Titel
Neánder
(gräzisiert für
Neumann), 1)
Michael, ausgezeichneter Humanist, geb. 1525 zu
Sorau,
[* 2] studierte seit 1543 in
Wittenberg
[* 3] unter
Melanchthon, ward 1547
Lehrer in
Nordhausen,
[* 4] 1550 an der
Klosterschule zu
Ilfeld, 1559 rector
scholae und administrator coenobii an derselben und starb daselbst Der »Normallehrer
seiner Zeit«, hat Neánder
fast das gesamte Gebiet des
Unterrichts mit neuen, lange Zeit geschätzten Lehrbüchern versehen. So
lieferte er betreffs des
Griechischen für den ersten
Unterricht
»Graecae linguae tabulae« (Basel
[* 5] 1564),
für die Fortgeschritten »Graecae linguae erotemata« (das. 1565),
als Beispielsammlung dazu die »Gnomologia graeco-latina« (das. 1564),
als Stoff für die Lektüre »Opus aureum et scholasticum« (Leipz. 1574),
als Anleitung zur Anfertigung griechischer Verse »De re poetica Graecorum« (das. 1592).
Vgl.
Klemm,
Michael Neánder
(Leipz. 1885).
2)
Joachim, Kirchenliederdichter, geb. 1610 zu
Bremen,
[* 6] wurde zuerst
Rektor der reformierten
Schule in
Düsseldorf,
[* 7] dann
Pfarrer
an der St. Martinskirche seiner Vaterstadt, wo er starb. Neanders
Lieder
(»Glaub- und Liebesübung«,
Brem. 1679 u.
öfter) stehen an poetischem
Werte denen
Paul
Gerhardts nach, erreichen sie aber an
Wahrheit und
Wärme
[* 8] des
religiösen
Gefühls.
Eins der bekanntesten ist
»Lobe den
Herren, den mächtigen König der
Ehren«.
Vgl. Vormbaum, J. Neanders
Leben und
Lieder (Elberf. 1864);
Iken,
Joachim Neánder
(Brem. 1880).
3) Daniel Amadeus, Bischof der evangelischen Kirche, geb. zu Lengefeld in der preuß. Provinz Sachsen, [* 9] ward 1805 Pfarrer zu Flemmingen bei Naumburg, [* 10] 1817 Konsistorialrat und Vorsteher des theologischen Seminars in Merseburg, [* 11] 1823 Oberkonsistorialrat und Mitglied des Kultusministeriums, zugleich Propst und Pfarrer an der Petrikirche zu Berlin, [* 12] 1829 erster Generalsuperintendent der Provinz Brandenburg [* 13] und Direktor des Konsistoriums, 1830 mit der Würde eines Bischofs der evangelischen Kirche bekleidet und 1831 auch zum Mitglied des Staatsrats ernannt. Er hatte den namhaftesten Anteil an der Einführung der Union und der neuen Agende in Preußen. [* 14] Auch präsidiert er 1846 der Generalsynode. Emeritiert seit 1856, starb er
4) Johann August Wilhelm, einer der bedeutendsten Kirchenhistoriker der neuern Zeit, geb. zu Göttingen [* 15] von jüdischen Eltern, hieß eigentlich David Mendel, erhielt von der Mutter eine fromme Erziehung, besuchte das Johanneum zu Hamburg, [* 16] ließ sich 1806 taufen und studierte dann in Halle [* 17] und Göttingen Theologie. 1811 habilitierte er sich in Heidelberg [* 18] und wurde hier 1812 außerordentlicher Professor der Theologie, folgte 1813 einem Ruf an die Universität zu Berlin, wo er, ein außerordentlich wirksamer Vertreter der sogen. Pektoraltheologie, ordentlicher Professor der Theologie, Oberkonsistorialrat und Mitglied des Konsistoriums der Provinz Brandenburg und der Akademie der Wissenschaften ward und starb.
Unter seinen zahlreichen Werken sind hervorzuheben: »Über den Kaiser Julianus und sein Zeitalter« (Hamb. 1812; 2. Aufl., Gotha [* 19] 1867);
»Der heil. Bernhard und sein Zeitalter« (Berl. 1813; 3. Aufl., Gotha 1865);
»Genetische Entwickelung der vornehmsten gnostischen Systeme« (das. 1818);
»Der heilige Johannes Chrysostomus und die Kirche in dessen Zeitalter« (das. 1821-22, 2 Bde.; 3. Aufl. 1849);
»Denkwürdigkeiten aus der Geschichte des Christentums und des christlichen Lebens« (das. 1822 bis 1824, 3 Bde.; 4. Aufl. 1866);
»Antignosticus, Geist des Tertullian« (das. 1826, 2. Aufl. 1849);
»Allgemeine Geschichte der christlichen Religion und Kirche« (Hamb. 1825-52, 6 Bde.; 4. Aufl., Gotha 1863-65, 9 Bde.);
»Kleine Gelegenheitsschriften« (Berl. 1824, 3. Aufl. 1829);
»Geschichte der Pflanzung und Leitung der christlichen Kirche durch die Apostel« (das. 1832-33, 2 Bde.; 5. Aufl. 1862);
»Das Leben Jesu in seinem geschichtlichen Zusammenhang« (das. 1837, 7. Aufl. 1873).
Seine »Wissenschaftlichen Abhandlungen« (Berl. 1851),
sowie seine »Christliche Dogmengeschichte« (das. 1857, 2 Bde.) gab Jacobi, seinen Kommentar zu den Briefen an die Korinther (das. 1859) Beyschlag, seine »Vorlesungen über Katholizismus und Protestantismus« Meßner (das. 1863),
derselbe auch seine »Geschichte der christlichen Ethik« (das. 1864) heraus. Eine Sammlung seiner Werke erscheint in Gotha (1863-75, 14 Bde.).
Vgl.
Krabbe,
[* 20]
August Neánder
(Hamb. 1852);
Schaff, Aug. Neánder
Erinnerungen (Gotha 1886).