Mosen
,
Julius, Dichter, geb. zu Marieney im sächs. Vogtland, aus einer ¶
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ursprünglich griechischen Familie (Mosyn), Sohn eines Schullehrers, besuchte das Gymnasium zu Plauen, [* 4] studierte seit 1822 in Jena [* 5] die Rechte, reiste während seiner Studienzeit nach Italien, [* 6] schloß nach seiner Rückkehr die Rechtsstudien in Leipzig [* 7] ab und arbeitete dann längere Zeit bei einem Sachwalter in seiner Heimat. 1831 erhielt er eine Anstellung beim Patrimonialgericht zu Kohren; 1834 ließ er sich als Advokat in Dresden [* 8] nieder, wo er bald zu litterarischem Ansehen gelangte. 1844 folgte er einem Ruf als Dramaturg an das Hoftheater zu Oldenburg. [* 9]
Leider ward hier schon seit 1848 seine Thätigkeit durch unheilbare Krankheit, die zuletzt in völlige Lähmung überging,
unterbrochen. Mosen
ward nach 1850 pensioniert, blieb bei schwerem Siechtum geistig frisch und
starb, nachdem ihm die Herausgabe seiner »Sämtlichen Werke« eine letzte
Genugthuung gewährt, in Oldenburg. Als Dichter trat er zuerst mit dem epischen Gedicht »Das Lied vom Ritter Wahn«
(Leipz. 1831), der freien Gestaltung einer uralten italienischen Sage, hervor, welche einen tiefsinnigen
Gedanken allegorisch verkörperte.
Die Kraft
[* 10] und Energie der Darstellung, die Stimmungsfülle einzelner Episoden waren glänzendes Zeugnis für Mosens
Talent. Einen
größern Anlauf
[* 11] nahm der Dichter in seinem »Ahasver« (Dresd. 1838), welcher sich durch großartige historische Anschauung,
Pracht und Schwung der poetischen Bilder auszeichnete, aber dabei die Sprödigkeit der mehr philosophischen
als poetischen Anlage nicht ganz überwand. In seinen »Gedichten« (Leipz.
1836, 2. Aufl. 1843) zeigte sich als Lyriker von der tiefsten Innerlichkeit, eine zart besaitete Natur mit seinem Verständnis
für das geheimste Naturleben und doch wieder von so frischer Volkstümlichkeit, daß eine Reihe balladenähnlicher
Gedichte, wie »Die letzten Zehn vom vierten Regiment«, »Andreas Hofer« und »Der Trompeter an der Katzbach«, in den Mund des Volkes
übergingen.
Als Erzähler trat Mosen
mit der Novelle »Georg Venlot« (Leipz. 1831),
den »Novellen« (das. 1837),
dem historisch politischen Roman
»Der Kongreß von Verona«
[* 12] (Berl. 1842, 2 Bde.)
und den reizenden, frischen und stimmungsvollen »Bildern im
Moose«
[* 13] (Leipz. 1846, 2 Bde.)
hervor. Die »Bilder im Moose« enthielten Meisterstücke voll idyllischen Hauchs und zartester Färbung, wenn auch unleugbare
Nachklänge der falschen Romantik in einzelne Erzählungen hineintönten. Mosens
Hauptbestrebungen wandten sich inzwischen
dem Drama zu. Hier aber erlag er dem verhängnisvollen Irrtum der jungdeutschen Periode, daß das Drama neue
Grundlagen haben müsse und überhaupt andre Grundlagen haben könne als die lebendige Darstellung vollen und ganzen Lebens.
Mosen
meinte das Verständnis historischer und politischer Ideen durch seine Dramen erschließen zu müssen, benutzte dabei seine
Gestalten nicht zu lebendigen, vollbeseelten Trägern, sondern zu bloßen Sprechern seiner allgemeinen
Ideen und schuf auf diese Weise Stücke, in denen das rhetorische Element die dramatischen Gestalten weit überwog. Die Dramen:
»Heinrich der Finkler« (Leipz. 1836); »Cola Rienzi«, »Die Bräute von Florenz«,
[* 14] »Wendelin und Helene«, »Kaiser Otto III.« (diese
vier gesammelt als »Theater«,
[* 15] Stuttg. 1842),
unter denen die letztgenannte Tragödie die bedeutendste war, erwiesen gleichzeitig das Talent und die falsche Richtung des Verfassers. In einer Reihe späterer Dramen: »Don Johann von Österreich«, [* 16] »Herzog Bernhard« (Leipz. 1855),
»Der Sohn des Fürsten« (Oldenb. 1858) versuchte Mosen
die Bühnenmängel
seiner
rhetorischen Behandlungsweise durch äußerliche theatralische Effekte auszugleichen. Noch ist das
geistvolle Werkchen »Die Dresdener Gemäldegalerie« (Dresd. 1844) zu erwähnen. Mosens
»Sämtliche Werke« erschienen in 8 Bänden
(Oldenb. 1863); eine neue vermehrte Ausgabe mit Biographie gab sein Sohn heraus (Leipz. 1880, 6 Bde.).