Naturalisation
(lat.),
Verleihung der inländischen
Staatsangehörigkeit an einen
Ausländer; naturalisieren, in den
einheimischen Staatsverband aufnehmen; Naturalisa
tionsurkunde
(-Akte,
-Brief, franz.
Lettre de naturalisation
), die
über diese
Aufnahme ausgefertigte
Urkunde. Diese wird in den meisten
Staaten nur nach längerm Aufenthalt im Inland erteilt;
so besteht in
Belgien,
[* 2]
England,
Nordamerika
[* 3] und Rußland eine solche Niederlassungsfrist von fünf, in
Frankreich,
Griechenland
[* 4] und
Schweden
[* 5] von drei, in der
Argentinischen Republik und in
Brasilien
[* 6] von zwei
Jahren, während in
Portugal
[* 7] ein einjähriger Aufenthalt genügt. In
Italien,
[* 8] in
Österreich,
[* 9] in der
Schweiz
[* 10] und ebenso in
Deutschland
[* 11] ist eine solche
Frist
nicht vorgeschrieben.
Für
Deutschland sind die
Grundsätze über die Naturalisation
durch das
Bundes-
(Reichs-)
Gesetz vom über die Erwerbung und den
Verlust der
Bundes- und
Staatsangehörigkeit normiert. Jeder Deutsche
[* 12] befindet sich nämlich insofern in
einer Doppelstellung, als ihm dem
Reiche gegenüber das
Reichsbürgerrecht oder das
Bundesindigenat (s. d.) und
daneben in demjenigen
deutschen
Staat, welchem er angehört, das
Bürgerrecht ebendieses
Staats zusteht. Die
Reichsangehörigkeit setzt die
Staatsangehörigkeit
in einem
Bundesstaat voraus und wird mit dieser erworben und verloren.
Derjenige nun, welcher bereits in einem
Bundesstaat die
Staatsangehörigkeit und damit also auch die
Reichsangehörigkeit besitzt,
kann nach dem
Grundsatz der
Freizügigkeit ohne besondere Schwierigkeiten auch in einem andern
Bundesstaat die
Staatsangehörigkeit
erlangen. Das
Gesetz vom bezeichnet daher eine solche »Überwanderung«
eines
Deutschen von dem einen in einen andern deutschen
Staat als
Aufnahme, während es für die
»Einwanderung«
eines Ausländers den
Ausdruck Naturalisation
beibehalten hat.
Beides,
Aufnahme und Naturalisation
, erfolgt durch die höhere Verwaltungsbehörde des betreffenden
Staats und zwar die
Aufnahme kostenfrei.
Der Hauptunterschied zwischen
Aufnahme und Naturalisation
besteht darin, daß die Aufnahmeurkunde jedem
Angehörigen
eines andern
Bundesstaats erteilt werden muß, wenn er darum nachsucht und zugleich nachweist, daß er in dem
Bundesstaat,
in welchem er die
Aufnahme nachricht, sich niedergelassen habe, es müßte denn einer der
Fälle vorliegen, in welchem nach
dem Freizügigkeitsgesetz die
Abweisung eines Neuanziehenden oder die Versagung der Fortsetzung des Aufenthalts
als gerechtfertigt erscheint (s.
Freizügigkeit).
Dagegen besteht eine Verpflichtung zur Naturalisation
von Ausländern keineswegs; die Reichsgesetzgebung hat nur die
Voraussetzungen festgestellt, deren Vorhandensein zur Naturalisation
unbedingt erforderlich ist, ohne den Einzelregierungen
die Befugnis abzuschneiden, noch weitere Erfordernisse für die Erteilung der Naturalisation
aufzustellen. Jene allgemeinen
Voraussetzungen sind folgende. Der um die Naturalisation
nachsuchende
Ausländer muß nach den
Gesetzen seiner bisherigen
Heimat dispositionsfähig sein, oder der etwanige Mangel der Dispositionsfähigkeit muß durch die Zustimmung des
Vaters, Vormundes
oder
Kurators ergänzt werden.
Ferner muß derselbe einen unbescholtenen Lebenswandel nachweisen; er muß an dem Ort, wo er sich niederlassen will, eine eigne Wohnung oder ein Unterkommen haben, und er muß endlich im stande sein, sich und seine Angehörigen an diesem Ort nach den daselbst bestehenden Verhältnissen zu ernähren.
Vgl. außer den Lehrbüchern des Staatsrechts Stolp, [* 13] Die deutsche Staatsangehörigkeits- u. Heimatsgesetzgebung (Berl. 1872);
Martitz, Das Recht der Staatsangehörigkeit im internationalen Verkehr (Leipz. 1875);
Folleville,
Traité de la naturalisation
(Par. 1880).