See (franz.
Lac deNeuchâtel, im
MittelalterLacus Eburodunensis), ein schweizer., von der
Thièle gebildeter
See, dem rechterseits auch die Mentue und die
Broye, linkerseits die jurassischen Gewässer
Areuse und
Seyon
zufließen, ist 39 km lang, bis 9 km breit, 144 m tief, liegt seit der
Juragewässerkorrektion (s. d.) nur noch 432,7
m ü. M. und ist mit einem
Areal von 240 qkm der drittgrößte der
SchweizerSeen. Das Westufer, Vignoble,
ist ein freundliches
Wein- und Wiesengelände, wo
Ort anOrt liegt, überragt von dem Tannendunkel und den Felswänden des
Jura;
die übrigen
Ufer sind flach und breit, zum Teil der Versumpfung ausgesetzt, großenteils aber fruchtbares Ackerland.
Von jeher war der
See eine wichtige
Handelsstraße, welche die zwei ersten schweizerischen Handelsstädte,
Basel
[* 2] und Genf,
[* 3] verband. Eine Zeitlang besorgten die
Dampfer (seit 1827) den Hauptverkehr, bis die Uferbahn gebaut wurde und die
Schiffe
[* 4] auf den Lokalverkehr beschränkte. Insbesondere ist dem
Dampfschiff
[* 5] die
Verbindung mit dem Murtensee, d. h. vermittelst der
untern
Broye, geblieben. Es sind zur Zeit noch drei kleinere
Dampfer in Thätigkeit, und ihre
Kurse beschränken
sich gewöhnlich auf die
LinienNeuchâtel-Murten und
Neuchâtel-Estavayer mit einigen Zwischenstationen.
Heftige Nordwinde, denen der
See zu sehr ausgesetzt ist, schaden der Kleinschiffahrt. Die
Fischerei
[* 6] gibt reichlichen
Ertrag
an
Trieschen,
Weißfelchen,
Aalen und
Welsen (bis 70 kg). Der
See friert selten ganz zu, zuletzt geschah dies
1789, 1830 und 1880. An der Ostseite desselben, namentlich bei
Estavayer und
Cortaillod, hat man bedeutende
Pfahlbauten
[* 7] aufgefunden.
Die
Senkung des Seespiegels, welche infolge der
Juragewässerkorrektion erfolgte und hier allerdings weniger erhebliche Uferbeschädigungen
als am
Bieler See anrichtete, hat zu weiternFunden geführt. Insbesondere wurde bei
Stäffis ein
Einbaum
aus
Eichenholz, 7 m lang, gehoben.
Lage und Grösse. Der Neuenburgersee gehört zusammen mit dem Bieler- und Murtensee zu den sog. Jurarandseen.
Seine Mitte liegt in 46° 53' 42" NBr. und 6° 50' 16" OL. von Greenwich. 37,75 km lang, im Mittel 5,7
km und im Maximum 8 km breit;
Fläche 215,9 km2;
Wasservolumen 14200 km3;
Neuenburgersee
* 8 Seite 43.580.
mittlere Tiefe 65 m und maximale Tiefe 153 m.
Seehöhe¶
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[Karten in der Umgebung].Karte des ehemaligen einheitlichen Jurarandsees. (Maximalausdehnung des Vorglazialen subjurassischen Sees; Jetzige Grenzen der Neuenburger, Bieler und Murtener Seen; Alte Thalwege u. Flussläufe.)
des Spiegels bei Mittelwasserstand nach der Siegfriedkarte 432,43 m und nach dem Pegel der Stadt Neuenburg
429,62 m (Differenz 2,81
m). Grösster der drei ganz auf Schweizerboden gelegenen Seen; zwischen den Kantonen Neuenburg,
Waadt,
Bern
und Freiburg.
Wasserhaushalt.
Aus den eben angeführten Zahlen ergibt sich, dass man über die Seehöhe des Mittelwasserstandes noch
nicht einig ist. Diese Höhe hat übrigens seit der Korrektion der Juragewässer eine beträchtliche Aenderung erfahren. Im
Folgenden werden wir uns stets an die Angaben der Siegfriedkarte halten, die dem eidgenössischen Fixpunkt am Hafendamm von
Neuenburg
eine Höhe von 437,51 m gibt, während ihn die limnologischen Arbeiten meist mit 434,7 m kotieren. Die mittlereSeespiegelhöhe betrug (auf die Kote der Siegfriedkarte bezogen) vor der Tieferlegung der Juraseen (1878)
nach Beobachtungen 1817-1855 434,88 m und nach denjenigen 1856-1878 435,01 m. Seit der Vollendung der Korrektionsarbeiten
ist der Spiegel auf 432,43 m, also um den Betrag von 2,58 m, gesunken.
