Munkacsy
(spr. múnkatschi), Michael, eigentlich Lieb, ungar. Maler, geb. zu Munkács in Ungarn, [* 2] erlernte das Tischlerhandwerk und arbeitete schon als Geselle, als er durch einen reisenden Porträtmaler in Gyula, der ihm den ersten Unterricht erteilte, zur Kunst geführt wurde. Er bildete sich dann auf eigne Hand [* 3] weiter und zeichnete und malte Porträte [* 4] und Genrebilder aus dem Volksleben, deren eins (Bauernidyll) der Pester Kunstverein ankaufte. 1865 ging er nach Wien [* 5] auf die Kunstakademie, mußte aber schon im folgenden Jahr wegen Mittellosigkeit nach Pest zurückkehren.
Von da begab er sich nach kurzer
Pause nach
München,
[* 6] wo sich der Schlachtenmaler
Franz.
Adam seiner annahm.
Hier beteiligte sich an einer
Konkurrenz, die das ungarische
Kultusministerium ausgeschrieben hatte, und errang mit Genrebildern
dreimal den ersten
Preis, wodurch er die
Mittel erhielt, 1868 nach
Düsseldorf
[* 7] zu gehen, wo
Knaus und
Vautier ihn zur Behandlung
nationaler
Stoffe weiter ermutigten. Hier entstanden der erwachende Schusterjunge und einige
Porträte;
dann folgte das tief ergreifende
Bild: der letzte
Tag eines Verurteilten (1870), welches ihn mit einemmal berühmt machte und
ihm die
Bestellung eines andern großen
Bildes: Kriegszeit (1871), eintrug. Munkacsy
siedelte im
Januar 1872 nach
Paris
[* 8] über, wo seine
Arbeiten bald außerordentliche
Anerkennung fanden.
Von den kleinern Bildern dieser frühern Zeit sind noch zu nennen: der Gang [* 9] zur Schule (1871), die Küchenpolitiker, die Butterfrau, der betrunkene Schneider sowie einige Landschaften;
von den größern: der Transport von gefangenen Nachtschwärmern (1873), im Pfandhaus (1874), der Abschied der Rekruten und der Dorfheld (1877).
Alle diese Bilder kennzeichnet eine energische Charakteristik, eine große Kraft [* 10] der Darstellung und Breite [* 11] des malerischen Vortrags, aber auch eine starke Neigung zum Häßlichen und zu einem schwarzen Gesamtton, in welchem alle Lokalfarben untergehen. Diese Eigenschaften zeigten sich jedoch nur in seinen Genrebildern aus dem ungarischen Volksleben. Seit 1876 begann er auch Szenen aus den Pariser Salons zu malen, in welchen er nach einem immer reichern Kolorit strebte und schließlich zu einer ganz hellen und lichten Farbenstimmung bei einer skizzenhaft andeutenden, fast impressionistischen Behandlung der Zeichnung und Modellierung gelangte.
Die Hauptbilder dieser Gattung sind: der Künstler mit seiner Gattin im Atelier (1876), der Besuch bei der Wöchnerin (1881), das Namensfest des Vaters, die Amme, die beiden Familien (1881) sowie mehrere Stillleben und Blumenstücke. Im J. 1877 betrat er mit einem Milton, seinen Töchtern das »Verlorne Paradies« diktierend, das Gebiet des historischen Genres, wobei er zugleich nach einer tiefern Charakteristik strebte und an die Stelle der schwarzen Gesamtstimmung eine graue setzte.
Dieses
Bild brachte ihm 1878 die Ehrenmedaille der
Pariser
Weltausstellung ein. Zu voller Farbigkeit auch auf diesem Gebiet
seines
Schaffens wendete sich Munkacsy
1882 mit einem figurenreichen Kolossalbild:
Christus vor
Pilatus (1882, radiert von
Wallner),
welchem 1884 eine
Kreuzigung
Christi (le
Calvaire, radiert von Köpping) folgte. Auf diesen Bildern ist
die Erregung des
Volkes mit großer dramatischer Lebendigkeit und ebenso großer malerischer
Kraft geschildert, welche dem
Geistigen wie dem
Materiellen in gleichem
Maß gerecht wird.
Die biblischen Vorgänge sind im historischen
Licht
[* 12] betrachtet und demgemäß in vollster, ethnographischer
Realität dargestellt.
Das religiöse
Moment ist gänzlich zu gunsten des geschichtlichen zurückgedrängt.
Christus vor
Pilatus
ist für 120,0000
Dollar, Munkacsys
letztes größeres
Bild: die letzten
Augenblicke
Mozarts (1886), für 50,000
Doll. nach den
Vereinigten Staaten
[* 13] von
Nordamerika
[* 14] verkauft worden. Munkacsy
hat auch mehrere Bildnisse
(Kardinal
Haynald,
Liszt) gemalt. Er ist vom
Kaiser von
Österreich
[* 15] geadelt worden und besitzt die große goldene
Medaille der
Berliner
[* 16]
Ausstellung.