Mühlsteine
,
[* 1] diejenigen Teile der
Mühlen,
[* 2] zwischen welchen das
Getreide
[* 3] gemahlen wird. Die Mühlsteine
müssen bei gewisser
Kohäsion und großer
Härte entweder ein körniges oder besser ein poröses Gefüge mit natürlichen Schnittkanten und
Ecken
besitzen, sich leicht bearbeiten lassen, ohne spröde zu sein, beim
Gebrauch die rechte Mahlfähigkeit
möglichst lange behalten (nicht leicht stumpf werden) und sich nicht merklich abnutzen, um das Mahlgut weder durch Steinpulver
zu verunreinigen, noch die
Farbe des
Mehls zu beeinträchtigen.
In den alten Mühlen behalf man sich mit Sandsteinen, wie sie möglichst nahe am Ort vorkamen; jetzt verwendet man auf die Beschaffung der Steine viel größere Sorgfalt, da von deren Beschaffenheit zum sehr großen Teil der Erfolg des ganzen Mahlprozesses abhängt. Sandsteine benutzt man noch für die grobe Müllerei, zum Spitzen und Schroten der Körner, und man erhält gute aus diesem Material von Jonsdorf unweit Zittau [* 4] im Liebethaler Grund, aus der Gegend zwischen Löwenberg und Bunzlau, [* 5] von Rothenburg [* 6] a. d. T., von Münden und vom Osterwald bei Elze im Hannöverschen, von Neckartenzlingen bei Nürtingen, aus den Niederwallseer Steinbrüchen unweit Wien, [* 7] aus dem Dogeser Steinbruch bei Prag, [* 8] von Waldshut in Baden [* 9] etc. Besser als Sandstein ist Porphyr, den besonders der Thüringer Wald oberhalb Frankenhain und Dörrberg und Krawinkel liefern.
Verschlackter
Basalt (Mühlsteinlava) bildet die rheinischen Mühlsteine
, die bei
Andernach gewonnen werden und erst in neuerer Zeit
durch die französischen Mühlsteine
etwas verdrängt worden sind. Die ausgezeichnetsten Mühlsteine
bestehen
aus porösem
Süßwasserquarz, wie er bei La
Ferté sous
Jouarre
(Departement
Seine-et-Marne) vorkommt. Sie
sind sehr
hart und porös und besitzen zahllose kleine Höhlungen, in denen Quarzfäden, dem netzförmigen Knochengewebe vergleichbar,
sich zeigen, die natürliche
Schneiden bilden und sich beim Abarbeiten teilweise von selbst erneuern; sie schälen die
Hülsen
förmlich vom
Kern des
Getreides ab, ohne daß ein
Netzen desselben nötig wird.
Man findet aber dies Quarzgestein nicht in der
Mächtigkeit und Gleichartigkeit, daß man die Mühlsteine
in Einem
Stück daraus bearbeiten könnte; vielmehr muß man dieselben aus kleinern
Stücken zusammensetzen und letztere mit
Zement oder
Gips
[* 10] untereinander verkitten, wobei man aber den
Kern aus gewöhnlichem
Sandstein bildet. Das Ganze wird mit eisernen
Reifen umgeben. Den eben genannten
Steinen ähnlich sind die von
Bergerac sowie die von Fony und Segelong in
Ungarn.
[* 11] - Die Aufgabe
der
Steine, nicht das ganze Getreidekorn zu zerreiben, sondern die
Schalen abzutrennen und nur den
Kern in
Mehl
[* 12] zu verwandeln,
kann durch ebene
Steine nicht erreicht werden; man haut deshalb mit den »Mühlpillen«
Rinnen in die Mühlsteine
, welche scherenartig wirken und das
Mehl zugleich nach dem
Umfang des
Steins treiben.
Diese Rinnen
[* 1]
(Fig. 1), welche von dreieckigem
Querschnitt
a b sind, nennt man Hauschläge oder
Furchen, und die damit versehenen
Mühlsteine
heißen geschärft. Die Form und der Verlauf der Rinnen sind für das Gelingen der
Mahloperation von großer Wichtigkeit. Bei deutschen
Mühlen sind die Hauschläge des
Bodensteins radiale
Linien
s t
[* 1]
(Fig. 2),
die des
Läufers sind dagegen gekrümmt
m n o und zwar so, daß sie wenigstens annähernd eine logarithmische Spirallinie bilden,
welche die
Eigenschaft hat, daß alle vom
Mittelpunkt gezogenen
Linien mit derselben gleiche
Winkel
[* 13] bilden.
Ein gewisses Abweichen von der logarithmischen Spirale hat für die Praxis manche Vorzüge. Im Mittelpunkt der Steine, wo das Korn aufgeschüttet wird, hat dasselbe noch ein größeres Volumen als an der Peripherie der Steine, und man macht daher die Rillen dort tiefer als am Umfang. Die scherenartige Wirkung der Hauschläge veranlaßt nun bei weitläufiger Stellung der Steine zunächst ein Schälen des Getreides, und der Kern wird erst in Mehl verwandelt, wenn man nach dem folgenden Aufschütten die Steine einander mehr nähert.
Nach einer andern
Methode sind die französischen und amerikanischen
Steine geschärft. Bei erstern sind
die
Rillen geradlinig, aber nicht Radien des
Steins, sondern sie bilden
Tangenten
a p,
r b zu den
»Augen« des
Steins und parallele
Linien c mit diesen
Tangenten. Die ähnlich verlaufenden
Rillen der amerikanischen
Steine sind gekrümmt. Zur Herstellung der
Furchen hat man mehrfach
Maschinen in Anwendung gebracht, doch konnten sich dieselben bisher nicht recht
Eingang verschaffen. Vortrefflich arbeiten die mit
Diamanten armierten Schärfmaschinen, deren bedeutende Anschaffungskosten
aber wohl nur von großen Mühlen
etablissements getragen werden können.
[* 1] ^[Abb.: Fig. 1. Bodenstein ruht]