Titel
Musikinstr
umente
*. (Hierzu die
Tafeln: Musikinstr
umente I-III.) Die wichtigsten Musikinstrumente
sind: I.
Blasinstrumente.
1) Von Holzblasinstrumenten, die mit Rohrblatt angeblasen werden, haben ein doppeltes Rohrblatt das Fagott (s. Taf. I, [* 1] Fig. 1) und dessen Vorgänger, der nicht mehr gebräuchliche Dolcian [* 1] (Fig. 2), sowie eine Abart des Fagotts, das Stockfagott oder Rankett [* 1] (Fig. 15), das nur vorübergehend eine ausgedehntere Benutzung fand; ferner die Oboe [* 1] (Fig. 7) und ihr Vorgänger, die Schalmei [* 1] (Fig. 5), nebst der wichtigsten ihrer Abarten, dem Englisch-Horn [* 1] (Fig. 3) in seiner ältern Gestalt. Hingegen besteht das Mundstück aus einem einfachen, etwas stärkern und breitern Rohrblättchen, das bei seinem Vibrieren auf eine Kapsel aufschlägt, bei den Klarinettenarten, nämlich bei der Klarinette selbst [* 1] (Fig. 6) und bei einer Abart davon, dem Bassetthorn (älteste Form s. Fig. 4). Holzblasinstrumente ohne Rohrblatt sind die Flöten und Zinken. Die Flöten sind Lang- oder Schnabelflöten [* 1] (Fig. 8), vor dem 18. Jahrh. fast ausschließlich gebraucht, mit einem Labium, dessen scharfe Kante beim Anblasen nicht direkt ¶
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getroffen wird, und die jetzt noch übliche Querflöte [* 2] (Fig. 9), wo beim Anblasen der Luftstrom sich direkt an der scharfen Kante des Mundlochs bricht. Den Übergang zu den Blechblasinstrumenten bildet der Zinke [* 2] (Fig. 10), mit einem kesselartigen Mundstück, anzublasen ganz wie eine Trompete; die gewöhnlichste Art war der Tenor- oder Chorzink; die größte Zinkenform ist der Serpent [* 2] (Fig. 14). 2) Die Blechblasinstrumente gehen auf zwei Urtypen zurück, solche mit ursprünglich gebogener und solche mit ursprünglich gerader Röhre. Ersterer Typus bildet die Hornarten, letzterer die der Trompeten und Posaunen. Eins der primitivsten Hörner ist das Schofar [* 2] (Fig. 20), seit undenklichen Zeiten bis jetzt in der jüd. Synagoge im Gebrauch, ein einfaches Widderhorn, das nur ein paar Töne hergiebt. Der abgebildete Schofar entstammt noch dem Mittelalter, wie seine altertümliche hebr. Inschrift bezeugt. Eine Nachbildung des Tierhorns in Metall stellt das Türmerhorn [* 2] (Fig. 11) dar.
Ein bedeutend verlängertes, daher auch klangreicheres Metallhorn ist das gegen Ende des 17. Jahrh. in Aufnahme gekommene Waldhorn [* 2] (Fig. 13), an dem man später zur bessern Einstimmung in das Orchester den seitlichen Inventionszug, und behufs Vertiefung der Stimmung den Aufsatzbügel oder Krummbogen anbrachte. So entstand das Inventionshorn [* 2] (Fig. 19). Noch später, gegen Ende des 18. Jahrh., durchbrach man die Röhre, wie bei den Holzblasinstrumenten, mit Löchern, die man durch Klappen schließen und öffnen konnte, und gelangte so zu dem Klappenhorn [* 2] (Fig. 12). Im 19. Jahrh. hat man die Klappen durch Ventile ersetzt. Ganz analog ging die Entwicklung der Trompete vor sich: von der einfachen geraden Trompete [* 2] (Fig. 16), deren sich die Herolde des Mittelalters z. B. bei den Turnieren bedienten, ging man zu der gewundenen Trompete oder dem Clarino [* 2] (Fig. 17) über, die als Kavalleriesignaltrompete bis ins 19. Jahrh. in Anwendung blieb. Bei diesen bediente man sich zur Vertiefung der Stimmung ebenfalls des Aufsteckbogens oder Krummbügels (s. Fig. 17). Neben den Aufsteckbögen brachte man dann Klappen an (Klappentrompete, [* 2] Fig. 21) und an Stelle der Klappen traten im 19. Jahrh. die Ventile (Ventiltrompete, Kornett, [* 2] Fig. 18) zuerst als Pump- (wie [* 2] Fig. 18), jetzt als Maschinenventile. Die Posaune [* 2] (Fig. 22) ist nur eine größere gewundene Trompete mit Zug zur beliebigen Veränderung der Stimmung. Bei den größten Posaunen, bei welchen die Armlänge nicht ausreicht, um den Zug ausgiebig zu benutzen, bedarf es noch eines besondern Handgriffs am Zuge (s. Fig. 22).
