Titel
Murten
,
französisch Morat (Kt. Freiburg, Bez. See). Obere Stadt 459 m, Dampfschiffsteg 437,5 m. Gem. und Stadt, Hauptort des Seebezirkes, Sitz des Kreisgerichtes IV und des 2. Friedensgerichtskreises des Seebezirkes. 15 km nw. von Freiburg. Hübsche Stadt auf einer Anhöhe ungefähr in der Mitte des rechten Ufers des Murtensees, umgeben von fruchtbaren und gut bebauten Feldern. Station der Linien Lausanne-Payerne-Lyss und Freiburg-Ins; Dampfschiff nach Le Vuilly, Cudrefin und Neuenburg. Schöne Strassen nach Avenches, Freiburg, Bern, Aarberg und Neuenburg. Postbureau, Telegraph, Telephon; Postwagen nach Gümmenen.
Schöne Aussicht auf den See, das Bergland des Mont Vuilly, den Jura, die Ebenen der Broye und auf die Alpen. Zerfällt in die obere und die untere Stadt, welch' letztere auch An der Ryf (La Rive) heisst. Zwischen den beiden durch Gärten getrennten Teilen zahlreiche Gassen und Wege. Hauptstrassen: die Schloss- oder Rathausgasse, die Hauptstrasse (Grand' Rue) und die Scheunengasse (Rue des Greniers). Die meisten Gassen haben Arkaden, wie die Strassen in Bern. Die Stadt ist noch fast vollständig von ihren alten Mauern umgeben, die mit weithin sichtbaren altersbraunen Türmen verstärkt sind. Von bemerkenswerten Bauten ist in erster Linie das Schloss zu erwähnen, ein gotischer Bau mit ¶
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Ringmauer, Türmen und Türmchen, Schiessscharten und Mauergängen, die ihm vollkommen das Aussehen eines mittelalterlichen Herrensitzes geben. Es ist im 13. Jahrhundert durch Peter von Savoyen erbaut worden und heute Sitz des Bezirksoberamtmanns. Die 1710-1713 an der Stelle einer ehemaligen Liebfrauenkapelle erstellte deutsche Pfarrkirche hat schön geschnitzte Stühle mit den Wappen der Bubenberg, Cléry, Falk, Techtermann, Pavillard etc. Die französische Kirche steht an der Stelle einer einstigen Kapelle der heiligen Katharina. Katholische Kirche in schöner Lage ausserhalb der Mauern, 1886 erbaut. Der 1239 durch den Schultheissen Pierre d'Oleyres gestiftete Spital ist 1817-1818 umgebaut worden. Historisches Museum und Altertümersammlung.
Gute Sekundarschule mit beruflichem Unterricht für beide Geschlechter, Primarschulen in schönem Schulhaus, katholische Schule, Waisenhaus, Pensionnate; Gesang-, Musik-, Schiess-, Turn-, Krankenvereine, landwirtschaftliche Genossenschaft. Gut verwaltete und blühende Spar- und Leihkasse. Kadettenkorps. Gesundes Trinkwasser in Laufbrunnen. Reizende Spaziergänge, zahlreiche und abwechslungsreiche Ausflugsziele: Obelisk und Schloss Greng, Champ Olivier und Gurwolf (Courgevaud), Münchenwiler (Villars les Moines), Montilier und Schloss Löwenberg;
Schiffahrt nach dem Bergland des Vuilly, wo die hübschen Orte Môtier, Lugnorre, Praz, Nant und Sugiez liegen.
Das einst fast ganz
französische Murten
ist im Laufe der Jahrhunderte germanisiert worden;
die durch Farel verkündete Reformation brachte es immer näher zu Bern.
Bis 1524 sind die Rechenschaftsberichte
der Gemeinde bald französisch, bald deutsch, von da an nur noch deutsch. Neben der Stadt umfasst die reformierte Kirchgemeinde
Murten
die Gemeinden Montilier, Altavilla, Burg, Galmiz, Jeuss, Lurtigen, Ried und Salvenach. Die katholische Kirchgemeinde ist 1879 errichtet
worden.
Nach der Zählung von 1900 hat der Gemeindebann (Stadt, Bahnhofquartier, Scheuren, Bellevue, Mailand, Schulhausplatz, Enge, Prehl, Chante Merle, Rougang, Ochsen, Löwenberg, Poudresse und Champraclé) 268 Häuser, 513 Haushaltungen und 2263 Ew. 1969 Reformierte, 268 Katholiken, 22 Juden und 4 Andersgläubige; 1840 Ew. deutscher, 378 französischer, 38 italienischer und 7 anderer Sprache; 187 Gemeindebürger, 484 Bürger anderer Gemeinden des Kantons, 1468 aus andern Kantonen, 124 Fremde.
Stadt allein: 175 Häuser, 363 Haushaltungen und 1487 Ew. Die meisten Bewohner der Umgebung leben vom Ertrag der Viehzucht, des Wiesen-, Getreide-, Tabak-, Kartoffel-, Zuckerrüben- und Obstbaues. In der Stadt entwickeln sich Handel und Industrie immer mehr: Branntweinbrennereien, Ofen- und Heizkörperfabriken;
Fabrikation von Fischereigeräten, Reiseartikeln, Pappartikeln, kohlensaurem Wasser, Kunstwein;
Mühlen, Uhrenmacherwerkstätten.
Fabrik für pharmazeutische Produkte etc. Eine Buchdruckerei mit ¶
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einer Zeitung. Gasthöfe und Bäder, chemische Wäscherei. 12 Jahrmärkte.
