mannesstamm, überging, so
hatte der frühe Tod Josephs eine gänzliche Veränderung der politischen Lage zur Folge.
philosophischen Fakultät in Wien (später Direktor der orientalischen Akademie), und selbst Bartenstein
[* 18] (s. d.) anschlossen,
welcher durch sein ungeheuerliches Geschichtskompendium in mehreren Foliobänden die Wißbegierde des Prinzen ebensowenig
fesseln konnte, als dies dem schablonenmäßigen Unterricht so manches der andern Lehrer gelang. Es waren namentlich die doktrinären
und unfruchtbar schematisierenden Vorträge, welche den jungen Prinzen langweilten und zu einer ungeordneten,
oberflächlichen und wenig verstandenen Lektüre, besonders der neuen französischen Litteratur, haltlos forttrieben.
Bei aufgewecktem Geist, rascher Fassungsgabe und dem lobenswerten Bestreben, sich durch eigne Anschauung über alles ein selbständiges
Urteil zu bilden, wurde J. bald von dem Gefühl der Vereinzelung und Vereinsamung erfaßt, welchem die
flüchtigen Berührungen mit hervorragenden und von ihm selbst aufgesuchten bedeutenden Männern kein beruhigendes Gegengewicht
gaben. Die Meinung, in allem selbst handeln und entscheiden zu müssen, und die durchgreifende, rein persönliche Regierungsweise
des großen Monarchen mochten in diesen Umständen ihren Ursprung gefunden haben. 1764 wurde J. zum römischen
König gewählt und gekrönt, und da schon im folgenden Jahr sein Vater starb, so schien sich seiner Thätigkeit ein weites
Feld zu eröffnen; aber der Wille der Kaiserin wie die feste und der monarchischen Willkür widerstrebende ständische Verfassung
des Reichs setzten derselben die engsten Grenzen.
[* 19]
SeinGeist beschäftigte sich fast ausschließlich mit den volkswirtschaftlichen und kirchlichen Angelegenheiten, in welchen
er seine liebsten Reformgedanken mit Ungeduld bis zur Zeit seiner Alleinregierung zurückgedrängt sah. Mit der
Kaiserin stand er auch persönlich nicht auf gutem Fuß, obwohl er sich gern als »gehorsamer Sohn« bezeichnete, als solcher
angesehen sein wollte und bei ihrem Tod auch das stürmische Gefühl des Schmerzes nicht verleugnete. Aber je größer die Kluft
zwischen ihm und der frommen, von weiblicher Beängstigung erfüllten Mutter wurde, desto weniger war
ein Umgang möglich, der die Gegensätze persönlich zu mildern vermocht hätte. Dem unaufhörlichen Drängen Maria Theresias,
J. möge zur Beichte gehen und die Kirche besuchen, vermochte der Kaiser auch durch zeitweilige Erfüllung des Wunsches nicht
zu genügen.
Als nun Maria Theresia 1780 starb, sollte sich das WortFriedrichs II.: »Voilà nouvelle ordre des choses!«
in unglaublicher Eile bewahrheiten;
denn sofort ließ J. nichts an seiner Stelle, und eine Flut von Gesetzen und Verordnungen,
welche meistens jeder verfassungsmäßigen, häufig auch jeder büreaukratischen Grundlage entbehrten und der umfassendsten,
auch im 18. Jahrh. nicht ganz gewöhnlichen Geltendmachung des absoluten Systems entsprangen, ergoß sich
über alle ungleichartigen Völker und Staaten der alten habsburgischen Hausmacht, welche, mit Beseitigung des verschiedenen
Verfassungswesens und der ständischen Vertretung, als vollkommen gleichgestellte Glieder
[* 24] vom Kabinett des Kaisers aus, als
»Verwalters« des
Staats, nach den gleichen Gesetzen regiert werden und einen uhrwerkartig geregelten Organismus mit deutscher
Amtssprache ausmachen sollten.
