Mutterkuchen
(Placenta, Fruchtkuchen), dasjenige Organ, durch welches der Embryo im Mutterleib mit dem Uterus (Gebärmutter) [* 2] in Zusammenhang steht. Bei den lebendiggebärenden Haifischen bilden sich auf dem blutgefäßreichen Dottersack (s. d.) zottige Vorsprünge, welche in die Schleimhaut der Gebärmutter eingreifen und so eine Verbindung mit dem Muttertier bewirken. Bei den Säugetieren ist ¶
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der Mutterkuchen
fast allgemein verbreitet (Ausnahme Beutel- und Kloakentiere), jedoch sehr verschieden ausgebildet. Man unterscheidet
an ihm den mütterlichen und den embryonalen Teil. Ersterer wird von einem Stück der Wandung des Uterus, letzterer von dem
ihm anliegenden Teil der äußern Embryonalhülle (des Chorions) dargestellt. Die Verbindung beider kommt in der Art
zu stande, daß das sehr gefäßreiche Chorion (s. Embryonalhüllen) mit seinen Zotten von der Haut
[* 4] des Uterus umwachsen wird,
wobei letztere ihre Muskeln
[* 5] und Kapillargefäße einbüßt.
Dann strömt das mütterliche Blut in dem Mutterkuchen
nur noch in weiten Lücken, innerhalb deren die Blutgefäße des Embryos, welche
vom Herzen desselben durch den Nabel hindurch in das Chorion reichen, liegen und so direkt vom Blute der
Mutter umspült werden. In dieser Weise wird ein Stoffaustausch zwischen Mutter und Embryo leicht. Bei der Geburt nun ziehen sich
entweder die Zotten des Chorions einfach aus den Gruben der Uteruswandung heraus, so daß von letztern
nichts verloren geht (bei den Mammalia nondeciduata: Walen, Huftieren u. a. m.), oder es löst sich das Stück der Uteruswandung
mit ab (bei den Mammalia deciduata: Nagetieren, Raubtieren, Fledermäusen, Affen,
[* 6] Menschen) und bildet mit den Eihäuten die sogen.
Nachgeburt (s. d.). Auch die Form des Mutterkuchens
ist sehr verschieden;
umgibt er das Ei
[* 7] wie ein Gürtel,
[* 8] so heißt er ringförmig (z. B. beim Hund), liegt er nur an einer Stelle
dem Ei auf, so ist er scheibenförmig (z. B. beim Menschen), ist er in vielen kleinen Lappen (Kotyledonen) über das ganze Ei zerstreut,
so heißt er Placenta diffusa etc. Beim Menschen ist er scheiben- oder kuchenförmig, 3-4 cm dick, hat 16-21
cm im Durchmesser und wiegt ½-1 kg (s. Tafel »Entwickelung des
[* 9] Menschen« bei Artikel Embryo).
Beim. Menschen liegt der Mutterkuchen
meist an der hintern, seltener an der vordern Wand der Gebärmutter; sehr gefürchtet ist die als
Placenta praevia in der Geburtshilfe bekannte abnorme Lage des Mutterkuchens
am innern Muttermund. Bei Beginn
der Geburt eröffnet sich der Muttermund, der Kuchen wird dadurch gelöst, die Folge ist eine Blutung, die um so gefährlicher
ist, als das Kind durch die enge Öffnung selbst mit Kunsthilfe zunächst noch nicht geboren werden kann. Die Blutung am Anfang
des Geburtsaktes erregt stets den Verdacht auf diese krankhafte Lage des Mutterkuchens
und erfordert sofortige
ärztliche Hilfe. Die Blutung muß durch Wattebäusche nach Möglichkeit in Schranken gehalten werden (Tamponade), darauf ist
die Entbindung so sehr als möglich durch Wendung oder Zange
[* 10] zu beschleunigen. Außer dieser krankhaften Lage kommen am Mutterkuchen
Mißbildungen
vor, welche als Molen (s. d.) bekannt sind. Selten sind Geschwülste am Mutterkuchen
, z. B. Gummiknoten bei Syphilis der Mutter.