Die Gegend am Murtensee ist seit den entlegensten Zeiten bewohnt gewesen, was durch zahlreiche Spuren von über die Ufer zerstreuten
Pfahlbauten bewiesen wird. Erste Erwähnung der Stadt Murten
516 als Muratum in fine Aventicensi. Kaiser Konrad II. zerstörte 1034 den
Ort. Berthold IV. von Zähringen begünstigte den Wiederaufbau der Stadt und gab ihr eine Handveste (Freiheitsbrief).
Nach dem Erlöschen der Zähringer erscheint Murten
in den Urkunden als freie Reichsstadt.
Zur Zeit des Faustrechts musste es sich in den Schutz Peters II. von Savoyen begeben, der das Schloss erbaute. Zum Erbteil
von Jakob von Savoyen, Grafen von Romont und Marschall von Burgund, geworden, sah sich Murten
am gezwungen, seine
Tore den Eidgenossen zu öffnen und kam nun endgiltig unter deren Herrschaft. Bern
und Freiburg
legten eine Besatzung ins Städtchen. Am verstärkten
die Berner dieselbe um 1500 Mann unter dem Befehl Adrians von Bubenberg, und Freiburg
sandte Wilhelm d'Affry mit 80 Kriegern
dahin.
Zugleich wurde die Stadt mit Kanonen und Munition versehen. Vom 9. und 10. Juni an war dann Murten
vollständig vom Burgunderheer
eingeschlossen. Der wackere Bubenberg und seine Tapfern schlugen aber bis zu dem auf ewig denkwürdigen
Tag der Schlacht bei Murten
alle Stürme zurück. Bis 1888 war man infolge ungenauer Darstellung der Chronisten
über den Gang dieser Schlacht falsch berichtet. Bis dahin glaubten die Historiker nämlich an eine grosse Schwenkung der
von den Höhen von Cressier herunter kommenden Eidgenossen.
Seither entdeckte Urkunden und die neuesten Studien von Dr. Wattelet haben dargetan, dass die Niederlage der Burgunder die Folge einer Ueberraschung war. Das herzogliche Heer lagerte etwa 36000 Mann stark in der Ebene bei Merlach (Meyriez) Greng (Granges) und Montilier. Das Zelt des Herzogs stand auf dem Hügel des Bois Domingue, und die Vorposten waren hinter einem Grünhag auf dem Plateau zwischen Burg und Salvenach verschanzt. Am Morgen des 22. Juni wurden die Burgunder alarmiert und stellten sich auf diesem Plateau in Schlachtordnung.
Bald aber schickte der Herzog die Truppen wieder in ihre Quartiere, da er die ihm zugekommenen Nachrichten für falsch erachtete. Gegen Mittag führten die Schweizer ihren Vormarsch aus und kamen, etwa 21000 Mann stark, auf der alten Bernerstrasse über Ulmiz, Lurtigen und den Galmwald heran. In zwei oder drei Schlachthaufen abgeteilt, griffen sie mit begeisterter Tapferkeit den Grünhag an. Die von neuem zum Kampfe gerufenen feindlichen Truppen kamen in vereinzelten Scharen und in Unordnung auf dem Schlachtfeld an und wurden einzeln geschlagen.
Bald verwandelte sich der Widerstand in wilde Flucht; die Eidgenossen folgten dem Feind auf den Fersen und vollzogen nun ganz
naturgemäss eine Schwenkung, die den Burgundern den Rückzug abschnitt. Diese erlitten so eine vollständige Niederlage,
die sie etwa 15000 Tote, die ganze Artillerie und den ganzen Tross kostete. Dieser Sieg befestigte für
lange den Ruf der schweizerischen Tapferkeit. Von da an gehörte Murten
zur Eidgenossenschaft und war eine gemeine Herrschaft
der Berner und Freiburger. Ein abwechslungsweise von beiden Ständen ernannter Schultheiss verwaltete die Vogtei während je 5 Jahren.
Die Reformation wurde in Murten
1529 von Farel gepredigt und am durch ein Abstimmungsmehr eingeführt. Bald folgten
der Mont Vuilly, Kerzers (Chiètres) und der Rest der Herrschaft dem Beispiel der Stadt. Am drangen die französischen
Truppen in die Stadt ein und bemächtigten sich der Stadtkasse. Desgleichen rückten im September 1802 die
helvetischen Truppen ein und forderten eine Kriegssteuer von 40000 Fr. unter dem Vorwand, dass sich die Murtner ihnen gegenüber
feindlich benommen hätten. Bis zur vollständigen Auszahlung dieser Summe führten sie als Geiseln den Unterstatthalter
Herrenschwand und die Stadtbeamten Daniel Chatoney und Frédéric Chaillet mit sich nach Payerne. Am 3. Oktober wurden
aber die helvetischen Truppen, die in Faoug, Greng und am Vuilly Posten bezogen hatten, vom General Wattenwil von Landshut in
die Flucht geschlagen. Murten
konnte wieder frei aufatmen, und die 3 Geiseln wurden am 5. des Monats in Freiheit
gesetzt.
Die Mediationsakte setzte diesen Wirren ein Ende. Es bildete nun die ehemalige Herrschaft Murten
den zweiten Kreis des Kantons Freiburg,
der
der Verfassung des Jahres 1803 gemäss organisiert wurde. Er erhielt einen Regierungsstatthalter, einen Steuerbezüger und
zwei Friedensrichter. Die Gemeindeordnung wurde abgeändert und
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