Natriumhyd
roxyd
(Natriumoxydhydrat,
Ätznatron,
Natronhydrat) NaOH entsteht, wenn
Natrium auf kohlensäurefreies
Wasser
oder gelöschter
Kalk
(Calciumhydroxyd) auf eine
Lösung von kohlensaurem
Natron einwirkt. Zur
Darstellung löst man kristallisiertes
kohlensaures
Natron in 4 Teilen
Wasser, erhitzt die
Lösung im blanken eisernen
Kessel zum
Sieden, setzt allmählich
frisch gelöschten
Kalk hinzu und verfährt im übrigen wie bei der Bereitung des
Kaliumhydroxyds (s. d.). Die so erhaltene
Lösung von Natriumhyd
roxyd
(Ätzlauge, Ätznatronlauge,
Natronlauge) ist auch wie die
Kalilauge zu behandeln. Die offizinelle
Natronlauge
enthält in 100 Teilen etwa 15 Teile Natriumhyd
roxyd und besitzt das spez. Gew.
1,159-1,163. Den
Gehalt einer
Natronlauge bei verschiedenem spezifischen
Gewicht zeigt die folgende
Tabelle, welche für 15°
gültig ist:
Durch
Verdampfen der
Natronlauge erhält man festes Natriumhyd
roxyd; doch wird dies gegenwärtig meist in den Sodafabriken
im großen dargestellt und als kaustische
Soda
(Seifenstein,
Sodastein) in den
Handel gebracht. Man schmelzt, wie bei dem gewöhnlichen
Sodabildungsprozeß, schwefelsaures
Natron mit kohlensaurem
Kalk und
Kohle, erhöht aber die
Quantität der letztern, laugt nach
dem
Schmelzen die gewonnene Rohsoda sofort aus, erhitzt die
Lauge mit gelöschtem
Kalk unter Einblasen von
Luft, welche Schwefelnatrium oxydiert, zieht die
Lauge von dem Kalkschlamm klar ab, verdampft sie unter
Entfernung der sich
abscheidenden
Salze und beseitigt einen Rückstand von Schwefelnatrium durch Zusatz von
Chilisalpeter oder durch Einblasen
von
Luft bei sehr hoher
Temperatur.
Cyanverbindungen, welche in dem
Ätznatron vorhanden waren, zersetzen sich unter Abscheidung von
Graphit
und
Entwickelung von
Ammoniak. Das vom Bodensatz
(Eisenoxyd, kieselsaure
Thonerde etc.) klar
abgezogene geschmolzene
Ätznatron
wird in Blechtrommeln gefüllt. Auch die durch Schwefeleisennatrium rot gefärbte
Mutterlauge der Sodafabriken
(Rotlauge),
welche reich an Natriumhyd
roxyd ist, wird in derselben
Weise auf kaustische
Soda verarbeitet. Man bereitet Natriumhyd
roxyd auch durch
Zersetzung von schwefelsaurem
Natron mit
Ätzbaryt, wobei schwefelsaurer
Baryt
(Blanc fixe) als Nebenprodukt auftritt; ferner
bei der Verarbeitung des
Kryoliths auf schwefelsaure
Thonerde und durch
Glühen von
Natronsalpeter mit
Braunstein oder metallischem
Eisen.
[* 3]
Chemisch reines Natriumhyd
roxyd stellt man mit
Natrium dar, indem man auf dieses in einer silbernen
Schale
Wasser
tropfen läßt.
Das Natriumhyd
roxyd des
Handels bildet eine weiße, steinartige
Masse.
Reines Natriumhyd
roxyd besteht aus 77,5 Proz.
Natron und 22,5 Proz.
Wasser, ist kristallinisch,
durchscheinend, vom spez. Gew. 2,13, zerfließt an der
Luft, erstarrt dann aber wieder unter
Bildung von kohlensaurem
Natron, löst sich leicht in
Wasser und
Alkohol
und gleicht in seinen chemischen
Eigenschaften im allgemeinen dem
Kaliumhydroxyd. Es zerstört die meisten
Pflanzen- und Tierstoffe
und fühlt sich, weil es die
Haut
[* 4] stark angreift, zwischen den
Fingern schlüpfrig an. Es schmilzt bei Rotglut und ist in höherer
Temperatur flüchtig.
Mit
Säuren bildet es die
Natronsalze, und aus
Metallsalzen fällt es Metallhydroxyde. Man benutzt es in der
Seifenfabrikation, zur Verarbeitung und
Reinigung der
Teeröle, des
Erdöls etc., zur
Darstellung von Natronwasserglas und
Holzcellulose
für die Papierfabrikation,
[* 5] künstlichem
Alizarin und
Resorcin, in der
Bleicherei und überall in der chemischen
Industrie, wo
es auf die
Wirkung einer starken
Base ankommt. Die Fabrikation der festen kaustischen
Soda mit
Hilfe von
Salpeter wurde 1844 von Weißenfeld in der Tennantschen Sodafabrik in
Glasgow
[* 6] erfunden, doch beginnt die
Entwickelung dieses
Industriezweigs erst 1853 mit dem
Patent von Gossage, welcher die schwefelnatriumhaltigen
Laugen in einem Koksturm oxydierte. 1858 machten
die Gebrüder
Thomas die Rohlauge mit
Kalk kaustisch
und oxydierten gleichzeitig das Schwefelnatrium durch
eingeblasene
Luft. Die
Industrie entwickelte sich fast vollständig in
Lancashire. In
Deutschland
[* 7] wird seit 1859 Natriumhydroxyd
dargestellt.
Vgl. Lunge, [* 8] Handbuch der Sodaindustrie (Braunschweig [* 9] 1879).