Nachtigall
(Luscinia
Brehm),
Gattung aus der
Ordnung der
Sperlingsvögel
[* 2] und der
Familie der
Drosseln (Turdidae), schlank
gebaute
Vögel
[* 3] mit hochläufigen, kräftigen
Beinen, mittellangen
Flügeln, mittellangem, etwas abgerundetem
Schwanz und fast
geradem, ziemlich gestrecktem, spitzem, pfriemenförmigem
Schnabel. Die Nachtigall
(L.
Philomela Bp., s.
Tafel
»Sperlingsvögel I«)
[* 4] ist 17
cm lang, 25
cm breit, auf der Oberseite rostrotgrau, auf der Unterseite
hell gelblichgrau, an der
Kehle und Brustmitte am lichtesten, mit dunkelbraunen
Schwingen, rotbraunem
Schwanz und
Auge
[* 5] und rötlich
graubraunem
Schnabel und
Fuß; sie bewohnt
Europa
[* 6] bis zum mittlern
Schweden,
[* 7] Nordwestafrika und
Vorderasien und ist besonders
häufig im
Süden.
Der
Sprosser
(Bastard-, Aunachtigall
, L. major
Brehm), 19
cm lang, 28
cm breit, der vorigen sehr ähnlich,
nur mit viel kürzerer erster
Schwinge und muschelfleckiger Oberbrust, bewohnt
Skandinavien,
Dänemark,
[* 8] Osteuropa und Westsibirien,
findet sich nur hier und da in
Deutschland
[* 9] und fast ausschließlich in
Niederungen, während die Nachtigall
auch bergige Gelände nicht
gänzlich meidet. Beide finden sich nur im Laubwald mit viel Unterholz, im Gebüsch, welches
Bäche,
Gräben und Flußufer
umsäumt, und in
Gärten und häufig in der
Nähe menschlicher
Wohnungen.
Beide
Arten gehen im
Winter nach
Mittel- und Westafrika, der
Sprosser wohl auch nach südlichen
Ländern
Asiens. Die Nachtigall
ist zutraulich,
friedfertig, zeigt ein bedächtiges, ernstes
Wesen, fliegt schnell und leicht, aber meist nur von
Busch zu
Busch, wo man sie
meist niedrig über dem
Boden auf
Zweigen sitzen sieht, und nährt sich von
Insekten
[* 10] und
Beeren. Bei uns erscheint sie in der
zweiten Hälfte des
Aprils und nistet auf oder dicht über dem
Boden, in Erdhöhlungen, im Gestrüppe oder
in einem Grasbusch.
Sie legt 4-6 grünlich braungraue, gelblichbraun gestrichelte Eier [* 11] (s. Tafel »Eier I«),
welche Männchen und Weibchen gemeinsam
ausbrüten. Die
Jungen füttern sie, selbst wenn man dieselben in einen
Bauer steckt und diesen in der
Nähe des Nistorts aufhängt.
Im
September ziehen sie in
Familien und größern
Gesellschaften ab. Der
Gesang der Nachtigall
übertrifft den aller andern
Vögel durch
die
Fülle der
Töne, die Abwechselung und hinreißende
Harmonie; er unterscheidet sich deutlich von dem des
Sprossers, doch
ziehen manche den letztern noch vor. Man hört den
Gesang besonders am frühen
Morgen, am späten
Abend
und vor dem
Legen der
Eier zu allen
Stunden der
Nacht, während es
später um diese Zeit stiller wird und um
Johannis der
Gesang
völlig verstummt. Die Nachtigall
ist leicht zu fangen; aber alte
Vögel, die sich schon gepaart haben, sterben regelmäßig bald,
und auch die jüngern erfordern die sorgsamste
Pflege.
Außer den genannten beiden
Arten unterscheidet man noch den
Zweischaller (L. hybrida), von der
Größe des
Sprossers, oberseits
wie dieser, unterseits fast ganz wie die Nachtigall
gefärbt, in
Polen; die Steppennachtigall
(L. Golzii), oberseits deutlich rotbraun,
und die Hafisnachtigall
(Bülbül der
Perser, L. Hafizii), mit längerm
Schwanz und von blasserer Färbung.
Der indische
Kuckuck ist für die indischen Dichter, was die Nachtigall
für die andern indogermanischen
Nationen, und so ist die Nachtigall
zu
einer phallischen Bedeutung gelangt. Als Sängerin der
Nacht ergötzt sie Verliebte, welche sie in deutschen und französischen
Volksliedern zu ihrem geheimnisvollen
Boten machen.
Vgl.
Lazarus, Der
Sprosser oder die Aunachtigall
(Berl.
1876);
Koppen, Anleitung zur Züchtung und Ansiedelung von Nachtigallen
(2. Aufl., das.
1886).