Das im laufenden Alphabet nicht Verzeichnete ist im Register des Schlußbandes aufzusuchen.
Nathusius
2 Seiten, 844 Wörter, 6'313 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Das im laufenden Alphabet nicht Verzeichnete ist im Register des Schlußbandes aufzusuchen.
Nathusius,
1) Gottlob, Industrieller, geb. zu
Baruth, lernte in
Berlin
[* 3] bei einem Kleinhändler, konditionierte
dann in dem Handelshaus Sengewald in
Magdeburg,
[* 4] übernahm nach seines
Prinzipals
Tod mit dessen
Schwager
Richter das
Geschäft
unter der
Firma
Richter u. Nathusius
und brachte dasselbe, namentlich durch Errichtung einer Tabaksfabrik
1787, zu hoher
Blüte.
[* 5] Das Ableben seines kinderlosen
Kompagnons und der
Witwe desselben machte ihn zum alleinigen
Inhaber des
Geschäfts.
Nach Wiedereinführung des Tabaksmonopols wurde er königlicher Generalfabrikdirektor, legte aber diese Stelle bald nieder und übernahm unter Friedrich Wilhelm III. die Fabrik, die bis dahin als Kronfabrik fortbestanden hatte, wieder auf eigne Rechnung. Die Verminderung des Absatzes unter der westfälischen Regierung veranlaßte ihn, das Kloster Althaldensleben und das Gut Hundisburg zu kaufen, und auf diesem Güterkomplex begründete er neben großartigem und musterhaftem landwirtschaftlichen Betrieb eine ganze Reihe der umfassendsten industriellen Anstalten, wie Brauereien und Branntweinbrennereien, Öl-, Graupen-, Kartoffel- etc. Mühlen, [* 6] eine Obstkelterei, Zuckerfabrik, Ziegelei, Steingut- und Porzellanfabrik. Er starb
2) Hermann Engelhard von, Tierzüchter, Sohn des vorigen, geb. 1809 zu Magdeburg, studierte Naturwissenschaften, übernahm das Gut Hundisburg und wandte sich nun ausschließlich der Landwirtschaft, speziell der Viehzucht, [* 7] zu. Er führte mit Erfolg edle Zuchttiere aus England ein und wirkte für die Hebung [* 8] der Viehzucht mit großem Erfolg. Vorgebildet durch zoologische Studien und durch genaue Bekanntschaft mit den Erfahrungen der englischen Züchter, sammelte er ein ungemein großes Beobachtungsmaterial in seinen Hundisburger Herden, deren Züchtung er persönlich leitete, und in seiner Skelettsammlung der Haustierrassen.
Seine
Schriften wurden zu grundlegenden
Arbeiten für wissenschaftliche Behandlung der Tierzuchtlehre. Gegen die Darwinsche
Theorie verhielt er sich ablehnend, obwohl aus seinen Werken viele
Beweise für die Unterstützung derselben entnommen werden
können. Er starb in
Berlin. Nathusius
schrieb: »Ansichten und
Erfahrungen über die
Zucht von Fleischschafen«
(Berl. 1856);
»Über die Konstanz [* 9] in der Tierzucht« (das. 1860);
»Über Shorthorn-Rindvieh« (2. Aufl., das. 1861);
»Die Rassen des Schweins« (das. 1860);
»Vorstudien für Geschichte und Zucht der Haustiere« (das. 1864);
»Deutsches Gestütalbum«, Photographien vorzüglicher Pferde [* 10] (das. 1868-70);
»Vorträge über Viehzucht und Rassenkenntnis« (das. 1872-80, 3 Bde.);
»Wandtafeln für den naturwissenschaftliche Unterricht« (das. 1871-73, 2 Tle.);
»Über die sogen. Leporiden« (das. 1876).
Mit
Thiel gab er die
»Landwirtschaftlichen
Jahrbücher« (Berl.) heraus. Nathusius
war Mitglied des preußischen
Landesökonomiekollegiums,
auch
Direktor des
Landwirtschaftlichen Zentralvereins für die
Provinz
Sachsen,
[* 11]
Präsident der
Deutschen
Ackerbaugesellschaft etc.
Vgl. W. v. Nathusius
,
Herm.
v. Nathusius
, Rückerinnerungen aus seinem
Leben (Berl. 1880).
