Naphthalīn
C10H8 , ein im
Steinkohlenteer reichlich (5-10 Proz.), auch im
Braunkohlen- und Holzteer
und in manchem
Erdöl
[* 2] vorkommender
Kohlenwasserstoff, scheidet sich in großen
Mengen aus dem völlig erkalteten Schweröl aus
und kann durch
Filtrieren,
[* 3] Ausschleudern oder
Pressen abgesondert werden. Da die
Reinigung dieses
Produkts aber ziemlich schwierig
ist, so begnügt man sich mit der Gewinnung von Naphthalin
aus dem Karbolöl und zwar aus demjenigen
Teil desselben, welcher nach Behandlung des
Öls
[* 4] mit
Natronlauge zur Ausziehung des
Phenols zurückbleibt.
Dies
Öl wird der
Destillation
[* 5] unterworfen und liefert dabei zuerst wenig leichtes
Öl, dann aber fast reines Naphthalin
, so daß der
Inhalt der
Vorlage zu einem weißen Kristallbrei erstarrt. Man bringt denselben auf eine
Filterpresse,
[* 6] dann
auf eine
hydraulische Presse, behandelt den Rückstand mit 5-10 Proz. konzentrierter
Schwefelsäure,
[* 7] wäscht das Naphthalin
mehrmals
mit
Wasser und dann zur vollständigen
Entfernung der
Säure mit schwacher
Natronlauge, worauf es schließlich sublimiert oder
destilliert wird.
Gewöhnlich gießt man das destillierte Naphthalin
in flache
Schalen und bringt die erstarrten
Kuchen, nachdem
sie noch einmal hydraulisch gepreßt worden sind, in den
Handel. Naphthalin
bildet gereinigt farblose Blättchen, riecht penetrant,
schmeckt brennend, löst sich leicht in
Alkohol,
Äther und
Ölen, nicht in
Wasser, spez. Gew. 1,15, schmilzt bei 79°, siedet
bei 216°, verflüchtigt sich langsam auch bei gewöhnlicher
Temperatur und mit Wasserdämpfen, brennt
mit leuchtender, rußender
Flamme
[* 8] und zeigt in seinem chemischen Verhalten große
Ähnlichkeit
[* 9] mit dem
Benzol. Es bildet mit
konzentrierter
Salpetersäure Nitronaphthalin
, und aus letzterm entsteht durch
Reduktion eine dem
Anilin entsprechende
Base,
das Naphthylamin.
Aus einem isomeren Nitronaphthalin
erhält man ein zweites Naphthylamin, welches aus β-Naphthol dargestellt wird. Beide
Naphthylamine dienen zur Gewinnung von
Azofarbstoffen. Das Naphthalinrot
(Magdalarot,
Sedanrot) wird aus
Naphthylamin erhalten und kommt als
Chlorid in Form eines schwarzbraunen, undeutlich kristallinischen
Pulvers in den
Handel.
Seine
Lösung fluoresziert sehr stark, und diese
Fluoreszenz
[* 10] teilt es auch der
Seide
[* 11] mit, welche dadurch rosenrot gefärbt wird
und orangefarben schimmert. Es besitzt ein gleiches Färbevermögen wie das
Fuchsin, ist aber beständiger
als dieses.
Mit
Jodäthyl und
Jodmethyl liefert es violette und blaue Farbderivate. Mit
Salpetersäure liefert das Naphthalin
Phthalsäure, aus welcher
ebenfalls farbige
Produkte und beim Erhitzen mit
Kalk
Benzoesäure entsteht, so daß diese auch aus Naphthalin
dargestellt werden kann.
Naphthalin
dient als Schutzmittel für ausgestopfte
Tiere und zum
Karburieren des
Leuchtgases. Diese letztere Verwendungsweise
ist nicht mehr neu, hat aber in der letzten Zeit in Form der
Albokarbonlampe große Verbreitung gefunden.
Philipp wollte eine
Lösung von Naphthalin
in
Petroleum im Sauerstoffstrom verbrennen (Karboxygengas), doch dürfte diese Beleuchtungsart zu umständlich
und kostspielig sein. In der
Medizin benutzt man Naphthalin
gegen
Darmkatarrhe, äußerlich gegen
Krätze,
Herpes
tonsurans,
Favus etc.
Vgl.
Ballo, Das Naphthalin
und seine
Derivate (Braunschw. 1870).