Moscherosch
,
Johann Michael, deutscher Satiriker, geb. zu Willstädt bei Straßburg, [* 2] studierte in letzterer Stadt Jura, wurde 1626 Hofmeister bei dem Grafen von Leiningen-Dachsburg, 1629 Amtmann bei dem Grafen von Crichingen und 1636 Amtmann zu Finstingen a. d. Saar, wo er 1641 für seine Kinder das pädagogische Büchlein »Christliches Vermächtnis oder schuldige Vorsorge eines treuen Vaters« (Straßb. 1643) schrieb. 1645 unter die Mitglieder der »Fruchtbringenden Gesellschaft« aufgenommen, wurde er bald darauf in der Festung [* 3] Benfelden, die damals im Besitz der Schweden [* 4] war, als schwedischer Staatssekretär und Kriegsrat angestellt und später als Staatssekretär und Fiskal nach Straßburg versetzt, 1656 aber zum Präsidenten der Kanzleikammer und des Kriegs- und Kirchenrats in Buchsweiler ernannt.
Später legte er dieses
Amt nieder und diente dem
Kurfürsten von
Mainz
[* 5] und zugleich der Landgräfin von
Hessen.
[* 6] Er starb während einer
Reise in
Worms.
[* 7] Nach
Herz und
Sinn war Moscherosch
ein
Deutscher, der wie kein andrer in seiner
Zeit die sittlichen
Gefahren
ahnte, die von
Frankreich her seinem Vaterland drohten.
Sein Hauptwerk in dieser
Beziehung, das in einer etwas schwerfälligen Form ein köstliches und wahrheitsgetreues Sittengemälde seiner Zeit enthält,
ist seine satirische
Schrift
»Philander von Sittewalt. Wunderliche und wahrhaftige
Gesichte etc.« In der Form von 14
Gesichten,
die er teilweise dem
Spanier
Quevedo (in dessen »Sueños y discursos«) nachbildete,
stellt er die
Thorheiten und
Laster seiner Zeit dar und geißelt sie auf die unbarmherzigste
Weise.
Die Nachäffung des Fremdländischen, namentlich des Französischen, in Tracht und Sprache, [* 8] die ärztliche Charlatanerie, die Verwilderung des Soldatenlebens etc. werden mit der größten Wahrheit und Derbheit geschildert. Diese Flugschriften, die zuerst einzeln erschienen, kamen 1645 und 1648 in einer Sammlung heraus und wurden bald in Frankfurt [* 9] a. M. nachgedruckt. Spätere Ausgaben sind die Straßburger von 1650, 1665 und 1677. Neue Ausgaben besorgten Dittmar (die vier ersten Gesichte, mit Biographie, Berl. 1830) u. Bobertag (Auswahl in Kürschners »Deutscher Nationallitteratur«, Bd. 32, Stuttg. 1884).