Moutier
,
deutsch
Münster. Amtsbezirk des Kantons Bern.
28340 ha Fläche und 19393 Ew., also 56 Ew.
^[Supplement: 68 Ew.]
auf einen km2. Hauptort ist Moutier
oder
Münster. 34 Gemeinden:
Belprahon,
Bévilard,
Champoz,
Châtelat,
Châtillon,
Corban,
Corcelles,
Courchapoix,
Courrendlin,
Court,
Crémines,
Élay
(Seehof),
Eschert,
Les Genevez,
Grandval,
Lajoux,
Loveresse,
Malleray,
Mervelier,
Monible, Moutier
,
Perrefitte,
Pontenet,
Reconvilier,
Roches,
Rossemaison,
Saicourt,
Saules,
La Scheulte
(Schelten),
Sornetan,
Sorvilier,
Souboz,
Tavannes und
Vellerat.
Der Bezirk zählt 14 Kirchgemeinden, von denen 11 vom Staate anerkannt werden: reformierte Pfarreien Moutier
,
Sornetan,
Tavannes,
Bévilard,
Court,
Grandval und die katholischen Pfarreien Moutier
,
Bévilard,
Mervelier,
Courchapoix,
Courrendlin,
Corban,
Les Genevez
und
Lajoux. 19393 Ew. in 2630
Häusern und 3867 Haushaltungen;
12950 Reformierte und 6365 Katholiken;
zahlreiche Wiedertäufer unter den Bauern. 12669 Ew. französischer, 6178 deutscher, 521 italienischer Zunge.
Die deutsch-sprechenden
Reformierten bilden eine einzige Kirchgemeinde mit Sitz in
Münster, wo ihnen die kleine Kirche von
Chalière zum Gottesdienst
eingeräumt ist. Die Katholiken von
«Sur les
Roches» bilden 2 Kirchgemeinden, deren eine Kirche und Pfarrhaus in Moutier
im
Quartier
La Verrerie und deren andere seit kurzem in
Bévilard steht. Der Bezirk Moutier
grenzt im N. an den Bezirk Delsberg,
im W.
an den Bezirk
Freibergen, im
S. an den Bezirk Courtelary,
im SO. und O. an den Kanton Solothurn.
Dazu gehört ferner eine Exklave am
NW.-Hang des
Passwang, die von der obern
Scheulte durchflossen und vom übrigen Teil des Bezirkes durch einen Streifen des Bezirkes Delsberg
getrennt
wird; sie umfasst die Gemeinden
Corban,
Courchapoix und
Mervelier. So umgrenzt gehören zum Amtsbezirk
Münster das Thal der
Birs von ihrer Quelle bei
Pierre Pertuis bis unter
Courrendlin (s. von Delsberg),
die untere Hälfte des
Thales der
Trame, das Thal des
Chaluet, des
Cornet
(Grandval), das sog. Petitval und der obere Teil des
Val Terbi. Historische Einteilung:
Prévôté Moutier
-Grandval und Courtine de
Bellelay.
Die Prévôté umfasste das Birsthal mit allen seinen Seitenthälern, während die Courtine im NW. des Bezirkes durch das Petitval gebildet wurde, welches durch den Oberlauf der Sorne und durch den in der Schlucht von Pichoux am N.-Fuss des Moron sich mit ihr vereinigenden Bach von Les Fontaines entwässert wird. Das Ganze ist zumeist Bergland und wird von W. nach O. von 4 parallelen Bergketten durchzogen, die durch tiefe Schluchten zur malerischsten Gegend des bernischen Jura gestaltet werden. Wichtigste Höhen: der Monto (1331 m) s. über dem Thal von Tavannes und der Moron (1340 m) n. vom gleichen Thal;
der Graitery (1272 m), ¶
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die Fortsetzung des Moron auf dem rechten Ufer der Birs und n. über dem Chaluet; die Montagne de Moutier (1128 m) mit ihrer ö. Fortsetzung im Raimeux (1306 m) n. von Grandval; endlich die Kette des Vellerat (1033 m), die das Thal der Sorne von Glovelier bis Delsberg im S. begleitet und ihre Ausläufer s. von Courrendlin auf das rechte Ufer der Birs hinübersendet. Im SO. und O. des Bezirkes finden sich Hasenmatte, Passwang und Hohe Winde. Thäler: das Thal von Tavannes, in welches bei Reconvilier von links das Thälchen von Saicourt (oder der Trame) und bei Court von rechts die Thalfurche des Chaluet münden;
hinter der Schlucht von Court öffnet sich das geräumige Thal von Moutier
, mit dem sich von W. das Thälchen von
Perrefitte und von O. das Grandval oder Thal des Cornet vereinigen.
