Nasenlaute, unter den
Konsonanten die n- und m-Laute. Je nach der
Stelle, wo die Mundhöhle
[* 2] geschlossen wird,
unterscheidet man: dentalen
Nasal (unser n vor oder zwischen
Vokalen, vor t, d), labialen
Nasal (m), palatalen
Nasal (in sprachwissenschaftlichen Werken ń geschrieben, der
Aussprache nach das italienische gn, z. B. in bagno, in den slaw.
Sprachen als nj, ń, ň bezeichnet), gutturalen
Nasal (unser n vor g, k, z. B. in «bange»,
«Bank»).
Nasalvokale nennt man
Vokale, bei deren Hervorbringung der Luftstrom nicht nur durch den Mundraum,
sondern zugleich durch die Nasenhöhle
ins Freie geht; die bekanntesten
Beispiele sind die Aussprachsweisen des französischen
en, in, on, an. In sprachwissenschaftlichen Werken bezeichnet man die Nasalität der
Vokale meist durch einen
Haken unten am
Buchstaben (wie in der poln.
Schrift): ę, ą. u. s. w. (S.
Laut.)
(Phonologie) zerfällt in zwei Teile: die Lautphysiologie und die Lautgeschichte.
I. Die Lautphysiologie oder allgemeine ist die Lehre
[* 5] von der Erzeugung der Sprachlaute (Vokale und Konsonanten) in den menschlichen
Stimmwerkzeugen, die erst in der neuesten Zeit durch die von der Erfindung des Kehlkopfspiegels unterstützten
Forschungen der Physiologen (Brücke,
[* 6] Helmholtz, Czermak, Merkel u. a.) und die daran sich knüpfenden Untersuchungen der Sprachforscher
(Ellis, Sweet, Sievers, Lepsius, R. v. Raumer, Rumpelt u. a.) eine glänzende Förderung und wissenschaftliche Vertiefung erfahren
hat.
Das menschliche Sprachorgan ist ein Instrument, das zum Tönen gebracht wird, indem eine aus den Lungen
entsendete Luftsäule durch den Kehlkopf hinausgetrieben wird, wo sie vermittelst der Schwingungen der im Kehlkopf befindlichen
Stimmbänder zum Tönen gebracht werden kann, stets aber beim Durchgang durch die Mundhöhle durch Zunge, Zähne,
[* 7] Mundstellung
etc. näher individualisiert wird. Finden regelmäßige, sich rasch wiederholende Schwingungen der Stimmbänder
statt, so entsteht ein Ton, der je nach der raschern oder langsamern Aufeinanderfolge der Schwingungen höher oder tiefer,
je nach der größern oder geringern Intensität derselben lauter oder leiser erklingt.
Solche Töne
sind namentlich die Vokale. Welcher Vokal in jedem Fall entsteht, hängt von der Gestalt der
Schwingungen ab, welche bewirkt, daß von den »Obertönen«, welche man bei jedem Vokalton neben dem Grundton unterscheiden kann,
bald der, bald jener verstärkt und dadurch die »Klangfarbe« desselben eine verschiedene wird, gerade wie jeder beliebige
Ton der musikalischen Skala anders klingt, je nachdem er auf einer Violine, einer Flöte oder einem Pianoforte
hervorgebracht wird.
Wie durch den verschiedenen Bau dieser Instrumente, so kann im menschlichen Sprachorgan der nämliche Ton sehr verschiedene
Färbungen annehmen, wenn die Stellung des Mundes, der Zunge, der Lippen etc. sich ändert, und es ist daher theoretisch eine
fast unbegrenzte Anzahl von Vokalen denkbar. Thatsächlich lassen sich jedoch alle in den Sprachen vorhandenen
Vokalnüancen in die drei Hauptvokale a, i, u einteilen, die sich durch das verstärkte Auftreten je eines tiefern, mittlern
oder hohen Obertons unterscheiden.
