Titel
Mundt
,
1)
Theodor, Schriftsteller des »jungen
Deutschland«,
[* 2] geb. zu
Potsdam,
[* 3] studierte
Philologie und
Philosophie
in
Berlin,
[* 4] lebte seit 1832 als Mitredakteur der
»Blätter für litterarische Unterhaltung« in
Leipzig,
[* 5] ging dann auf
Reisen und
nahm 1839 seinen dauernden
Wohnsitz in
Berlin, wo er sich auch 1842 habilitierte. 1848 ward er als
Professor
der allgemeinen Litteraturgeschichte an die
Universität zu
Breslau
[* 6] versetzt, 1850 aber als
Professor und Universitätsbibliothekar
nach
Berlin zurückberufen, wo er starb. Mundts
litterarische Laufbahn begann mit
Novellen und
Kritiken. Zu seinen
frühern
Produktionen auf diesem Gebiet gehören: »Madelon« (Leipz. 1832),
»Das Duett« (Berl. 1832),
»Der Basilisk« (Leipz. 1833),
»Moderne Lebenswirren« (das. 1834) und »Madonna, Unterhaltungen mit einer Heiligen« (das. 1835), sämtlich echte Proben jener Mischung publizistischer und poetischer Aufgaben, jener Auflösung aller unmittelbaren Darstellung zu gunsten willkürlich subjektiver Reflexion, [* 7] welche die jungdeutsche Schule erstrebte. Später erschienen die Romane: »Thomas Müntzer« (Altona [* 8] 1841, 3 Bde.; 3. Aufl. 1860);
»Carmela, oder die Wiedertaufe« (Hannov. 1844);
»Mendoza« (Berl. 1847, 2 Bde.);
»Die Matadore« (Leipz. 1850, 2 Bde.);
»Ein deutscher Herzog« (das. 1855);
»Graf Mirabeau« (das. 1858; 2. Aufl. 1860, 4 Bde.);
»Cagliostro in Petersburg« [* 9] (Prag [* 10] 1858);
»Robespierre« (Leipz. 1859, 3 Bde.) und »Zar Paul« (das. 1861, 6 Bde.),
letztere fünf Werke Memoiren- und Romanform vermischend.
Eine Sammlung kleinerer Erzählungen erschien unter dem Titel: »Kleine Romane« (Berl. 1859, 2 Bde.). Bedeutenderes als auf dem Felde der Erzählung leistete als Kritiker. Hierher gehören: »Kritische Wälder« (Leipz. 1833);
»Kunst der deutschen Prosa« (Berl. 1837, 2. Aufl. 1843);
»Geschichte der Litteratur der Gegenwart« (das. 1842; 2. Aufl., Leipz. 1853);
»Geschichte der Gesellschaft« (das. 1844, 2. Aufl. 1856);
»Ästhetik« (das. 1845, neue Ausg. 1868);
»Allgemeine Litteraturgeschichte« (Berl. 1846, 3 Bde.; 2. Aufl. 1848);
»Die Götterwelt der alten Völker« (das. 1846, 2. Aufl. 1854);
»Dramaturgie« (das. 1847, 2 Bde.);
»Staatsberedsamkeit der neuern Völker« (das. 1848) und »Geschichte der deutschen Stände« (das. 1854), Schriften, die zumeist das Resultat seiner akademischen Vorlesungen waren.
Die besten Leistungen
Mundts
sind seine
Charakteristiken und Schilderungen. Hier beweist er, trotz vieler ungesunder und paradoxensüchtiger Geistreichigkeit,
eine glänzende
Gabe der Auffassung, wie namentlich in seiner Schilderung
Knebels in der von ihm und
Varnhagen
v.
