Titel
Naumann
,
1)
Johann
Gottlieb oder
Amadeus,
Komponist; geb. zu
Blasewitz bei
Dresden,
[* 2] ward
von einem schwedischen
Virtuosen von
Dresden, wo er die Kreuzschule besuchte, mit nach
Italien
[* 3] genommen und genoß in
Padua
[* 4] drei
Jahre lang den
Unterricht
Tartinis. Nachdem er sich in
Neapel
[* 5] und
Bologna, hier unter
Martini, weiter ausgebildet, ließ
er sich als Musiklehrer in
Venedig
[* 6] nieder, wo er seine ersten
Opern zur Aufführung brachte 1765 nach
Dresden zurückgekehrt,
ward er hier als kurfürstlicher Kirchenkomponist, bald darauf als Kammerkomponist angestellt, unternahm in der
Folge (1766
und 1771) noch zwei
Reisen nach
Italien, wo in verschiedenen
Städten mehrere seiner
Opern, wie
»Achilles
auf Skiros«,
»Soliman«,
»Hypermnestra«,
»Armida« u. a., mit vielem Beifall über die
Bühne gingen, und erhielt bei seiner Rückkehr
einen
Ruf
Friedrichs d. Gr. als
Kapellmeister nach
Berlin,
[* 7] den er jedoch ablehnte, wofür er vom
Kurfürsten von
Sachsen
[* 8] zum
Kapellmeister,
später zum Oberkapellmeister ernannt wurde. 1780 begab er sich auf Einladung des
Königs von
Schweden
[* 9] nach
Stockholm,
[* 10] wo er sein berühmtestes Werk, die
Oper
»Cora«, komponierte, brachte 1785 zu
Kopenhagen
[* 11] die
Oper
»Orpheus«
[* 12] auf
die
Bühne und veranstaltete auch am
Berliner
[* 13]
Hof
[* 14] mehrfache Aufführungen seiner
Opern. Er starb in
Blasewitz.
Noch
sind von seinen
Opern hervorzuheben:
»Elisa«,
»Tutto per amore«, »La dama soldato« und
»Acis e.
Galatea«.
Später wandte sich Naumann
vorwiegend der
Kirchenmusik zu und schrieb unter anderm für die von
Fasch begründete und geleitete
Berliner Singakademie allein 27 große
Messen und 10 Oratorien. Bekannt ist sein
»Vaterunser«
(Text von
Klopstock).
Sein
Leben beschrieb
A. G.
Meißner
(Prag
[* 15] 1803-1808, 2 Bde.) und ein Ungenannter
(Dresd. 1841).
2)
Johann
Friedrich, Ornitholog, geb. zu Ziebigk bei
Köthen,
[* 16] Sohn des ebenfalls als Ornitholog bekannten
Johann
Andreas
Naumann
(geb. 1747, gest. 1826), erlernte bei seinem
Vater die
Landwirtschaft, widmete aber seine Muße naturgeschichtlichen, bald
fast ausschließlich ornithologischen
Studien, ward später
Professor und Inspektor des ornithologischen
Museums des
Herzogs von
Anhalt-Köthen und starb in Ziebigk.
Sein Hauptwerk ist die an eignen
Beobachtungen ungemein
reiche, höchst gründliche und zuverlässig
»Naturgeschichte der
Vögel
[* 17]
Deutschlands«
[* 18] (2. Aufl., Leipz. 1822-44, 12 Bde.;
Nachträge hierzu von
Blasius,
Baldamus und
Sturm, 1851-60). Naumann
fertigte nicht nur selbst die
Zeichnungen
zu derselben, sondern stach auch gegen 500
Platten in
Kupfer.
[* 19] Außerdem beteiligte er sich an
Buhles
Schriften und schrieb:
»Taxidermie«
(Halle
[* 20] 1815, 2. Aufl. 1848) und Ȇber den
Haushalt der nördlichen Seevögel
Europas« (Leipz. 1824). Beiden Naumann
,
Vater und Sohn,
zu
Ehren hat die Deutsche
[* 21] Ornithologengesellschaft ihr
Organ »Naumannia«
(1850 ff.) benannt.
