Münsingen
(Kt. Bern,
Amtsbez. Konolfingen).
547 m. Gem. und grosses Pfarrdorf, am rechten Ufer der
Aare und an der Strasse
Bern-Thun. Station der Linie
Bern-Thun. Postbureau, Telegraph, Telephon. Gemeinde, mit zerstreut gelegenen
Höfen: 203
Häuser, 2306 reform.
Ew.; Dorf 163
Häuser, 1990 Ew. Kirchgemeinde, von der sich seit einigen Jahren eine neue Pfarrei
Stalden abgetrennt hat. Bedeutende
landwirtschaftliche Tätigkeit mit intensivem Betrieb. Acker- und Obstbau, Futterwiesen. Gasthöfe. 2
Mühlen.
Je eine mechanische Wollweberei und eine Tuchfabrik. Münsingen
ist ein beliebtes Ausflugsziel der Bewohner der Bundesstadt.
Grosse Staatsdomäne mit schönem
Schloss aus dem 16. Jahrhundert. Mitten in einem Park stehen hier die Bauten der 1895 eröffneten
kantonalen Irrenheilanstalt, deren Erstellung 3,5 Mill. Fr. gekostet hat. Sie ist prachtvoll eingerichtet
und hat Zentralheizung, elektrisches Licht und Druckwasser. Sie zählt 158 Angestellte und kann 550 Kranke aufnehmen; im
Jahr 1903 beherbergte sie im Ganzen 853 Patienten (406 Männer und 447 Frauen).
Vier Aerzte. Die Anstalt bewirtschaftet das eben genannte Schlossgut, das vom Staat Bern 1877 um den Preis von 432000 Fr. angekauft worden ist und 78 ha umfasst. Diese Domäne baut Getreide, Kartoffeln, Gemüse und Wiesen und unterhält 115 Stück Rindvieh und 80 Schweine. Die Anstalt wird erhalten aus einem Gründungskapital, einer Staatssubvention, den von den Kranken bezahlten Pensionsgeldern, dem Ertrag des landwirtschaftlichen Betriebes und den Subsidien der Hilfsgesellschaft für die Geisteskranken.
Neben Münsingen
hat Bern
noch kantonale Irrenheilanstalten in der
Waldau (bei Bern)
und in
Bellelay (im
Berner Jura). Die aus 1709 stammende
Pfarrkirche von Münsingen
ist in den letzten Jahren geschmackvoll restauriert und mit einem Kuppelturm geschmückt worden.
Im Chor befinden sich Kirchenstühle alter adliger Geschlechter und 13 Glasmalereien, darunter zwei prachtvolle
des Schultheissen Hans von
Steiger und der Barbara Willading aus 1562. 1798 brach in Münsingen
eine grosse Feuersbrunst aus.
Ruinen der Sitze des Geschlechtes Senn, deren einer unter dem Dorf gegen die
Aare zu stand und deren über dem Dorf befindlicher
anderer von den Bernern in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts zerstört worden ist. Das wahrscheinlich 1572 von
Hans von
Steiger, dem Schwiegersohn von Hans Franz Nägeli, erbaute
Schloss ist seit 1877 Staatseigentum. In Münsingen
fanden
einst zwei grosse Volksversammlungen statt, von denen die vom eine neue (am 31. Juli des nämlichen
Jahres vom Volk angenommene) Verfassung forderte. Am handelte es sich um den Kampf um die Vorherrschaft zwischen den
Konservativen und Radikalen, die hier getrennt tagten und zwar jene auf der
Löwenmatte und diese auf der Bärenmatte. Ein
Grabhügel; im Muriholz eine Römersiedelung. 1000, 1009:
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Munisingin; 1218: Munisenges: 1224: Muonsingin. Vom Personennamen Munizo herzuleiten. Vergl. Mülinen, Nikl. Friedr. v. Historischer
Versuch über die Herrschaft Münsingen.
Bern
1872; Wurstemberger, L. Die Grafen von Buchegg und die Sennen von Münsingen
(im Schweizer.
Geschichtsfreund. 11).