Musikinstr
umente,
alle Körper, die zur Klangerzeugung verwendet werden. Man teilt sie ein in
Saiten-,
Blas- und
Schlaginstrumente.
Die
Saiteninstrumente teilt man wieder ein in
Streich- oder
Bogeninstrumente und in Kneif- oder Zupfinstrumente,
die
Blasinstrumente in Holz- und Messinginstrumente. Eigentlich giebt es nur zwei
Arten der Tonerzeugung: entweder ist ein
in Schwingung
[* 2] gesetzter fester, elastischer Körper oder ein gebrochener Luftstrom das tonerregende Element. Sehr richtig
schieden daher die Alten die Musikinstr
umente nur in zwei große Gruppen: in die der
Schlaginstrumente (rhythmica, krustica),
zu denen außer den
Saiten- auch die
Schall- und Lärminstrumente, wie Pauken,
Becken, Klappern
u. dgl. gehörten, und in die
der
Blasinstrumente (organica, pneumatica, inflata).
Als klingende Festkörper können die verschiedenartigsten Stoffe in sehr verschiedenartiger Form und Anwendung dienen, z. B. Metall- und Darmsaiten, Holz- und Metallplatten und Röhren [* 3] oder Zungen, gegerbte Tierfelle, Glas- und Metallglocken u. s. w., die wiederum entweder durch Reibung, [* 4] wie Violine, Violoncello, Bratsche, Gambe und Glasharmonika, oder durch Reißen, wie Harfe und Guitarre, oder durch Schlagen mit Hammer [* 5] oder Klöppel, wie Pianoforte, Hackebrett, Pauken und Tamtam, zum Erklingen gebracht werden.
Die Tonquelle ist hingegen ein schwingender abgegrenzter Luftkörper bei allen
Blasinstrumenten: Flötenarten,
Orgelpfeifen,
Oboe,
Klarinette,
Fagott, Trompete,
Posaune u. s. w. Die ältesten Musikinstr
umente waren neben Lärminstrumenten,
Pauken und Trompeten die harfen- und zitherartigen
Saiteninstrumente sowie flöten- und hornartige
Blasinstrumente. Geigeninstrumente
mit
Bogen
[* 6] waren den Alten unbekannt und wurden erst nach dem frühen Mittelalter ausgebildet. Spätern
Ursprungs sind
Fagott und
Oboe; die
Klarinette wurde erst um 1690 erfunden. Die Klavierinstrumente mit
Saiten verdanken ihren
Ursprung (sicher schon vor dem J. 1500) dem Bestreben, ein passendes
Instrument für freie accordliche, nicht kontrapunktische
Harmonie zu gewinnen.
Gleichzeitig oder ein wenig früher ist die endliche Vervollkommnung der Orgel zu
setzen, obwohl die ersten Anfänge ihrer Erfindung in die vorchristl. Zeit hinaufreichen. Von den zahlreichen neuerdings
erfundenen Musikinstr
umente haben nur das
Harmonium und die mechanischen Musikinstrumente
große
Verbreitung gefunden. -
Über die genannten s. die einzelnen
Artikel.
Ein grundlegendes Werk über die Geschichte der Musikinstrumente
fehlt noch; die besten
Quellen zu deren Kenntnis sind
Seb. Virdung, Musica getutscht (1511), und Musikinstrumente
Prätorius,
Syntagma musicum, Bd. 3 (Wolfenb. 1619), beide neu hg. von
Eitner, sowie der Katalog der königl. Instrumentensammlung in
Berlin.
[* 7] Wichtige Sammlungen alter Originalinstrumente sind in
Paris,
[* 8]
London,
[* 9]
München,
[* 10]
Nürnberg
[* 11]
(Germanisches Museum),
Salzburg,
[* 12]
Florenz,
[* 13]
Leipzig
[* 14]
(Paul de Wit), besonders
aber in
Brüssel
[* 15] (Musée de Conservatoire) und in
Berlin (königl. Musikinstrumente
nsammlung).
Die Brüsseler Sammlung (Katalog von V. Mahillon, 1893) ist besonders reich an ethnogr. Instrumenten, während die noch junge Sammlung in Berlin (1888, Katalog von Oskar Fleischer) wohl die wichtigste in musikgeschichtlicher Hinsicht ist. Namentlich reich ist letztere an Klavieren (vom 16. Jahrh. an in systematischer Ordnung) sowie an historisch berühmten Instrumenten (von Bach, Friedrich d. Gr., Mozart, Beethoven, Weber u.s.w.).
Nach der Gewerbezählung von 1882 waren in
Deutschland
[* 16] für die Herstellung von Musikinstrumente
5519 Betriebe mit 21807
Arbeitern vorhanden,
darunter 154 Motorenbetriebe mit 6932
Arbeitskräften. Die Zahl der 1894 in diesem Erwerbszweige Beschäftigten
wird etwa doppelt so hoch, zu etwa 40000, anzunehmen sein, da die
Berufsgenossenschaft der Musikinstrumente
nindustrie, der
die zahlreichen kleinen Betriebe ohne Motoren und mit weniger als fünf
Arbeitern nicht angehören, allein 827 Betriebe mit 23585
Arbeitern
aufzuweisen hat.