Von der richtigen und klaren Einsicht geleitet, daß die Herrschaft des
römischen Stuhls und der katholischen Hierarchie beseitigt werden müsse, wenn die österreichische Verwaltung zur Selbständigkeit
des modernen Staatsbegriffs erhoben werden solle, begann er mit entschlossenem Sinn alle die Bande vorerst zu lösen, welche
österreichische Unterthanen von der päpstlichen Gewalt abhängig machten. Wie durch die Verordnung vom die
anspruchsvollsten Bullen der römischen Kirche aus allen Ritualbüchern und kirchlichen Sammlungen gestrichen wurden, so verfügte
J. auch die Aufhebung der päpstlichen Dispense, der Rekurse, des Bischofseides und der Litterae apostolicae, die Einführung
des Placet, das Verbot der Annahme päpstlicher Ämter und Titel und des Besuchs der in Rom
[* 25] befindlichen theologischen
Anstalten.
Diesen wichtigen Reformen folgten zahlreiche Aufhebungen von Klöstern, Einziehung des Vermögens derselben und die Gründung des
Religionsfonds sowie die Dotation von trefflichen Unterrichts- und Humanitätsanstalten aus dem konfiszierten Klostergut. Aber
schon die Durchführung dieser Maßregeln zeigte erhebliche Mißstände und Willkürlichkeiten. Bald griff
die Regierung Josephs auch in die internen Angelegenheiten der Kirche und des Gottesdienstes ein.
»Andachtsordnungen«, Gesetze gegen den »kirchlichen Flitterstaat«, Verordnungen über Prozessionen, Wallfahrten, Ablässe und
das unglückliche Gebot des Begrabens der Toten in Säcken, ohne Kleider und in Kalkgruben, alle diese Dinge, welche
bestimmt waren, »Aufklärung« zu bewirken, erregten Haß und Verdruß, selbst tiefer gehenden Widerstand seitens des Volkes.
Dabei hielt J. doch sehr bestimmt den Begriff der Staatskirche als einer katholischen aufrecht.
Wie in der politischen Verwaltung, so hielt er auch in kirchlichen DingenEinheit und Gleichheit für die wesentlichste Grundlage
des Staatslebens. Das Verhältnis der nichtkatholischen Konfessionen
[* 26] vermochte er daher nicht anders als
unter dem Gesichtspunkt einer möglichst weit gehenden Toleranz zu fassen. Obwohl sich nun in Ländern, wo die religiösen Fragen
längst durch gesetzliche Bestimmungen geregelt waren, wie in Ungarn, eine berechtigte Opposition gegen das »Toleranzpatent«
gerade von seiten der Protestanten erhob, so wirkten doch die damit zusammenhängenden Verordnungen segensreich
auf die Zustände in den andern Ländern, wo endlich ein anderthalbhundertjähriger Druck von vielen protestantischen Gemeinden
hinweggenommen wurde. Um übrigens den Übertritt von der katholischen Religion zu andern Konfessionen zu verhindern, schrak
J. selbst vor manchen Zwangsmaßregeln nicht zurück, und wie er die Sekte der Deisten durch »Karbatschenstreiche«
ausrotten wollte, so fehlt es auch nicht an Beispielen harter Kabinettsjustiz gegenüber von Mönchen, welche aus eignem Entschluß
ihren Orden
[* 27] verlassen wollten, oder gegen Protestanten, welche wegen Proselytenmacherei Verdacht erregten.
Um den Neuerungen Josephs in Österreich ein Ziel zu setzen, begab sich der PapstPius VI. 1782 persönlich
nach Wien, ohne jedoch etwas zu erreichen. Mit großer Absichtlichkeit wurde jede geschäftliche Verhandlung vermieden, und
FürstKaunitz empfing den Papst in seinem Palast lediglich als Privatperson. KeinenAugenblick wurde die Reform unterbrochen, vielmehr
auch auf das Gebiet der Diözesaneinteilung ausgedehnt, wobei dem Kaiser ernstlichere
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