II. Saiteninstrumente ohne Klaviatur [* 3] sind 1) Zupfinstrumente, deren Saiten mit den bloßen Fingern oder einem Stiftchen (Plektrum), Stäbchen u. s. w. angeschlagen oder angerissen werden. Am mannigfaltigsten ausgebildet sind die Formen der Laute und Guitarre. Die Laute (s. Taf. II, [* 2] Fig. 21) war das Vorzugsinstrument der gebildeten Gesellschaft im 15. bis 17. Jahrh. und hat sich in seiner kleinsten (Diskant-) Form als Mandoline bis heute erhalten. [* 2] Fig. 1 stellt eine alte Mandoline (Mandürchen, Pandürchen u. s. w.) dar. Die Theorbe [* 2] (Fig. 2) ist größer als die gewöhnliche Laute; behufs Anbringung längerer Baßsaiten ist noch ein zweiter Kragen mit Wirbeln angesetzt. Eine Abart der Laute ist die Quinterne [* 2] (Fig. 3) mit glockenförmig gestaltetem Schallkörper. Kennzeichen der Lautenarten ist der gewölbte halbkürbißförmige Schallkörper, im Gegensatz zu der Form der Guitarre, die einen kastenförmigen, meist in der Mitte hüftenartig eingeschnürten Schallkörper hat. Zwischenformen weisen viele Instrumente dieser Art auf, wie das pers. Instrument Tar [* 2] (Fig. 13) oder die plumpe russ. Volkslaute Balalaika [* 2] (Fig. 4). Ganz anderer Art sind die Harfen, die schon in mannigfachen Gestalten in altägypt. Malereien erscheinen; eine solche ägypt. primitive Harfe hat sich bis heute in Afrika, [* 4] besonders Sansibar, [* 5] erhalten [* 2] (Fig. 10). Auch der Psalter des Mittelalters [* 2] (Fig. 17) steht für sich; er hat sich weiter entwickelt zum Hackebrett [* 2] (Fig. 20), von dem eine größere Form noch in der ungar. Zigeunermusik gebraucht wird, und zur bayr. Zither [* 2] (Fig. 12). 2) Die Streichinstrumente weisen eine den Lauten und Guitarren analoge Entwicklung auf; häufig unterscheiden sie sich nur durch die Anwendung des Bogens von diesen. Der mittelalterliche Trögel [* 2] (Fig. 14) ist z. B. eine Laute mit walzenförmigem Körper; nur weisen die F-Löcher auf Anwendung des Bogens hin. Die Violen wiederum gehen auf die Guitarren zurück. Man baute früher, wie fast alle, so auch dieses Instrument, in allen Formaten, als Armgeige oder Viola da braccio [* 2] (Fig. 8), als Kniegeige oder Viola da Gamba [* 2] (Fig. 16), oder gar als Taschengeige [* 2] (Fig. 9), wie sie die Tanzmeister der Rokokozeit zur Einstudierung ihrer Menuette u. s. w. benutzten. Eine Abart der Viola ist die Violetta [* 2] (Fig. 7) mit dreifacher Einschnürung des guitarrenförmigen Schallkörpers. Ein sonderbares Streichinstrument ist die Drehleier oder Bauernleier [* 2] (Fig. 11), deren Saiten durch ein Kurbelrad angestrichen werden. Es leitet bereits zu den Saiteninstrumenten mit Klaviatur über, denn durch eine seitlich angebrachte Klaviatur werden hier die Saiten verkürzt. Andere Streichinstrumente sind die Philomela oder Bergmannszither, eine herzförmige Streichzither [* 2] (Fig. 6) mit Metallsaiten, die japan. Geige mit kreisrundem Korpus (Tekin, [* 2] Fig. 15), die birman. Geige mit eingeschnürtem Lautenkörper [* 2] (Fig. 5) und die ind. Geige in Gestalt eines Pfaues [* 2] (Fig. 18). - Noch zeigt die Tafel ein Schlaginstrument, die große japan. Pauke (Kaguradaiko, [* 2] Fig. 19), die frei in einem Holzgestell schwebt.
