Nadelholzzone
,
der vorwiegend von winterharten Zapfenbäumen (Koniferen) [* 2] gebildete Waldgürtel, welcher sich zwischen der arktischen Baumgrenze und der Laubholzzone mit mehr oder weniger zusammenhängenden Beständen ausbreitet (s. Waldpflanzen). Südlich von der Baumgrenze herrschen in Europa, [* 3] Sibirien und Kanada je nach Florengebieten gesonderte Arten von Lärchen, Fichten und Kiefern vor. Die Südgrenze der Zone verläuft in der Alten Welt vom südlichen Skandinavien über den Oberlauf der Wolga nach Sibirien (unter 55° nördl. Br.) bis zum Amurund folgt in Amerika [* 4] ungefähr dem 50. Breitengrad.
Weiter südlich hören in der Laubholzzone (s. d.)
Koniferen keineswegs auf, aber die schon in der Nadelholzzone
mit
einzelnen
Arten auftretenden Laubbäume nehmen südwärts an Mannigfaltigkeit und Ausbreitung ihrer Bestände derartig zu,
daß ihnen gegenüber die
Nadelhölzer
[* 5] nur eine untergeordnetere
Rolle spielen. Von den zahlreichen
Koniferen wärmerer Gebiete
unterscheiden sich die nordischen
Nadelhölzer biologisch durch ihre Widerstandskraft gegen Winterkälte, bei welcher die
südlichern
Formen zu
Grunde gehen.
Der oft sehr reichliche Harzsgehalt scheint eine hervorragende Schutzrolle zu spielen;
auch die immergrüne Benadelung, mit der eigentümliche, anatomische Einrichtungen (s. Immergrüne Gehölze) Hand [* 6] in Hand gehen, leistet sowohl gegen niedrige Temperaturen als gegen anhaltende Dürre Widerstand;
übrigens wirft die am weitesten nach Norden [* 7] vordringende Nadelholzgattung, die Lärche (Larix), ihre Nadeln [* 8] alljährlich ab.
Larix europaea ist nach
Willkomm in der mitteleuropäischen Nadelholzzone
ursprünglich
nicht einheimisch, sondern dorthin erst aus den
Alpen
[* 9] und
Karpathen gelangt;
hier steigt sie bis 3000 m und höher empor und bildet teils allein, teils in Gesellschaft von Fichten und Zirbelkiefern die obere Grenze der Baumregion.
Die ebenfalls sehr frostharte
Larix sibirica geht in
Sibirien bis gegen 69° nordwärts und greift mit einem westlichen
Ausläufer
ihres Verbreitungsgebietes über den
Ural bis an die Petschoramündung und die Nordspitze des Onegalandes; eine dritte, in
Kamtschatka und
Daunen wachsende Lärchenart (L. dahurica) erreicht bei 72° ihren nördlichsten
Punkt. Die
beiden Hauptcharakterbäume der europäischen Nadelholzzone
sind die
Fichte
[* 10]
(Picea excelsa
L.) und die
Kiefer
(Picea excelsa L.).
Erstere erreicht ihre Nordgrenze in Norwegen [* 11] bei 67° und im östlichen Finnmarken bei 69°, letztere geht bei Alten in Norwegen bis 70°; weiter östlich in Rußland fallen die Nordgrenzen beider Bäume im allgemeinen zusammen, indem sie auf der Halbinsel Kola sich an dem Südufer des Flusses Ponoj entlang ziehen und dann weiter nach Osten ungefähr dem Polarkreis folgen. Die von der gewöhnlichen Fichte nur als Varietät zu unterscheidende sibirische Fichte (Picea obovata) kommt im nördlichen Norwegen stellenweise mit der Hauptform vermischt vor, bildet auf Kola größere Bestände und verbreitet sich jenseit des Urals bis an das Ochotskische Meer. Kiefer und Fichte machen sehr verschiedene Ansprüche an Bodenmischung und Belichtung; erstere zieht rein sandigen, durchlässigen Boden vor und ist in hohem Grade lichtbedürftig, während die Fichte feuchtern, lehmigen Untergrund liebt und starke Beschattung
verträgt; letztere ist daher im stände, andre lichtbedürftige Baumarten zu verdrängen. Je nach Standort und klimatischen Einflüssen entwickelt sich die Kiefer in verschiedenen Formen, von denen die niedrige, kurznadelige Moorkiefer, die dickschäftige, struppige Strandkiefer und die im Engadin sowie in Lappland auftretende Engadiner Kiefer (f. Friseana Wich.) am meisten hervorragen. Ein ähnliches Auftreten einer Varietät unter ganz verschiedenen Breiten, aber ähnlichen Lebensbedingungen, wiederholt sich auch bei der Fichte, deren hochnordische Form (f. medioxima Ngl.) im Oberengadin wiederkehrt.
