Böhmen, Mähren und Öst
* 6
Böhmen .
[* 1 ] (Naumburg -Zeitz ), früher selbständiges, später zu Kursachsen gehöriges
Hochstift im obersächsischen
Kreis ,
[* 2 ] in
zwei getrennten Teilen an der
Saale und an der
Elster
[* 3 ] gelegen, im ganzen 500 qkm (9 QM.) groß mit 40,000
Einw., zerfiel in die
Ämter Naumburg ,
Zeitz
[* 4 ] und Hainsburg. Das
Wappen
[* 5 ] war:
Degen und
Schlüssel , kreuzweise übereinander gelegt, im
roten
Felde . Das von
Kaiser
Otto I. 968 gestiftete
Bistum zu
Zeitz wurde wegen der fortwährenden Beunruhigungen durch die
Böhmen
[* 6 ] und
Wenden um 1029 nach Naumburg verlegt, während in
Zeitz nur ein untergeordnetes Kollegiatstift blieb.
Wenn die
Bischöfe von Naumburg den
Zeitzer Bischofstitel beibehielten, so nahm das
Zeitzer
Kapitel Mitwirkung an der Bischofswahl
in Anspruch und verzichtete erst 1230 darauf. Der
Bischof war
Suffragan von
Magdeburg
[* 7 ] und
Reichsfürst ; sein
Sprengel erstreckte
sich im W. bis zur
Saale , im N. bis
Weißenfels ,
[* 8 ] im O. bis zur
Weißen
Elster und
Zwickauer
Mulde , im S. bis
zum
Fichtelgebirge . Zur Zeit der
Reformation setzte
Johann
Friedrich der Großmütige einen lutherischen
Bischof ,
Nikolaus von
Amsdorf , in Naumburg (1542) ein; allein das
Domkapitel erkannte ihn nicht an und wählte den katholischen
Domherrn
Julius
Pflug
[* 9 ] als
Gegenbischof, welcher nach
Amsdorfs Vertreibung (1546) als der letzte
Bischof zu Naumburg bis zu seinem
Tod (1564)
regierte.
Königreich Sachsen
* 11
Sachsen .
Kraft
[* 10 ]
Vertrags ging nunmehr das weltliche Stiftsregiment an den
Kurfürsten
August I. von
Sachsen
[* 11 ] als
Administrator über, während
das
Domkapitel als geistliche
Körperschaft fortbestand.
Herzog
Moritz , des
Kurfürsten
Johann
Georg I. vierter Sohn,
stiftete 1650 die
Zeitzer
Nebenlinie des Kurhauses
Sachsen (s. d.). Da sich sein Sohn
Moritz
Wilhelm 1717 öffentlich zur römisch-katholischen
Kirche bekannte, erklärte das evangelische
Domkapitel das
Hochstift für erledigt und wollte zur
Wahl eines neuen
Bischofs schreiten.
Friedrich
August I., König von
Polen und
Kurfürst von
Sachsen , nahm es aber mit bewaffneter
Hand
[* 12 ] in
Besitz ,
einigte sich mit
Moritz
Wilhelm , der 1718 wieder lutherisch wurde und unmittelbar darauf starb.
Nun kam das
Stift wieder an das
Kurhaus
Sachsen . Am 18. Mai 1815 wurde es an
Preußen
[* 13 ] abgetreten und bildet einen Teil des Regierungsbezirks
Merseburg ,
[* 14 ] das
Domkapitel
aber besteht noch.
Vgl.
Philipp , Geschichte des
Stifts Naumburg und
Zeitz
(Zeitz 1800);
Lepsius , Über das
Altertum
und die
Stifter des
Doms zu Naumburg (Naumb. 1822);
Derselbe, Geschichte der
Bischöfe des
Hochstifts Naumburg (das. 1846, Bd.
1).
Titel
Elemente zu
Naumburg:
1) Naumburg an der Saale, Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk Merseburg
2) Stadt im preuß. Regierungsbezirk Kassel, Kreis Wolfhagen
3) Naumburg am Queis, Stadt im preuß. Regierungsbezirk Liegnitz
4) Naumburg am Bober, Stadt daselbst, Kreis Sagan, am Bober
[12.18] Naumburg (N.-Zeitz)
[* 1 ] 1) Naumburg an der
Saale , Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk
Merseburg , an der
Saale ,
Knotenpunkt der
Linien
Neudietendorf-Weißenfels und
Naumburg-Artern der Preußischen Staatsbahn, 108 m ü. M., besteht aus der
eigentlichen Stadt und der Vorstadt Grochlitz, hat 5 evang.
Kirchen (darunter der
Dom , 1207-42 im spätromanischen und frühgotischen
Stil erbaut und gegenwärtig restauriert, mit 3
Schiffen , einer
Krypte , 3
Türmen [der vierte ist nur bis zum Kirchdach aufgeführt]
und zahlreichen
Denkmälern altdeutscher
Kunst etc., die Wenzeslaus- und die Moritzkirche) u. eine
kath.
Kirche , ein sogen.
Schloß oder Residenzhaus auf dem
Markt , ein
Rathaus mit Verkaufsgewölben und (1885) mit der
Garnison
(eine reitende Abteilung
Feldartillerie Nr. 4 und ein Jägerbataillon Nr.
4) 19,107 meist
evang. Einwohner, die Fabrikation von
Kämmen , Elfenbeinwaren,
Spielkarten ,
Bürsten -,
Zigarren -,
Leder -,
Strumpfwaren ,
Essig ,
Schaumwein etc. betreiben.
Freiburg (in der Schwe
* 15
Freiburg .