Vor der Juragewässerkorrektion stand der Murtensee durch die Broye mit dem Neuenburgersee und dieser durch die Zihl mit dem
Bielersee in Verbindung, dessen Ausfluss dann seinerseits zur Aare ging. Alle drei Seen zeigten deutlich parallele Schwankungen
im Wasserstand, doch stand der Spiegel des Murtensees immer etwas höher (10-40 cm) als der des Neuenburgersees
und dieser wieder höher als der des Bielersees (bis 1871 etwa 20-40 cm). Die Kanalisierung des Abflusses des Bielersees hat
dann diesen letztern beträchtlich tiefer gelegt, ohne auf den Neuenburgersee einen merkbaren Einfluss auszuüben.
Die gesamte Juragewässerkorrektion hatte bis 1878 die Spiegel der Seen um 2 m und nach der Vollendung
des Aarbergerkanales um 3 m gesenkt. Diese Arbeiten und die Einleitung eines Teiles der Aare durch den Hagneckkanal in den
Bielersee (vergl. d. Art. Grosses Moos) stellten eine direktere Verbindung der drei Seen unter sich her, da jetzt sowohl der
Zihlkanal zwischen Neuenburger- und Bielersee als
auch der sehr geräumige Broyekanal zwischen Murten- und
Neuenburgersee dem Wasser einen bequemen Abfluss gestatten.
Wenn diese drei Becken völlig geschlossen wären und keinerlei Zuflüsse erhalten würden, so stände ihr Wasserspiegel
gegenseitig genau in einem und demselben Niveau. Unter den heutigen Verhältnissen hält das Niveau des Neuenburgersees
nicht unabänderlich die Mitte zwischen denjenigen der beiden andern Becken. Bei hohem Wasserstand der Aare führt der Hagneckkanal
dem Bielersee so viel Wasser zu, dass dieser sich aufstaut und in den Neuenburgersee zurückfliesst, der dann zeitweise selbst
wieder das Wasser der Broye in den Murtensee zurückdrängen kann. Damit werden dann die normalen Abflussverhältnisse
vollständig umgekehrt. Mit der Durchführung der Korrektionsarbeiten haben die drei Jurarandseen ihre Selbständigkeit eingebüsst
und sind von einander abhängig geworden und zwar umso mehr, als die frühern Niveaudifferenzen nahezu aufgehoben wurden
und ihre Zuflüsse im Vergleich zum Hagneckkanal alle nur klein und von wenig bedeutender Wasserführung sind.
Neuenburgersee
* 9 Seite 43.581.
Gestalt des Seebeckens.
Der Neuenburgersee bildet eine langgestreckte Wanne, aus deren Mitte sich rechts ausserhalb Auvernier und Bevaix ein 8 km langer
unterseeischer Rücken, La Motte genannt, erhebt. Dessen vor der Areusemündung gelegener höchster Punkt bleibt um 8 m unter
der Oberfläche zurück. Dieser schon von Arnold Guyot und de Pourtalès anlässlich ihrer Auslotung
und der von ihnen gezeichneten (für die damalige Zeit sehr genauen) hydrographischen Karte des Sees konstatierte unterseeische
Höhenzug hat einen nahezu flachen und stellenweise bis 500 m breiten Rücken, liegt genau in der geradlinigen Fortsetzung
des Jolimont (zwischen Gampelen und Erlach) und ist wie dieser ein von der Erosion herauspräparierter Molasseberg,
was schon von Guyot vermutet wurde. Dieser unterseeische Hügel erhebt sich auf der Verlängerung eines bei 60-70 m Tiefe
gelegenen Plateau. Von der vor Chevroux sich ausdehnenden Uferbank wird er durch eine bis 125
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Neuenburgersee: Saint Blaise mit dem Untersee.
m tiefe Rinne geschieden, während sich längs seinem dem SO.-Ufer des Sees zugewendeten Hang eine zweite, ungefähr 140 m
tiefe Rinne hinzieht. Die grösste Tiefe des Sees mit 153 m liegt 2500 m vor Bevaix in der westlichen Rinne. Es sind daher die
beiden seitlichen Gehänge der Wanne keineswegs symmetrisch gebaut. Im NW. folgt auf eine verhältnismässig
breite Uferbank eine stark geneigte Halde, die zwischen Concise und der Pointe de l'Areuse zu der hier in drei Becken gegliederten,
140-153 m tiefen Sohle abfällt, während im SO. die Uferbank ungleich breiter (bis 1500 m) und die Halde daher viel sanfter
geböscht ist.
Der Rücken der Motte fällt auf seinen beiden Längsseiten gleichmässig ziemlich steil ab, während sie an ihrem SW.-Ende
nur sanft geböscht ist, am NO.-Ende dagegen steil zur Vereinigung der sie beiderseits begleitenden Rinnen abstürzt. Ebenso
ungleich gestaltet sind die beiden Endgehänge des Sees. Dieser verengert sich nach SW. von der Pointe
d'Yvonand an zu einer schmalen Zunge, dem nur bis 90 m tiefen sog. Lac d'Yverdon. Die mehr als 1 km lange Uferbank fällt
hier mit einer Halde von höchstens 4% Böschung zur Sohle ab. Nach NO. endet der See breit und zeigt blos zwischen der Einmündung
der Broye und dem Ausfluss der Zihl eine wenig tiefe Einschnürung.