Von Moutier
bis Courrendlin (im Delsbergerthal) fliesst die
Birs durch grossartige Schluchten. Im NW. des Bezirkes liegen das Plateau von Bellelay und das Petitval mit
den Schluchten von Le Pichoux, die an die Viamala erinnern. Fliessende Gewässer: die Birs, die von links die Trame und die Chalière,
von rechts die Rauss und die Scheulte mit der Gabiare aufnimmt;
die Sorne mit ihrem rechtsseitigen Zufluss Ruisseau des Fontaines;
die Rouge Eau, die aus den torfigen Teichen w. Bellelay kommt und s. der Sümpfe von La Sagne im Boden verschwindet.
Zahlreiche Steinbrüche, aus denen man einen guten Bruchstein gewinnt; Eisenerz wurde früher bei Malleray ausgebeutet; die Umgebung von Münster liefert ausgezeichnete Töpfererde und Lehm, der in mehreren Ziegelhütten verarbeitet wird. In den Steinbrüchen von Fuet und Saicourt (Thal der Trame) gewinnt man (wie übrigens am ganzen Moron) massenhaft den weissen Quarzsand, der zur Glasfabrikation weithin exportiert wird. Die Wälder sind wildreich und enthalten auch noch das Reh. Die Flüsse nähren ungeachtet der an ihren Ufern erbauten Fabriken viele Forellen von vorzüglicher Qualität.
Die Bodenfläche verteilt sich wie folgt:
ha | |
---|---|
Felder und Gärten | 3944 |
Wiesen und Baumgärten | 6203 |
Weiden | 5321 |
Wälder | 10122 |
Unproduktiver Boden | 2750 |
Die 3944 ha Felder und Gärten verteilen sich auf
ha | |
---|---|
Getreide | 1485 |
Hackfrüchte | 633 |
Futterpflanzen | 1741 |
Andere Kulturen | 85 |
Auf einem Areal von 9782 ha stehen 68469 Obstbäume worunter 22063 Apfel-, 9426 Birn-, 11861 Kirsch-, 22009 Pflaumen-, 794 Nuss- und 22 Quittenbäume, sowie 2294 Spaliere und Zwergobstbäume.
Obwohl der Bezirk sehr industriell ist, liefern doch Ackerbau und Viehzucht die Haupteinnahmen.
Ergebnisse der Viehzählungen:
1886 | 1896 | 1901 | |
---|---|---|---|
Rindvieh | 8009 | 8380 | 8326 |
Pferde | 1350 | 1190 | 1310 |
Schweine | 2829 | 3733 | 3541 |
Schafe | 1277 | 788 | 583 |
Ziegen | 1603 | 1507 | 933 |
Bienenstöcke | 1200 | 1634 | 1546 |
In der Prévôté herrscht die Uhrenmacherei vor. Reconvilier hat eine Messinggiesserei; Moutier
hat Ziegelhütten, Fabriken
feuerfester Steine, eine Töpferei; eine Glashütte, die Fensterglas herstellt, eine Korbwarenfabrik. In Choindez
stehen der einzige Hochofen der Schweiz und die nach Gerlafingen wichtigste Eisengiesserei unseres Landes. Sehr wichtig ist
auch der Holzhandel; viele Mühlen und Sägen. Das Plateau von Bellelay liefert ausgezeichneten Käse (têtes de moine genannt).