Bedeutend ist der Weinbau, der
Handel mit
Wein und den
oben genannten Erzeugnissen und die Holzflößerei auf der
Saale und der 2 km
von der Stadt in die
Saale einmündenden
Unstrut . Alljährlich findet zu
Palmarum ein fünftägiger
Markt sowie am 11. Aug. ein
Gurkenmarkt statt. Naumburg ist Sitz eines Oberlandesgerichts für die acht
Landgerichte der
Provinz
Sachsen , eines
Landgerichts , eines
Hauptsteueramtes , eines
Domkapitels , einer Reichsbanknebenstelle und hat ein
Gymnasium , ein
Realprogymnasium , mehrere
Hospitäler ,
andre Wohlthätigkeitsanstalten etc. Zum Landgerichtsbezirk Naumburg gehören die 15
Amtsgericht zu
Eckartsberga , Freiburg
[* 15 ] a. U.,
Heldrungen ,
Hohenmölsen ,
Kölleda ,
Lützen ,
[* 16 ]
Mücheln , Naumburg ,
Nebra ,
Osterfeld ,
Querfurt ,
Teuchern ,
Weißenfels ,
Wiehe und
Zeitz .
Das bekannte, noch jährlich durch einen öffentlichen
Auszug der Schuljugend gefeierte
Hussiten - oder Kirschfest soll seine
Entstehung der Belagerung der Stadt durch die
Hussiten unter Procopius (28. Juli 1432) verdanken, der sich durch eine
Prozession
der
Kinder von Naumburg zum Abzug bewegen ließ; doch wird die ganze
Thatsache von neuern Geschichtschreibern
bezweifelt. - Naumburg war schon im 10. Jahrh. eine den
Markgrafen von
Meißen
[* 17 ] gehörige
Domäne , die sie dem
Stift
Zeitz schenkten
unter der
Bedingung , daß der bischöfliche
Stuhl hierher verlegt werde;
Kaiser
Konrad II. erteilte dem
Orte
das Stadt- und Marktrecht, und 1029 ward das
Zeitzer
Bistum wirklich nach Naumburg verlegt.
Brandenburg
* 18
Brandenburg .
Auf dem hier 27. Jan. 1451 gehaltenen
Fürstentag wurde der sogen. Bruderkrieg beendigt und durch den Naumburger Schied vom 25. Juni 1486 die
Teilung der Wettinschen
Lande zum
Abschluß gebracht. Am 28. April 1457 wurde der Naumburger
Erbvertrag zwischen
Brandenburg ,
[* 18 ]
Schlesien
[* 19 ] und
Sachsen und 24. Febr. 1554 ein
Vertrag (Naumburger
Vertrag ) zwischen dem seiner
Länder beraubten
Johann
Friedrich dem Großmütigen und dem
Kurfürsten
August abgeschlossen, durch welchen ersterer einen Teil seiner
Länder zurückerhielt,
worauf beide daselbst im März 1555 mit
Brandenburg die
Erbverbrüderung erneuerten. 1554 starb der letzte
Bischof , und das
Stift fiel an das kursächsische
Haus .
Vom 20. Jan. bis 8. Febr. 1561 fand hier eine Versammlung evangelischer
Fürsten und
Stände statt, auf der die
Augsburgische Konfession
von 1530 von neuem anerkannt ward. Am 29. Aug. 1631 wurde Naumburg von
Tilly , 29. Okt. 1632 von
Gustav
Adolf erobert, 1642 aber
von dem schwedischen
General
Königsmark vergeblich belagert. 1814 wurde Naumburg preußisch.
Vgl. Puttrich, Naumburg an der
Saale , sein
Dom und andre altertümliche Bauwerke
(Text von
Lepsius , Leipz. 1841-43; Mitzschke, Naumburger
Inschriften (Naumb. 1876-81, 6 Hefte).
-
2) Stadt im preuß. Regierungsbezirk
Kassel ,
[* 20 ]
Kreis
Wolfhagen , an der
Elbe (Nebenfluß der
Eder ), 298 m ü. M.,
hat ein
Amtsgericht , Fabrikation von
Thon -,
Zucker -,
Holzwaren und
Mühlsteinen und (1885) 1329 meist kath. Einwohner. Naumburg gehörte
bis 1266 den
Grafen von Naumburg und war dann bis 1802 zwischen Kurmainz und
Hessen
[* 21 ] streitig. -
3) Naumburg am Queis, Stadt im preuß. Regierungsbezirk
Liegnitz ,
[* 22 ]
Kreis
Bunzlau ,
[* 23 ] am Queis, hat 2 kath.
Kirchen ,
eine schöne neue evang.
Naundorf - Nautilus
* 24
Seite 12.19.
[* 1 ]
^[Abb .:
Wappen von Naumburg
a. d . S.]
¶
mehr
Kirche , ein Amtsgericht , bedeutende Töpferei und (1885) 2133 meist kath. Einwohner. Das ehemalige
Benediktiner-Nonnenkloster wurde 1217 vom Herzog Heinrich dem Bärtigen gestiftet. -
4) Naumburg am Bober , Stadt daselbst, Kreis Sagan ,
[* 25 ] am Bober , hat eine evangelische und eine kath. Kirche , ein Schloß , Baumwollspinnerei,
Töpferei , eine Blechvernickelungshütte, bedeutende Mühlen ,
[* 26 ] Ziegelbrennerei, Braunkohlengruben und (1885) 946 meist
evang. Einwohner. In der Nähe eine schwefelhaltige Mineralquelle mit Badeeinrichtung. Naumburg erhielt 1293 deutsches Stadtrecht .