Muotathal
(Kt. und Bez.
Schwyz). 624 m. Gem. und Pfarrdorf im Muotathal
, am rechten Ufer der
Muota,
am Eingang ins
Hürithal,
Bisithal und in das Thal des vom Pragelweg durchzogenen
Starzlenbaches, am Fuss der
Rothfluh und 10,5
km sö. der Station Schwyz,
mit der es durch eine Fahrstrasse verbunden ist. Ist mit 18050 ha Fläche die ausgedehnteste Gemeinde
des Kantons und umfasst dessen sö. Abschnitt. Höhenlage zwischen 530 und 2804 m. Gemeinde, mit
Balm,
Bisithal, Hinterbrück
(Bödeli,
Gand,
Hürithal,
Tschalun),
Kreuz,
Lustnau,
Ried,
Stoss,
Stalden,
Vorderbrück und
Zinglen: 305
Häuser, 422 Haushaltungen
und 2221 kathol. Ew.; Dorf (in die beiden Gruppen
Schachen und
Wil zerfallend): 95
Häuser, 627 Ew. Postbureau,
Telegraph, Telephon;
Postwagen nach Schwyz. Die auf einer Anhöhe stehende grosse und schöne Pfarrkirche ist mit wertvollen Gemälden geschmückt;
neben ihr ein Beinhaus.
Die Kirchgemeinde bestand schon vor 1278. 400 m sö. der Kirche befindet sich das 1280 gestiftete
Frauenkloster vom dritten Orden des h. Franziskus, das laut alten Urkunden unter seinen Insassen
Angehörige von hervorragenden Zürcher,
Solothurner, Basler etc. Geschlechtern zählte. Trotzdem blieb es arm, da es 1388 und 1448 von
der Pest heimgesucht wurde, die die Mehrzahl der Nonnen hinwegraffte. Zur Zeit der Reformation ging es 1529 ein, und seine
Güter wurden unter die Dorfbewohner verteilt. 1577 erstand es von neuem und erhielt als Insassen
Nonnen aus dem Kloster
St. Anna bei Luzern.
Die alte
Thalstrasse ging über
Ibach, Ober
Schönenbuch und die Suwarowbrücke, die neue
folgt dem rechten Flussufer, tritt durch die romantische Mündungsschlucht der
Muota in den vom Klingenthal ^[Berichtigung:
Klingentobel] an weit und freundlich sich gestaltenden Thalboden ein und setzt sich bis zum
Weiler
Hürithal
fort, von wo Fusswege durch das
Hürithal über den
Kinzig Kulm und durch das
Bisithal über den
Ruosalper Kulm ins
Schächenthal
(Klausenstrasse), sowie über den
Pragelpass ins
Klönthal und nach Glarus
führen.
Die Thalbewohner zeichnen sich durch hohen Wuchs und festen Körperbau, die Frauen im Besondern noch durch ihre Schönheit und einfache Kleidung aus. Eigenartiger, fast singender Dialekt mit zahlreichen besondern Ausdrücken und Redewendungen. Fleissige und geschickte Bevölkerung. Hauptbeschäftigung ist Alpwirtschaft mit Viehzucht. Da bei Erbteilungen die männlichen Nachkommen gegenüber den weiblichen das Vorzugsrecht haben, ist der Grundbesitz nur wenig verschuldet.
Die Gemeinde zählt 286 Viehbesitzer, denen zusammen 1991 Stück Rindvieh, 628 Schweine, 789 Schafe, 1425 Ziegen, 28 Pferde
und 184 Bienenstöcke gehören.
Es sind dies mit Bezug auf die Zahl der Einwohner ganz respektable Ziffern. Viehmärkte in
Muotathal
und Schwyz.
Früher wurde das Vieh auf mühsamen
Pfaden nach Italien ausgeführt, welcher Verkehr aber
nur wenig Geld ins Ländchen brachte. Solches kam erst zu Kriegszeiten, wenn etwa die
Leventina oder die andern Vogteien im
Tessin
gebrandschatzt wurden.
Die Alpweiden sind meist Korporationseigentum und teilen sich in solche für Jungvieh, Kühe und
Ochsen, auf welch' letzteren
auch noch Schafe und Ziegen weiden. In der Thalsohle ausgezeichnete
Wiesen und Gemüsegärten. Das Muotathal
ist eine der waldreichsten Gegenden der
Schweiz; der
Wald umfasst hier eine Fläche von 2234 ha, wovon 2039 ha Gemeinde- und
Korporationswald sind. Bedeutender Holzhandel (besonders Fassholz); 6
Sägen, grosse Schreinereien. In neuerer Zeit nimmt
auch die Fremdenindustrie allmählig an Bedeutung zu. Als Hausindustrie dominiert die Seidenweberei;
daneben arbeiten noch 10 Strickmaschinen. An den untersten Thalgehängen stehen auch Obstbäume.
Muotathal
ist die Heimat der Landammänner Hediger und Peter
Suter und des Kriegshauptmannes Alois Hediger. Nach dem Einfall
der germanischen Völker war das Thal von zahlreichen freien Männern bewohnt, die später dem
Thur-,
dann dem Zürichgau angegliedert wurden. Dann bildete Muotathal
ein
Viertel des alten Landes Schwyz
und beteiligte sich als solches
an allen Schicksalen, Fehden und Kriegen desselben. Der
Ort hat unter den Ueberschwemmungen der
Muota vielfach zu leiden gehabt: 1629 riss
der
Wildbach Brücken,
Häuser und Ställe mit sich, und 1639 zerstörte er nebst zahlreichen andern
Häusern
auch das alte Kloster. 1125, 1363 und 1817 rafften Hungersnöte viele Personen weg;
schreckliche Pestepidemien, so z. B. 1044, 1059, 1129, 1349 (ein Drittel der Bevölkerung gestorben), 1386 (das Kloster ausgestorben), 1611 (besonders verderblich).
Als 1799 die Russen im Thal erschienen, war das Elend so gross, dass viele Leute das Leder ihrer Schuhe zerschnitten und assen. Während der damaligen hartnäckigen Kämpfe zwischen den Russen und Oesterreichern einerseits und den Franzosen andererseits hatte Suwarow sein Hauptquartier im Kloster aufgeschlagen, dessen Oberin Walburga Mohr sich in diesen schweren Zeiten durch ihr mit vielem Takt gepaartes wohltätiges Wirken rühmlichst auszeichnete. Das Wappen des Klosters zeigt den h. Joseph mit dem Christuskind auf dem Arm. In der Schwarzenbachgruobi hat man ein Bronzebeil aufgefunden.