3)
Karl
Friedrich, Mineralog und Geognost, Sohn von Naumann
1), geb. zu
Dresden, studierte seit 1816 in
Freiberg,
[* 22]
Leipzig
[* 23] und
Jena
[* 24]
Naturwissenschaft, bereiste 1821-22
Norwegen, ward 1823
Privatdozent für
Mineralogie in
Jena, 1824
Professor in
Leipzig
und 1826
Professor der
Kristallographie und
Geognosie in
Freiberg. 1842 ging er als
Professor der
Mineralogie
und
Geognosie nach
Leipzig, trat 1872 in den
Ruhestand und siedelte nach
Dresden über, wo er starb. Er schrieb »Beiträge
zur Kenntnis
Norwegens« (Leipz. 1824, 2 Bde.);
»Lehrbuch der Kristallographie« (das. 1830, 2 Bde.);
»Anfangsgründe der Kristallographie« (Dresd. 1841; 2. Aufl., Leipz. 1854);
»Elemente der theoretischen Kristallographie« (das. 1856);
»Elemente der Mineralogie« (das. 1846; 12. Aufl. von Zirkel, 1885);
»Lehrbuch der Geognosie« (das. 1850-1854, 2 Bde.; 2. Aufl. 1857-72, Bd. 1-3, letzterer unvollendet);
»Über den Quincunx als Grundgesetz der Blattstellung« [* 25] (Dresd. und Leipz. 1845).
Mit Cotta gab er die geognostische Karte des Königreichs Sachsen in zwölf Sektionen heraus; später lieferte er eine geognostische Spezialkarte des Kohlenbassins von Flöha und schrieb dazu: »Geognostische Beschreibung des Kohlenbassins Flöha« (Leipz. 1865);
endlich: »Geognostische Karte des erzgebirgischen Bassins im Königreich Sachsen« (das. 1866). - Sein jüngerer Bruder, Konstantin August, geb. zu Dresden, seit 1827 Professor an der Bergakademie zu Freiberg, gest. war ein gründlicher Forscher auf dem Gebiet der höhern Mathematik und Astronomie. [* 26]
4) Moritz Ernst Adolf, Mediziner, Bruder des vorigen, geb. zu Dresden, studierte seit 1816 in Leipzig, promovierte daselbst 1820, habilitierte sich 1824 ebenda als Privatdozent, ward 1825 als außerordentlicher Professor nach Berlin berufen, erhielt 1828 eine ordentliche Professur in Bonn, [* 27] wurde 1851 Direktor des gesamten klinischen Instituts und bald darauf Geheimer Medizinalrat, legte 1864 die Leitung der Klinik nieder und starb in Bonn. Er schrieb: »Handbuch der medizinischen Klinik« (Berl. 1829-39, 8 Bde.; 2. Aufl., 1. Bd., das. 1848);
»Die Pathogenie« (das. 1840-45, 3 Bde.);
»Vermischt Schriften« (Bonn 1850);
»Allgemeine Pathologie und Therapie« (Berl. 1851);
»Ergebnisse und Studien aus der medizinischen Klinik zu Bonn« (Leipz. 1858-60, 2 Bde.).
5)
Emil,
Komponist und Musikschriftsteller, Enkel von Naumann
1),
geb. zu
Berlin, erhielt seine musikalische
Ausbildung am
Leipziger
Konservatorium durch Mendelsohn und
Hauptmann und trat 1848 mit dem
Oratorium
»Christus der Friedensbote«
zu
Dresden in die
Öffentlichkeit. Nachdem er in den folgenden
Jahren noch eine große Zahl von
Kompositionen aller
Gattungen
hatte nachfolgen lassen, wurde er 1856 auf
Grund einer
Schrift: »über Einführung des Psalmengesanges in die evangelische
Kirche«, zum
Hof-Kirchenmusikdirektor in
Berlin ernannt und schrieb als solcher ein umfangreiches Werk:
»Psalmen auf alle
Sonn-
und
Feiertage des evangelischen
Kirchenjahrs« (Berl.).
Später bethätigte sich Naumann
, da seine
Kompositionen nur geringen Anklang
fanden, vorwiegend als Schriftsteller und veröffentlichte: »Die
Tonkunst in der
Kulturgeschichte« (Bd. 1, Berl.
1869-70);
»Deutsche Tondichter« (das. 1871, 5. Ausg. 1882);
»Italienische Tondichter« (das. 1876, 2. Aufl. 1883);
»Illustrierte Musikgeschichte« ¶
mehr
(Stuttg. 1880-85) u. a. Seit 1874 lebt Naumann
in Dresden, wo er als Lehrer der Musikgeschichte am Konservatorium wirkt.