Ense veranstalteten Herausgabe von
Knebels »Litterarischem
Nachlaß und Briefwechsel« (Leipz. 1835-36, 3 Bde.),
ferner in seinen Monographien über Fürst Pückler, Hippel, Thümmel, G. Sand, Lamennais, Fr. v. Heyden, in seinem der Charlotte Stieglitz gesetzten »Denkmal« (anonym, Berl. 1835),
endlich in seinen »Spaziergängen und Weltfahrten« (Altona 1838-40, 3 Bde.),
seiner »Völkerschau auf Reisen« (das. 1840),
die reich an interessanten Schilderungen aus London, [* 11] Paris, [* 12] Südfrankreich, der Schweiz [* 13] ist, in den »Pariser Kaiserskizzen« (Berl. 1857),
denen sich
»Paris und
Louis
Napoleon« (das.
1859, 2 Bde.) anschloß, und in dem Werk
»Italienische Zustände« (das. 1859-60, 4 Bde.).
In den
»Charakteren und
Situationen,
Novellen und
Skizzen« (Wism. 1837, 2 Bde.) stellte er Reiseschilderungen
mit
Streifzügen durch die neueste Litteratur zusammen. Mundt
gab unter anderm auch
Luthers
»Politische
Schriften« (Leipz. 1844)
sowie kleinere
Schriften politischen
Inhalts heraus.
2) Klara, als Romanschriftstellerin unter dem Namen Luise Mühlbach bekannt, geb. zu Neubrandenburg, [* 14] Tochter des Oberbürgermeisters Müller daselbst, verheiratete sich 1839 mit dem vorigen und entfaltete seitdem eine außerordentliche Fruchtbarkeit in der Romanschriftstellerei, die bis zu ihrem in Berlin erfolgten Tod andauerte. In ihren ersten Werken spielen Gift und Dolch, [* 15] Notzucht und Blutschande die Hauptrolle. Etwas höher stehen ihre zahlreichen geschichtlichen Romane, von denen wir hier nur anführen: »Johann Gotzkowsky« (Berl. 1850, 3 Bde.);
»Friedrich d. Gr. und sein Hof« [* 16] (das. 1853, 4 Abtlgn.; 8. Aufl. 1882);
»Historische Charakterbilder« (das. 1856-58, 4 Bde.);
»Joseph II. und sein Hof« (das. 1855; 9. Aufl. 1877);
»Königin Hortense« (5. Aufl., das. 1860, 2 Bde.);
»Erzherzog Johann von Österreich [* 17] und seine Zeit« (das. 1859-63, 4 Abtlgn.);
»Napoleon in Deutschland« (das. 1858, 4 Abtlgn. in 16 Bdn.);
»Der Große Kurfürst und seine Zeit« (Jena [* 18] 1864-66, 3 Abtlgn. in 11 Bdn.);
»Deutschland in Sturm und Drang« (das. 1866-67, 4 Abtlgn. in 17 Bdn.);
»Kaiserin Claudia, Prinzessin von Tirol« [* 19] (Leipz. 1867, 3 Bde.);
»Marie Antoinette und ihr Sohn« (Jena 1867, 6 Bde.);
»Kaiser Alexander und sein Hof« (Berl. 1868, 4 Bde.);
»Kaiserburg und Engelsburg« (Jena 1871, 2 Bde.);
»Mohammed Ali und sein Haus« (das. 1871, 4 Bde.);
»Von Königgrätz [* 20] bis Chiselhurst« (Stuttg. 1873-75, 6. Bde.) etc., Werke, in denen mancherlei interessante Episoden der historischen und Memoirenlitteratur verwertet sind, ¶
mehr
die aber gleichwohl nur dem flachsten Unterhaltungsbedürfnis genügen können und durch häßliche Züge der niedrigsten Lebensauffassung entstellt sind. Außerdem sind noch zu erwähnen: »Federzeichnungen auf der Reise nach der Schweiz« (Berl. 1864, 2 Bde.);
»Novellen« (das. 1865, 4 Bde.);
»Geschichtsbilder«, Novellen (Jena 1868, 3 Bde.);
»Reisebriefe aus Ägypten, [* 22] vom Suezkanal« (das. 1871, 2 Bde.) u. a. Ihre »Kleinen Romane« erschienen gesammelt Altona 1860-66, 21 Bde.