Naturālwirtschaft,
im Gegensatz zur Tauschwirtschaft zunächst die unterste Stufe der wirtschaftlichen Entwicklung, auf welcher jede Einzelwirtschaft die Güter ihres Bedarfs selbst produziert und nicht durch Eintausch oder Kauf von andern Wirtschaften erwirbt. Ist eine solche sich selbst genügende Einzelwirtschaft nur von kleinem Umfange, so kann sie nur auf einer sehr niedrigen Kulturstufe stehen, da sie unter diesen Umständen nur den notwendigsten Unterhalt erzeugen kann.
Eine Naturalwirtschaft im großen dagegen kann schon eine bedeutende Leistungsfähigkeit erlangen. Sie beruht dann nach den bisherigen Erfahrungen entweder auf der Sklaverei oder Hörigkeit der beschäftigten Arbeiter (wie z. B. auf den großen Fronhöfen des Mittelalters) oder auf dem Genossenschaftsprincip mit mehr oder weniger klösterlichen Einrichtungen. In einem etwas andern Sinne bedeutet Naturalwirtschaft jenen Zustand der ökonomischen Entwicklung, woselbst zwar schon Austauschakte und Verkehrsbeziehungen vorkommen, dabei aber noch nicht das Geld als Vermittler auftritt und wo die Leistungen der Einzelnen für die Gesamtheit in Naturalgütern und direkten Dienstleistungen (s. Frone) bestehen; sie ist also hier der Gegensatz zur Geldwirtschaft (s. d.). Übrigens ist in der Geschichte der Kulturwelt die Naturalwirtschaft kaum jemals in ihrer vollen Reinheit zu finden.
Der naturale Austausch von Erzeugnissen der einzelnen Wirtschaften wird immer, wenn auch anfangs nur in geringem Umfange, vorgekommen sein, und auch die Verwendung des Geldes als eines Vermittelungsgliedes läßt sich schon in den frühesten Perioden der asiat. Kultur nachweisen. Ein großes Übergewicht der Geldwirtschaft über die Naturalwirtschaft tritt jedoch erst seit dem 16. Jahrh. hervor und hat seitdem, unterstützt durch die Entwicklung des Kredits (s. d.), immer mehr zugenommen. Reste der Naturalwirtschaft haben sich bis auf die neueste Zeit in der Landwirtschaft erhalten.