3) Philipp Engelhard von, Bruder des vorigen, geb. zu Althaldensleben, war seit 1848 eifriger Mitarbeiter der »Kreuzzeitung«, gab dann, um den Grundsätzen und Anschauungen seiner Partei bei der Landbevölkerung Eingang zu verschaffen, das »Volksblatt für Stadt und Land« heraus und ließ sich schließlich zu Neinstedt am Harz nieder, wo er eine Knabenerrettungsanstalt nach dem Vorbild des Rauhen Hauses bei Hamburg [* 12] gründete. Er starb während einer Reise in Luzern. [* 13] Gegen die Union der protestantischen Bekenntnisse schrieb er: »Zur Verständigung über Union« (Halle [* 14] 1857);
auch erschienen zwei Sammlungen
Gedichte von ihm (1839 u. 1841). - Seine
Gattin
Marie von Nathusius
, geborne
Scheele, geb. zu
Magdeburg, verheiratet seit
1841, gest. in
Neinstedt, hat sich durch eine
Reihe sittlich-schöner, aber pietistisch gefärbter
Erzählungen,
wie: »Tagebuch eines armen
Fräuleins«
(Halle 1854, 14. Aufl. 1886),
»Elisabeth« (das. 1858, 13. Aufl. 1887),
»Langenstein und Boblingen« (9. Aufl. das. 1886),
»Die alte Jungfer« (4. Aufl., das. 1869) etc., litterarischen Ruf erworben. Ihre »Gesammelten Schriften« (Halle 1858-69, 15 Bde.) enthalten auch ihr »Lebensbild« (Bd. 13-15).
4) Wilhelm von, Bruder des vorigen, geb. 1828 zu Hundisburg, studierte in Paris [* 15] und Berlin Chemie, übernahm dann das Gut Königsborn, war 1852-78 Mitglied des Landesökonomiekollegiums und seit 1869 Direktor des Landwirtschaftlichen Zentralvereins der Provinz Sachsen. Er gehörte 1855 im preußischen Abgeordnetenhaus der Fraktion ¶
Gerlach an und beteiligte sich lebhaft an den politischen Bewegungen. Von seinen wissenschaftlichen Arbeiten sind hervorzuheben die mikroskopischen Untersuchungen: »Das Wollhaar des Schafs« (Berl. 1866) und »Über die Verwertung der Wolle nach geschehener Fabrikwäsche« (Halle 1874);
»Untersuchungen über nichtcelluläre Organismen, namentlich Krustaceenpanzer,
Molluskenschalen und Eihüllen« (Berl. 1877). - Sein Bruder Heinrich von Nathusius
, geb. zu Althaldensleben,
1854-63 Landrat des Kreises Neuhaldensleben, machte sich als Pferdezüchter bekannt. Er schrieb: »Über die Lage der Landespferdezucht
in Preußen«
[* 17] (Berl. 1872);
»Das schwere Arbeitspferd« (das. 1882);
»Über die Zucht schwerer Arbeitspferde« (das. 1885).
5) Philipp von Nathusius
-Ludom, preuß. Politiker, Sohn von Nathusius
3), geb. zu Althaldensleben, studierte
in Heidelberg
[* 18] und Halle Rechtswissenschaft und Geschichte, lernte dann die Landwirtschaft in Hundisburg u. a. O. kennen und trat 1865 den
Besitz des Ritterguts Ludom im Kreis
[* 19] Obornik an. Im Herbst 1872 übernahm er die Redaktion der »Kreuzzeitung«, die er jedoch 1876 wieder
niederlegte, um nach Ludom zurückzukehren. Doch behielt er die Leitung des von ihm gegründeten »Reichsboten«
bei und beteiligte sich auch an der Bildung der »deutsch- (streng) konservative Partei«. 1877 ward er zu Minden
[* 20] in den Reichstag
gewählt. Er schrieb: »Konservative Partei und Ministerium« (Berl. 1872);
»Die Zivilehe« (das. 1872);
»Ständische Gliederung und Kreisordnung« (das. 1872) und »Konservative Position« (das. 1876).
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Nathusius,
4) Heinrich von, Landrat und landwirtschaftlicher Schriftsteller, starb auf Sylt.