Alle andern Vokale sind nur Nüancen dieser drei, indem z. B. e zwischen a und i, o zwischen a und u in der
Mitte liegt; die Diphthonge sind zusammengesetzte Vokale, z. B. au = a-u. Die Konsonanten oder Mitlauter haben ihren Namen insofern
mit Recht, als sie, im Gegensatz zu den Vokalen (deshalb Selbstlauter genannt), in der Regel nicht allein eine Silbe bilden können,
sondern nur mit einem Vokal zusammen, welcher dann stets den Accent erhält. Doch gibt es nicht bloß in
den slawischen Sprachen und im Sanskrit viele Silben, welche anstatt eines Vokals bloß ein r oder l enthalten, das dann auch
der Träger
[* 8] des Accents ist, sondern auch im Deutschen sind Wörter, wie z. B. ritten, Handel, ohne Frage zweisilbig,
obschon man die zweite Silbewie n, l (ohne e) ausspricht; und ganz irrig ist die schon durch die übliche Lautiermethode der
Kinder und der Taubstummen leicht zu widerlegende Vorstellung, als ob man die Konsonanten gar nicht ohne einen Vokal aussprechen
könnte.
Auf diesem Vorhandensein oder Fehlen des Stimmtons beruht die Haupteinteilung der Konsonanten in tönende
und tonlose, die teilweise mit der volkstümlichen, aber unklaren und leicht zu Mißverständnissen führenden Unterscheidung
zwischen harten und weichen Konsonanten zusammenfällt (z. B. zwischen »weichem
b« und »hartem p«). Nach einem zweiten Einteilungsprinzip erhält
man die teilweise schon genannten Klassen:
2) Hauche, wie die Vokale an den Stimmbändern gebildet, aber ohne regelmäßiges Schwingen derselben, also Kehlkopfgeräusche,
wie z. B. das deutsche h; 3) Nasale oder Nasenlaute, durch Öffnung des Gaumensegels gebildet, wodurch der Stimmton, anstatt
durch die Mund-, durch die Nasenhöhle ausströmt;
6) Explosivlaute oder Verschlußlaute, auch Mutae (stumme) genannt, bei deren Hervorbringung irgend ein
Teil der Mundhöhle ganz geschlossen wird, so daß die Luft plötzlich mit Geräusch daraus hervorplatzt. Man bezeichnet auch
die letzte Klasse als die der momentanen Konsonanten, die übrigen, mit Ausnahme der Hauche, als Dauerlaute, weil sie längere
Zeit hindurch ausgehalten werden und daher wie die Vokale auch Silben bilden können. Am weitesten von der
Qualität der Vokale entfernt sind dagegen die tonlosen Explosivlaute, die weder im Kehlkopf hervorgebracht, noch angehalten
werden können wie die Vokale. Am durchgreifendsten ist eine dritte Einteilung der Konsonanten, welche sich sogar auf alle Vokale
ausdehnen läßt, nämlich die Einteilung nach der Artikulationsstelle.
Man unterscheidet hiernach schon von alters her zwischen Gutturalen oder Palatalen (Kehl- oder Gaumenlauten), Dentalen oder Lingualen
(Zahn- oder Zungenlauten) und Labialen (Lippenlauten). Die Mundstellung bei den Gutturalen (Palatalen) und Labialen gleicht ungefähr
derjenigen, die bei Aussprache des i und u eintritt, die Mundstellung bei den Dentalen hat eine freilich
nur entfernte Ähnlichkeit
[* 12] mit der Aussprache des a. Freilich ist nun diese Lehre von den Artikulationsstellen durch die neuern
Forschungen sehr erweitert worden; so gibt es nach Brücke außer den eigentlichen Dentalen auch alveolare, cerebrale oder
cacuminale oder linguale (im Sanskrit, durch Zurückbiegung der Zungenspitze und Berührung des Gaumens mit
derselben gebildet), endlich dorsale Zungenlaute und drei Hauptarten von Gaumenlauten; auch die Labialen teilt man in zwei Klassen,
die der rein labialen und der labiodentalen Laute. So werden durch diese noch keineswegs abgeschlossenen Forschungen immer
genauer die Grundlagen eines natürlichen Lautsystems festgestellt, nach dem jedes Alphabet der Welt wissenschaftlich angeordnet
werden kann. Das physiologische Alphabet der deutschen Sprache
[* 13] ist hiernach für die einfachen Laute so aufzustellen:
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Provinzielle Verschiedenheiten und feinere Nüancen der Aussprache sind hierbei nicht berücksichtigt: so ist das tönende
oder weiche s in ganz Süddeutschland unbekannt;
g, d, b sind in der süd- und mitteldeutschen und der
rheinischen Aussprache keine tönenden Laute, sondern klingen wie schwächer artikulierte k, t, p;
r wird in vielen Gegenden
Deutschlands
[* 14] guttural ausgesprochen, ä selbst in langen Silben von e nicht unterschieden;
w ist in schwer ein andrer Laut als
in war, ö klingt in Hölle viel heller als in Höhle, überhaupt vermag unsre Schrift viele vorhandene
Lautunterschiede nicht auszudrücken (s. Orthographie).