III. Klavierinstrumente. Bei der primitivsten Art des Klaviers, dem Klavichord (s. Taf. III, [* 2] Fig. 9), wird der Ton erzeugt durch Anschlag des Tangenten [* 2] (Fig. 8, x) an die Saite. Der messingene, spatelförmige Tangent steckt fest in der Taste z, welche vermöge des Stifts y in einer Nut geführt wird. Das Klavichord ist jetzt gänzlich außer Gebrauch gekommen, ebenso wie die Kielklaviere. Die größte Art der Kielklaviere ist das Klavicymbel (frz. Clavecin), der Konzertflügel der vergangenen Jahrhunderte. Zwei prächtig ausgestattete Vertreter sind die [* 2] Fig. 12 und 6 aus dem 16. und 17. Jahrh. Hausinstrument war das Spinett [* 2] (Fig. 11) und dessen Miniaturform, das Spinettino [* 2] (Fig. 2). Die Mechanik ist für alle Kielklaviere die gleiche [* 2] (Fig. 7). Auf der Taste ruht lose ein plattes Holzstäbchen, Docke oder Springerchen (a, b oder c), das beim Anschlag emporschnellt. Das gabelförmig ausgehende obere Ende dieser Docke füllt ein bewegliches Holzgliedchen x aus, dessen Stiftchen mittels Federspule y die Saite im Vorübergehen anreißt. In dem einen Zinken der Gabel aber ist ein Tuchstückchen 2 eingeklemmt, das die Saite nach ¶
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geschehenem Anreißen abdämpft. Die Klavichord-und Kielklavierarten wurden verdrängt durch das Hammerklavier, heutzutage nur noch als Flügel und Pianino gefertigt, früher auch als Tafelklavierchen und in andern Spielarten. Die Mechanik hat sich erst allmählich im Laufe des 18. und 19. Jahrh. ausgebildet und ihre Entwicklung durchlief sehr viele Stadien. Die primitivste Form weist das Mozart-Reiseklavierchen des Berliner [* 7] königl. Instrumentenmuseums auf [* 6] (Fig. 10): das etwas erhöhte Ende der Taste schnellt beim Anschlage das in der Nut einer Leiste sich um eine Achse drehende Hämmerchen aufwärts an die Saite (man sieht zwei der Hämmerchen in der Abbildung emporgedrückt).
Alle Mechaniken gehen auf zwei Grundtypen zurück, je nachdem der Hammer [* 8] an der Taste selbst befestigt ist, oder an einer besondern Leiste. Beide Hammersysteme sind hier in veralteter und in moderner Form abgebildet [* 6] (Fig. 1, 3, 4, 5). An der Taste selbst ist der Hammer befestigt bei der sog. Wiener Mechanik [* 6] (Fig. 1). Der Tastenhebel a wird in zwei ungleiche Teile geteilt durch den Wagestift c. Vorn wird die Taste in ihrer Richtung erhalten durch den Führungsstift b. In dem Tastenende d steckt eine Messingkapsel e, in welcher sich der Hammer um eine Achse bewegt.
Das Hammerende oder die Hammernuß f wird von einer beweglichen Holzfigur, dem Auslöser g, zurückgehalten, sobald die Taste angeschlagen wird und den Hammer mit sich emporführt. Dadurch schnellt der Hammerkopf h gegen die Saite l-l, während zugleich der Auslöser nach hinten zurückweicht. Fällt dann nach dem Anschlage der Hammer zurück, so wird er sofort von dem Fänger i und dem wieder in die vorherige Lage zurückgekehrten Auslöser g festgehalten, wodurch die Ruhelage des Hammers ohne weiteres Aufhüpfen desselben wiederhergestellt, er also sogleich zu neuem Anschlage fähig ist.
Nur durch Fänger und Auslöser ist das schnelle wiederholte Anschlagen der Saite (Repetition) sicher zu erreichen. Auf dem Tastenende ruht ferner der Dämpfer [* 9] k, der oben auf der Saite liegt, aber während des Anschlags von ihr zeitweilig aufgehoben wird (automatische Dämpfung). Der Hammer ist an einer besondern Leiste befestigt bei der Stoßzungenmechanik [* 6] (Fig. 3 - 5); er wird von der am Tastenende angebrachten Stoßzunge b gegen die Saite geschleudert. Fest ist die Stoßzunge im Tastenende eingelassen bei der primitiven Mechanik [* 6] (Fig. 4), beweglich ist sie, in ähnlicher Weise wie der Auslöser bei der Wiener Mechanik, in allen modernen Konstruktionen. In den [* 6] Fig. 3 (Pianino) und 5 (Flügel) bedeuten die Buchstaben a die Taste, b die Stoßzunge, c den Hammer, d den Dämpfer, e-e die Saite. Die übrigen Mechanikteile dienen meist zur Unterstützung der Funktionen dieser Hauptteile. Das Berliner Instrumentenmuseum besitzt eine lehrreiche Sammlung von Mechanikmodellen von ältester Zeit bis zur Gegenwart, sämtliche auf den Tafeln abgebildeten Originale gehören diesem Instrumentenmuseum an.