1) (Nazaräer) nach der Apostelgeschichte (24, 5) ursprünglich gemeinschaftlicher
Name aller
Christen, dagegen bei Hieronymus Parteiname derjenigen syrischen Christen, welche sich für an das mosaische Gesetz
gebunden erachteten, ohne jedoch diese Forderung, wie die Ebioniten (s. d.) thaten, auch auf die Heidenchristen auszudehnen.
Die Evangelien der Ebioniten und Nazaräer haben sich als Rezensionen des Evangeliums Matthäi ausgewiesen
und bilden zusammen eine unter dem Namen des Evangeliums der Hebräer bekannte Familie.
2) Sekte, deren Anhänger sich an das apostolische Glaubensbekenntnis halten, nur Taufe und Abendmahl als Sakrament anerkennen,
nur die Erwachsenen taufen, das Abendmahl in der Form des Brotes und Weines nehmen, nicht schwören, das Tragen von Waffen
verwerfen, der Militärpflicht nur gezwungen Genüge leisten und einen extrem puritanischen Gottesdienst, darin jeder Erleuchtete
das Wort nehmen kann, feiern. Durch zwei Schlossergesellen (Denkel und Kropacsek) fand die Sekte 1839 Eingang in Ungarn, wo
der Schlossergeselle Hencsei (gest. 1841 in der Schweiz) ihr Apostel wurde; dort wuchs sie auf 5-6000 Anhänger
und machte sich selbst für die ungarische Regierung bemerkbar.
Spottname für die Vertreter einer Richtung der neuern deutschen Malerei, welche an die zwar durch rührende
Naivität anziehende, aber in der Formgebung wie in der Technik unentwickelte Darstellungsweise der Italiener des 14. u. 15. Jahrh.
(Giotto, Fiesole, Perugino) anknüpfte und sich schließlich in einseitiger Askese und geistiger Leere verlor.
Hauptvertreter dieser Richtung waren: Overbeck, Schadow, Ph. Veit, Schnorr v. Carolsfeld u. a., welche um 1812 in Rom die Genossenschaft
der »Klosterbrüder von San Isidoro« bildeten (s. Malerei, S. 156). Schnorr und Schadow verließen später die Richtung, dafür
traten Führich und Steinle hinzu. In der englischen Malerei entspricht den Nazarenern die Richtung der Präraffaeliten
(s. d.).
Nazaräer, bei den Juden die ältesten Bekenner der Messiaswürde Jesu. Später nannten
sich die Ebioniten (s. d.) Nazaräer.
Neuerdings nennen sich Nazarener oder Neukirchliche die Anhänger einer vom Baseler Seidenweber Jakob Wirz (geb. 1778, gest. 1858)
gestifteten, in Süd- und Westdeutschland vorkommenden Sekte, von der die baldige, aber nicht sichtbare Wiederkunft des Herrn,
die Umwandlung von Staat und Kirche und die Herstellung paradiesischer Glückseligkeit erwartet wird. In
Wirz verehren sie eine Fleischwerdung Christi und den Anfang der dritten Haushaltung Gottes, des dritten Testaments. Sie verwerfen
Kirche und Theologie, und alle, die vom Baum der Erkenntnis gegessen haben, rühmen sich hoher Offenbarungen, verbieten den
Eid, die Ehe und die Teilnahme am polit. Leben und sollen ihre Gebete an Maria und an die Heiligen richten.
So klein ihre Zahl, besitzen sie doch in Württemberg eigene Schulen. –
Vgl. Wirz, Zeugnisse und Eröffnungen des Geistes.
Heilige Urkunden der Nazarenergemeine (2 Bde., Barm. 1863–64).
In der neuern deutschen Malerei pflegt man mit Nazarener die Mitglieder der religiös-romantischen
Schule zu bezeichnen, welche sich unter Führung Friedrich Overbecks (s. d.) am Anfang dieses Jahrhunderts