II. Die Lautgeschichte oder historische Lautlehre geht darauf aus, die in der Geschichte der Sprachen hervortretenden Lautveränderungen
durch die Methode der historischen und vergleichenden Grammatik nachzuweisen und allgemeine Gesetze des Lautwandels, die sogen.
Lautgesetze, aufzustellen. Namentlich in diesem Sinn wird die Lautlehre von allen Sprachforschern der Gegenwart sehr
eifrig betrieben, Sprach- und Naturforschung reichen sich aber in der Lautlehre die Hand;
[* 17] während die immer noch etwas weiten Einteilungen
der Lautphysiologen durch die präzisen Ergebnisse der Sprachwissenschaft größere Bestimmtheit erlangen, erhalten anderseits
die rein empirisch gefundenen Thatsachen der Lautgeschichte durch die physiologische Lautlehre ihre Erklärung. So erklärt sich aus
dem oben über die Vokale Gesagten der häufige Wechsel unter den Vokalen, wie er z. B. in dem deutschen Ablaut und in der gesamten
Flexion der semitischen Sprachen hervortritt.
Ebenso leicht wechseln die Zitterlaute und die Nasale untereinander, wie z. B. die ältesten indogermanischen Sprachen das l
noch gar nicht oder nur selten hatten und das indogermanische l meist aus älterm r, ebenso wie das n
am Schluß der Wörter vielfach aus älterm m, entstanden ist. Ganz allgemein tritt auch der Wechsel zwischen den einander entsprechenden
tönenden und tonlosen Lauten auf, wie z. B. in den germanischen Sprachen durch die Lautverschiebung (s. d.) die
meisten g, d, b in k, t, p übergegangen sind.
Auch Verschluß-, Reibe- und andre Laute gehen trotz ihres verschiedenen physiologischen Charakters ineinander über, wenn
sie die gleiche Artikulationsstelle haben, z. B. t in s, b in w, i in j u. dgl. Übrigens hat jede Sprache ihre besondern Lautgesetze
und Lautneigungen, gerade wie niemals zwei Individuen ganz die gleiche Aussprache haben. Hierauf beruht
es auch, daß der sogen. Wohllaut etwas außerordentlich Schwankendes ist. Jeder hält das für wohlklingend, für euphonisch,
womit er durch langjährige Gewohnheit vertraut ist, und der Hottentote ist ebenso fest von dem Wohlklang seiner Schnalzlaute
überzeugt wie wir von der Schönheit unsrer Konsonanten, obschon der Ausländer deutsche Wörter, wie Holzpflock,
Strolchs u. dgl., unaussprechbar findet und an
Vokalreichtum die deutsche Sprache tief unter den Idiomen der rohen Polynesier rangiert, welche jede Silbe auf einen Vokal ausgehen
und mit nicht mehr als einem Konsonanten beginnen
¶
mehr
lassen. Die historische und vergleichende Lautlehre, wie J. Grimm und Bopp sie begründet haben, die Grundlage der neuern Linguistik,
geht nicht mit dem fertigen Begriff des Wohllauts an die Sprache heran, sondern sucht den Sprachen abzulernen, was darin zu einer
gegebenen Zeit für wohllautend galt. S. Sprache und Sprachwissenschaft.