Schon hieraus geht hervor, daß die Herstellung der in
Deutschland sehr entwickelt ist.
Dies beweist auch die bedeutende, nach allen
Ländern der Erde gerichtete Ausfuhr. Es betrug:
Jahr | Einfuhr | Ausfuhr | ||
---|---|---|---|---|
Tonnen | Wert in 100 M. | Tonnen | Wert in 1000 M | |
1880 | 346 | 1045 | 6363 | 21657 |
1884 | 422 | 1276 | 10896 | 36303 |
1888 | 485 | 1580 | 11493 | 37576 |
1892 | 385 | 1859 | 11246 | 35533 |
1893 | 399 | 1928 | 11055 | 35321 |
1894 | 434 | 2026 | 11042 | 35787 |
1895 | 482 | 1993 | 12100 | 35586 |
¶
mehr
Seit 1888 ist ein Rückgang der Ausfuhr und ein Steigen der Einfuhr zu bemerken, welch letztere schon seit 1880 in stetem Zunehmen begriffen ist. Abgenommen hat seit 1890 besonders die Ausfuhr Deutschlands [* 18] nach den Vereinigten Staaten [* 19] und Australien, [* 20] zugenommen die nach Rußland und Brasilien. [* 21] Hauptabsatzgebiet ist nach wie vor England.
Für die Herstellung der Klaviere kommen vorzugsweise Berlin, Hamburg,
[* 22] Dresden,
[* 23] Leipzig, Stuttgart,
[* 24] Breslau,
[* 25] Königsberg,
[* 26] Hannover,
[* 27] Barmen,
[* 28] von den Mittelstädten Koblenz,
[* 29] Liegnitz,
[* 30] Zeitz,
[* 31] Heilbronn,
[* 32] Kirchheim in Betracht. Die Klavierfabrikation, weitaus der
wichtigste Zweig der Musikinstrumente
nindustrie, ist seit 1871 besonders durch Einführung des Eisenrahmens und des kreuzsaitigen
Bezugs rapid gewachsen. Angaben über die deutsche Ausfuhr s. Pianoforte.
Der Orgelbau ist außer in den Hauptstädten vorzugsweise noch in Stettin, [* 33] Ludwigsburg, [* 34] Frankfurt [* 35] a. O., Schweidnitz [* 36] in Schlesien, [* 37] Weißenfels [* 38] a. d. S., Öttingen in Bayern [* 39] vertreten;
Harmoniums werden hauptsächlich gebaut in Bayreuth, [* 40] Ulm, [* 41] Leipzig, Dresden und Stuttgart;
Harmonikas, Accordions, Concertinas in Berlin, Altenburg, [* 42] Breslau, Hamburg, Gera, [* 43] Magdeburg; [* 44]
hausindustriell ferner in Trossingen in Württemberg [* 45] und im sächs. Vogtland.
Streich- und Saiteninstrumente (Geigen, Bässe) liefern meist als Mittelware in großer Anzahl Markneukirchen und Klingenthal im Vogtland sowie Mittenwald in Bayern, zum Teil in besserer Ausführung Berlin, Leipzig, Dresden, Hamburg, München; Zithern und Guitarren München, Mittenwald, Markneukirchen, Stuttgart. Für Blasinstrumente treten Erfurt, [* 46] Biebrich [* 47] a. Rh., Speyer, [* 48] Hannover, Fulda [* 49] hinzu; in der Massenherstellung ist wiederum das sächs. Vogtland stark vertreten.
Trommeln und Pauken arbeiten Berlin und das sächs. Vogtland, andere Orte nur vereinzelt. (S. auch Musikinstrumente
,
mechanische.) - Die starke Ausfuhr der deutschen Musikinstrumente
ist ein deutlicher Beweis für deren Brauchbarkeit
und Beliebtheit. Frankreich, England, Österreich,
[* 50] Italien
[* 51] leisten in manchen Artikeln sehr Beachtenswertes, und von alters her
gelten als hervorragend z. B. Paris für Kirchenorgeln und Blasinstrumente, Italien für Darmsaiten, London gleichfalls für Blasinstrumente
als beste Bezugsquellen. Ähnlich wie im sächs. Vogtlande wird die Massenfabrikation von Streich- und Blasinstrumenten in
den böhm. Nachbarorten Graslitz und Schönbach sowie in Mirecourt (Depart.
Vosges) in Frankreich betrieben. In betreff der Qualität vermag die deutsche Instrumentenindustrie ebenso Hervorragendes
zu leisten; in der Massenherstellung guter und mittelguter Musikinstrumente
steht sie zur Zeit unerreicht da. -
Vgl. die «Zeitschrift für Instrumentenbau» (Lpz. 1880 fg.),
«Musikinstrumente
n-Zeitung» (Berl. 1890 fg.)
und «Weltadreßbuch der Musikinstrumentenindustrie»
(ebd. 1893).