Die Uferbank ist über 3 km breit, und die daran anschliessende Halde hat auf der Seite gegen La Sauge hin 8%, gegen Saint Blaise
hin dagegen blos 2% Gefäll. Alle diese Verhältnisse stehen offenbar mit den geologischen Vorgängen in Verbindung,
die der Wanne des Neuenburgersees ihre heutige Form und Gestaltung verliehen haben. Die Uferlinie verläuft im Ganzen ziemlich
regelmässig, da sowohl tief einschneidende Buchten als weit vorspringende Halbinseln fehlen, und wird blos durch das von
der Areuse in den See hinausgebaute, grosse Delta merklich unterbrochen. Die übrigen Zuflüsse haben keine
bemerkenswerten Deltas gebildet. Im Neuenburgersee liegen keine Inseln.
Neuenburgersee: Linkes Ufer bei Saint Aubin.
Geologie.
Der Neuenburgersee ist ein Thalsee, d. h. er liegt in einer von einem ehemaligen Fluss ausgewaschenen Thalrinne, deren beidseitige
Ufer in ihrem geologischen Aufbau von einander stark abweichen. Den NO.-Seerand bildet das Gehänge der ersten Jurakette
(Chasseron-Montagne de Boudry-Chaumont), das aber nicht überall unmittelbar bis zum Seeufer hinanreicht.
Zwischen Grandson und Concise schiebt sich ein mit Moränenschutt überführter Streifen von tertiärer Molasse der aquitanischen
Stufe zwischen See und Gebirgsfuss ein;
bei La Lance fällt der Mont Aubert, eine Verzweigung der Chasseralfalte, mit steilen
Urgonhängen direkt zum See ab und baut auch noch auf eine
ziemliche Strecke hinaus dessen Strand auf;
dann folgt von Bevaix bis nahe Auvernier neuerdings Molasse mit Moränenmaterial und fluvioglazialem Schutt, unterbrochen vom
Delta der Areuse;
von Auvernier bis Saint Blaise erscheint mit Ausnahme einiger Molassevorkommnisse bei Monruz und vor dem Dorf
Saint Blaise wieder Neocom mit seinen charakteristischen Steilufern und Erosionsnischen.
Alle diese verschiedenen
Schichten fallen mit 8-15° gegen den See ein. Ganz anders das SO.-Ufer, das ausschliesslich Steilufer ist. Es besteht aus
beinahe horizontal liegenden Schichten von Molassemergeln und -sandsteinen der aquitanischen und burdigalischen Stufen, die
auch das Bergland des Vuilly aufbauen. Ein grosser Teil des einst überschwemmten Strandes ist hier jetzt
durch die Tieferlegung der Jurarandseen trocken gelegt und bereits urbar gemacht worden, wie auch die in ihrer kahlen Schroffheit
einst so charakteristischen Steilufer sich allmählig in ein dichtes Pflanzenkleid hüllen.
Weniger voneinander verschieden sind das obere und untere Ende des Sees: dort die immer weiter seewärts
vorrückende Alluvionsebene der Orbe, des Buron und der Brinaz, hier die ebenfalls alluviale Ebene der Zihl und des Grossen Mooses,
die blos von dem einst eine Insel bildenden Molasse- und Moränenrücken von Marin-Wavre unterbrochen wird. Es wird also die
ursprüngliche Felswanne des Sees im NW. von Tertiär und Neocom und im SO. von horizontal geschichtetem
Tertiär gebildet, das auch den Rücken von Marin und die unterseeische Rippe der Motte aufbaut.
Alle am Seeufer oder an den dahinter aufsteigenden Hängen vorkommenden andern Bildungen sind erst nach der Erosion des Seebeckens
abgelagert worden. Dies betrifft besonders die Alluvionen und Moränen des Grossen Mooses, der Zihlebene
und der Orbeebene. Vergl. den Art. Orbe (Maraisde l'). Alle diese heute versumpften und vertorften Gebiete waren einst Teile
des mächtigen und einheitlichen Sees, der vom Mormont bis Solothurn
reichte, grosse Ausbuchtungen (Yvonand, Payerne, heutiger Murtensee)
besass und einen ganzen Archipel von Inseln und Inselchen (Jolimont, Brüttelenberg, Jensberg, Brüggwald,
Büttenberg etc.) umschloss.
Damals waren bereits auch die St. Petersinsel und die Motte vorhanden, welch' letztere noch nicht von der Glazialerosion abgeschliffen
war und als 1-2 km langes und 300-400 m breites Eiland aus dem Wasser aufstieg. Als prachtvolle Halbinsel sprang in diesem
See der Mont Vuilly vor. Da aber die Becken des Neuenburgersees und seiner Nachbarn alle Charaktere von
Furchen zeigen, wie sie nur das fliessende Wasser zu schaffen vermag, muss hier in einer dem grossen See vorangehenden Zeit
ein System von
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