Die Erzeugung von elektrischer Kraft durch Turbinen nimmt zu, genügt aber noch lange nicht, um eine
so tätige Bevölkerung mit Licht und Triebkraft zu versehen; den Ausfall decken die Werke von Undervelier, Hagneck und dasjenige
an der Sorne. Viele Dörfer besitzen Hochdruckwasserversorgung mit Hydrantennetz. Die Ortschaften mit blühender Industrie
entwickeln sich rasch; so Tavannes, Reconvilier, Malleray, Moutier
, Choindez und Courrendlin. In Moutier
ein Bezirksspital, in
Châtelat ein Waisenhaus (la Ruche), in Loveresse ein Altersasil (die zwei letztgenannten Anstalten speziell für das Thal von
Tavannes), in Bellelay die Versorgungsanstalt für unheilbare Geisteskranke des Berner Jura. Tavannes, Reconvilier und Moutier
haben Sekundarschulen, Tavannes, Reconvilier und Malleray Gewerbeschulen. Die Vieh- (besonders Pferde-)märkte von Chindon nw.
Reconvilier werden selbst vom Ausland her besucht. Tavannes hat ein Zeughaus für den Jura, Moutier eine
Volksbank und eine Sparkassa, Tavannes ebenfalls eine Sparkasse. Der Amtsstatthalter und das Amtsgericht haben ihren Sitz
in Münster.
Wichtige Verkehrswege: die Eisenbahn Delsberg-Moutier-Tavannes-Sonceboz-Biel mit der schmalspurigen Zweiglinie Tavannes-Tramelan, ferner die 1904 im Bau ¶
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begonneue und bis 1907 zu vollendende Eisenbahn Moutier-Grandval-Weissenstein-Solothurn; die kantonalen Strassen Delsberg-Moutier-Pierre Pertuis-Biel und Moutier-Grandval-Gänsbrunnen (Saint Joseph)-Weissenstein; die Strassen Tavannes-Tramelan-Saignelégier, Tavannes-Bellelay-Le Pichoux-Glovelier und endlich Moutier-Perrefitte-Les Écorcheresses-Souboz-Le Pichoux.
Bis Ende 1797 bildete die Prévôté einen Teil der Ländereien des Fürstbischofs von Basel und gehörte infolge dessen zum deutschen Kaiserreich. Im 15. Jahrhundert schloss das Ländchen ein Burgrecht mit Bern; zudem besass es einen vom Fürstbischof bestätigten Freiheitsbrief, kraft dessen die Prévôtois sich als frei betrachten konnten. Ihre Interessen wurden durch den «Bandelier», der zugleich ihr Richter und ihr militärischer Führer war, vertreten. Die Reformation, die hier durch Farel 1530 gepredigt wurde, entzweite das bis dahin so ruhige Völklein; die Chorherren von Moutier mussten 1534 ihr Heim verlassen und zogen sich nach Delsberg zurück. Um dem Lande den Frieden wieder zu geben, wurde 1711 im Vertrag von Aarberg bestimmt, dass die reformierten Prévôtois sich in dem «Sur les Roches» genannten Teil (d. h. oberhalb der Felsen, welche n. von Choindez den Eingang zur Schlucht von Moutier bilden) ansiedeln und dass die Katholiken unterhalb dieser Felsen bleiben sollten.
Darum sind heute noch die Kirchgemeinden Courrendlin, Courchapoix, Corban und Mervelier katholisch. Die katholischen Pfarreien Les Genevez und Lajoux (bis 1793 die Courtine de Bellelay genannt) kamen erst 1815 zum Bezirk Moutier. 1797 wurde die Prévôté von den Franzosen erobert und zu Frankreich geschlagen, das nun hier Truppen für seine Feldzüge aushob. Der Wienerkongress sprach 1815 dieses Ländchen wie überhaupt den grössten Teil der Besitzungen des Fürstbischofs dem Kanton Bern zu. Industrie und Eisenbahnverkehr haben hier einen ungewöhnlichen und stets noch wachsenden Wohlstand geschaffen.