In
Skandinavien und
Finnland geht an
Stelle der
Nadelhölzer die nordische Weißbirke am weitesten nach
Norden, die
Wälder bestehen
jedoch vorherrschend auch hier aus
Fichten und
Kiefern; die ärmliche, Waldbodenflora wird von
Heidekraut
und niedrigen Beerensträuchern (besonders Vaccinum) gebildet, denen sich als charakteristische
Staude häufig die auch in
den
Alpen einheimische Linnaea borealis beigesellt. Im nordöstlichen Rußland ändert sich die Waldvegetation insofern,
als hier bereits sibirische
Elemente westwärts vom
Ural übertreten. Im
Norden der russischen Nadelholzzone
greift
die
Tundra mit ihrer kärglichen Pflanzendecke (s.
Arktische Flora) vielfach zwischen die
Wälder ein, im S. bildet die Eichenzone
die
Grenze.
Auch in den Nadelholzwäldern Nordsibiriens breiten sich große Tundrenflecke aus, die eine Reihe hochnordischer Pflanzen, wie Ledum palustre, Betula nana u. a., beherbergen. Die Waldzone des nordamerikanischen Kontinents beginnt auf der Halbinsel Alaska mit spärlichen Waldinseln (von Picea sichensis) und spannt sich von da in weitem Bogen [* 12] durch das Mackenziegebiet um die Hudsonsbai bis Labrador und Neufundland. Die nördliche Grenze der Nadelhölzer wird von der Weißfichte oder »white spruce« (Picea alba) gebildet; etwas südlicher folgt die amerikanische Lärche (Larix americana).
Von
Laubhölzern geht auch hier eine Birkenart
(Betula papyracea) am weitesten nach
Norden. Bedeutende Bestände bildet auch
die Schwarzfichte oder »black spruce«
(Picea nigra) von
Neufundland bis zum nördlichen
Kolumbien
[* 13] und bis zur Eismeerküste;
bis zur Mündung des
Mackenzie geht eine Kiefernart
(Pinus Banksiana). An der Nordgrenze der amerikanischen
Nadelholzzone
greift vielfach die Tundraformation in den
Wald ein, die Südgrenze wird wie in Osteuropa von Eichenwaldungen umsäumt.
In pflanzengeographischer Hinsicht ist für die Nadelholzzone
der nördlichen
Halbkugel das zirkumpolare Vorherrschen der
Gattungen
Pinus,
Larix,
Betula besonders hervorzuheben, das mit dem arktotertiären Ursprung der borealen
Wälder in Beziehung
steht (s.
Waldpflanzen); auf der östlichen und westlichen
Halbkugel sind es die nämlichen
Gattungen, welche hervorragend winterharte
Baumformen bis an die hochnordischen Tundren vorgeschickt haben. Teils sind die nördlich am weitesten vordringenden Waldelemente
bereits in der Pliocänzeit vorhanden gewesen (wie
Pinus silvestris,
Larix europaea,
Picea excelsa), teils mögen sie aus
tertiären Stammformen erst nach der
Eiszeit
[* 14] entstanden sein. Die
Nadelhölzer der südlichen
Halbkugel lassen sich nicht zu
einer klimatisch und pflanzengeographisch bestimmt umgrenzten
Zone zusammenfassen und werden daher
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