Müllner
,
Amadeus
Gottfried
Adolf,
Kritiker und dramatischer Dichter, geb. zu Langendorf bei
Weißenfels,
[* 2] Schwestersohn
des Dichters
Bürger, studierte in
Leipzig
[* 3] die
Rechte, wurde 1798
Rechtsanwalt in
Weißenfels, gab 1816 seine
Praxis auf und starb daselbst. Als Dichter trat Müllner
(anonym) zuerst mit dem
Roman »Incest«
(Greiz
[* 4] 1799, 2 Bde.) vor
die
Öffentlichkeit und schrieb dann eine Anzahl
Lustspiele für ein Liebhabertheater, wie: »Der angolische
Kater«, »Der
Blitz«,
»Die Rückkehr aus
Surinam«, »Die großen
Kinder«, »Die Onkelei« etc.
(gesammelt in
»Spiele
für die
Bühne«, Leipz. 1815-21, 2 Bde.,
und im
»Almanach für Privatbühnen«, das. 1817-19, 3 Bde.),
die sich meist an französische Vorbilder anlehnen. Sein dichterischer Ruf beruht aber auf seinen Tragödien: »Der neunundzwanzigste Februar« (Leipz. 1812),
einem matten Nachklang des Wernerschen Trauerspiels »Der vierundzwanzigste Februar«, ferner »Die Schuld« (das. 1815),
»König Yngurd« (das. 1817) und »Die Albaneserin« (Stuttg. 1820),
Dichtungen, durch welche er die sogen. Schicksalstragödie in die
Mode brachte. Das tragische
Schicksal knüpft sich in diesen
Stücken an kleinliche Zufälligkeiten, an unbedeutende
Dinge, wie z. B. in der
»Schuld« an
eine zersprungene
Saite; die grandiose
Idee des antiken
Fatums erscheint unabsichtlich ins
Komische verzerrt,
und bei aller Vorliebe des Dichters für Herbeiziehung des
Furchtbaren und Schaudererregenden ist der Totaleindruck, den die
Müllner
schen
Trauerspiele auf den gebildeten
Geschmack hervorbringen, der dem echt tragischen gerade entgegengesetzte, nämlich
der des Greulichen und zugleich Lächerlichen.
Gleichwohl haben Müllners
Tragödien eine Zeitlang von der deutschen
Bühne herab eine bedeutende
Wirkung
geübt und eine ganze
Reihe geistesverwandter dramatischer
Produkte hervorgerufen. Als talentvollste Nachfolger schlugen
Grillparzer
(in der
»Ahnfrau«) und
Houwald den von Müllner
eröffneten Weg der fratzenhaften Schicksalstragik ein, die in
Tieck,
Börne,
Castelli
und
Platen geistreiche Bekämpfer fand. Seit 1820 wandte sich Müllner
ausschließlich der litterarischen
und dramaturgischen
Kritik zu. Er führte 1820-25 die Redaktion des »Litteraturblattes«
zum »Morgenblatt« und gab dann 1823 die
Zeitschrift »Hecate«, seit 1826 das »Mitternachtsblatt«
selbständig heraus. Auch als juristischer Schriftsteller ist Müllner
aufgetreten. Seine
Dichtungen erschienen als »Dramatische
Werke« (Braunschw. 1828, 8 Bde.);
zuvor schon hatte er »Vermischte
Schriften« (Stuttg. 1819-26, 2 Bde.)
herausgegeben.
Vgl.
Schütz, Müllners
Leben,
Charakter und
Geist
(Meiß. 1830);
Höhne, Zur
Biographie und
Charakteristik Müllners
(Wohlau 1875).